Das hilft bei trockener, empfindlicher Haut |
Pflege-Nachschub für die Hautbarriere / © Getty Images/MStudioImages
Die obere Hornschicht ist für den Glow der Haut verantwortlich, je glatter und enger sich die Hornzellen aneinanderschmiegen, desto intensiver kann die Haut strahlen. Trockene Haut wirkt dagegen oft müde und fahl, sie spannt und juckt leicht und weist an manchen Stellen raue oder gerötete Stellen auf. Die Hautbarriere ist angegriffen, weshalb sie auch anfälliger für Reize und Berührungen wird.
Besonders ausgeprägt fällt die Barrierestörung bei der atopischen Dermatitis aus. Veränderungen im Hautmikrobiom und fehlgeleitete Immunreaktionen sind die Folge. Durch die defekte Hautbarriere ist der transepidermale Wasserverlust erhöht, die Haut wird trocken, spröde, schuppig und rau. Die Talgdrüsen produzieren nur wenig Talg, sodass sich kein flächendeckender Fettfilm über die Haut ziehen kann. Außerdem fehlt ihr ein effektives Wasserspeichersystem, von Geburt an mangelt es Neurodermitikern an natürlichen Feuchthaltefaktoren. Und auch der Zellkitt, der den Raum zwischen den Hornzellen abdichtet, hat eine veränderte Zusammensetzung.
Das macht deutlich, in welche Richtung die Pflege bestenfalls gehen sollte: Dermokosmetika sollten eine geeignete Grundlage und Wirkstoffe enthalten, die die Hautbarriere wieder aufbauen. Professor Dr. Petra Staubach, Vorsitzende der Gesellschaft für Dermopharmazie, rät: »Basistherapeutika für Neurodermitiker und solche mit trockener, empfindlicher Haut sollten immer fettend, hydratisierend und filmbildend sein. Und zwar nie einzeln, sondern alles in einem Präparat.«
Als Lipidkomponente empfiehlt sie Phospholipide, Ceramide oder Ceramid-Derivate, etwa aus Hafer-, Jojoba-, Weizenkeim-, Traubenkern- oder Nachtkerzensamenöl. Ceramide stärken den Wiederaufbau der epidermalen Hautbarriere und fungieren überdies als interzelluläre Kittsubstanzen. Staubach, leitende Dermatologin der Hautklinik der Universität Mainz, schätzt besonders deren filmbildende Eigenschaften. »Nur ein gut spreitender hydrophober Film auf der Hautoberfläche kann den transepidermalen Wasserverlust begrenzen.«
Was macht die Ceramide so besonders? Mit einem Anteil bis annähernd 60 Prozent stellen sie den Hauptanteil der interzellulären Lipide in der Hornschicht dar. Zusammen mit anderen Lipiden wie Cholesterol und Fettsäuren bilden sie eine lamellare Schicht. Weil zwischen den lamellaren Strukturen der interzellulären Lipide Wasser gebunden wird, steuern Ceramide wesentlich den Feuchtigkeitsgehalt der Haut. Sie halten die Haut weich und geschmeidig. Mit dem Alter lässt allerdings die körpereigene Produktion nach.
Damit wird klar: Mangelt es dem Körper an Ceramiden, trocknet die Haut schneller aus, die Hautbarriere bröckelt. Feuchtigkeit kann dann leichter aus der Haut verdunsten und Umweltstoffe können durch die löchrige Barriere eindringen und Reizungen sowie allergische Reaktionen verursachen. Auch Fältchen und Falten werden sichtbarer, wenn die Haut trockener wird.
Natürliche oder annähernd hautidentische Ceramide (wie von Aveeno®, Curél, Exomega Control von A-Derma) können per Topikum direkt der Haut zugeführt werden. Phytosphingosin und Sphingolipide sind Ceramidvorstufen, die in Kosmetika eingearbeitet werden und der Epidermis helfen, selbst wieder mehr Ceramid zu produzieren.
Auch eine intakte Hautflora schaffet es, die Ceramidbildung anzuregen und lange auf hohem Level zu halten. So ließ sich in Studien die Hautbarriere durch die Zugabe etwa von Lactobacillus casein, L. gasseri, Bifidobacterium animalis subsp. lactis oder B. longum (Omnibiotic® Skin) wieder regenerieren.
Im Grunde sind Probiotika, Bakterienlysate, Flavonoide wie Licochalcon A oder Haferextrakt die Substanzen, die die S3-Leitlinie unter der Bezeichnung »Emollienzien plus« versteht. Diese Basistherapeutika werden von den Leitlinienautoren auch als »wirkstofffreie Vehikel« bezeichnet. Dennoch haben sie ihre Wirksamkeit bei atopischer Dermatitis unter Beweis gestellt. Entsprechende Formulierungen sind meist als Dermokosmetika oder Medizinprodukte auf dem Markt und nicht als Arzneimittel (wie Aveeno®, Dermasence® Vitop forte, Exomega® Control von A-Derma, Lipikar® Syndet AP+ Reinigungs-Cremegel).
Zusätzlich sollten die Dermokosmetika laut der Dermatologin eine gute Portion an Feuchthaltefaktoren enthalten, allen voran Harnstoff, Milchsäure, Glycerol, Pyrrolidoncarbonsäure oder Hyaluronsäure, um die Restfeuchte an epidermalem Wasser in der Haut zurückzuhalten und zu erhöhen. In der Säuglings- und Kleinkindpflege sei man mit Glycerol-haltigen Topika auf der sicheren Seite, so Staubach. Urea-Nebenwirkungen wie Hautirritationen, Rötungen und Brennen träten bei den Kleinen besonders häufig auf.
Bezüglich der Grundlage der Basistherapeutika bei atopischer Dermatitis ist Folgendes zu beachten: Während akut entzündete Haut mit nässenden Ekzemen nach wasserhaltiger Pflege verlangt (»feucht auf feucht«), braucht trockene, nicht entzündete Haut lipophile Grundlagen (»fett auf trocken«). Je akuter das Ekzem, also je röter die Haut, desto höher sollte der Wassergehalt der Grundlage sein, je trockener die Haut, desto lipophiler sollte die Formulierung ausfallen. Die Grundlage der Basistherapie richtet sich aber auch nach der Jahreszeit und den individuellen Vorlieben der Patienten.
Oberster Grundsatz eines geeigneten Präparates ist deshalb laut Staubach: »Die Formulierung muss dem Patienten von der Haptik her angenehm sein. Nur dann wird er es auch dauerhaft und in ausreichender Menge anwenden.« Ihr Tipp: Bei einem Vorabtest in der Offizin solle der Betroffene nicht nur mit der Fingerbeere testen, sondern die Zubereitung großflächiger auf dem Handrücken verteilen.
Die individuelle Zusammensetzung des Hautmikrobioms ist entscheidend daran beteiligt, ob man zur nächsten Blutmahlzeit für Stechmücken herhalten muss. Denn die Mückenweibchen, die das Blut zur Eierproduktion benötigen, überlassen die Wahl ihrer nächsten Blutsauge-Begierde selten dem Zufall. Eine internationale Forschungsgruppe hat aktuell im Fachjournal »Trends in Parasitology« zusammengefasst, was Stechmücken besonders anlockt. Dabei stellte sich das Hautmikrobiom als Schlüsselfaktor heraus.
Bakterien besiedeln etwa Schweiß- und Talgdrüsen und können deren Sekrete in leicht flüchtige, geruchsintensive Verbindungen umwandeln. Besonders beliebt bei Mücken scheinen etwa L-Laktat und kurzkettige Carbonsäuren zu sein. Erwachsene haben im Vergleich zu Kindern mehr lipophile Bakterien wie Propioni- und Corynebakterien auf der Haut, die für die Umwandlung von Talglipiden in geruchsaktive Fettsäuren verantwortlich sind. Diese Veränderungen im Hautmikrobiom könnten erklären, warum Kinder unter fünf Jahren in einigen Studien weniger attraktiv auf Stechmücken wirkten.
Auch eine Schwangerschaft kann die Anziehungskraft auf Mücken etwa um das Doppelte erhöhen. Das liege vermutlich an der leicht erhöhten Körpertemperatur und den Stoffwechselveränderungen, die vermehrt geruchsaktive Verbindungen entstehen lassen, schreiben die Forschenden. Die Blutgruppe – wie oft vermutet - scheint jedenfalls kein wesentlicher Faktor für die unterschiedliche Anziehungskraft auf Mücken zu sein. (lr/ew)