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Tanzklub mit und ohne Parkinson

»Das hier ist Spaß, keine Therapie«

Jeden Montag trifft sich in Hamburg eine Gruppe Menschen mit und ohne Parkinson, um gemeinsam zu tanzen. Das inklusive Projekt ist keine Therapie, sondern pure Lebensfreude. PZ-Redakteurin Daniela Hüttemann hat mitgetanzt.
Daniela Hüttemann
26.02.2024  07:00 Uhr

Leichte Aufwärmübungen im Sitzen, eine Klopfmassage, dann ertasten wir unsere Stühle von allen Seiten. Wir spüren uns selbst, den Stuhl, den Boden. Schließlich stehen alle im Raum verteilt mit geschlossenen Augen. »Stellt euch vor, jemand zieht an euch, von allen Seiten, von oben, von unten«, fordert Choreografin Venetsiana Kalampaliki die Teilnehmenden auf – eine Herausforderung für die Balance.

Alle sind zunächst ganz bei sich und kommen dann als Gruppe in Bewegung, erst langsam, dann schneller, allein, zu zweit, zu sechst. Jetzt sollen wir uns vorstellen, unsere Finger, Ellenbogen, Knie, Füße, Köpfe seien Sensoren und scannen unsere Tanzpartner ab. Wir interagieren miteinander, reagieren aufeinander, treten in Resonanz, ohne uns körperlich zu berühren. Es ist ein Geben und Nehmen, ein Hin und Her, ein Stehen und Bewegen.

Zum Schluss der 90-minütigen Tanzstunde entwickeln wir eine eigene Choreografie, nach dem Schema »Ich packe meinen Koffer«. Jeder im Kreis steuert eine selbstgewählte Bewegung bei, ein Klatschen, einen Ausfallschritt, eine große Armbewegung. Alles wird immer wieder in derselben Reihenfolge wiederholt, nur das Tempo wird schneller. Geht mal etwas schief, lacht man über sich selbst und miteinander. Darum geht es hier, nicht um die korrekte Ausführung, sondern jeder und jede, wie er oder sie kann, ob im Stehen oder im Sitzen, ob steif oder geschmeidig, ob jung oder alt, krank oder gesund.

Die rund 18 Teilnehmenden treffen sich jeden Montag im »Dance Well Klub« im Tanz- und Choreografie-Zentrum K3 auf Kampnagel, einem ehemaligen Hamburger Industriegelände. Es geht um Balance, Koordination, Muskelaktivierung, Rhythmusgefühl und Körperwahrnehmung, aber eben auch um Spaß, Gemeinschaft und Bewegung. Seit etwa einem halben Jahr hat sich eine feste Gruppe gefunden.

Der Mensch steht im Vordergrund, nicht seine Erkrankung

Chris hat 2017 in relativ jungem Alter die Diagnose Parkinson bekommen und nimmt bereits seit 2018 an Tanzangeboten für Parkinson-Erkrankte teil. »In einer normalen Sportgruppe würde ich mich wegen des Tremors oder der Muskelsteife beobachtet fühlen – hier kann ich mich geben, wie ich bin, und zittere nicht einmal.«

Er komme montags nach der Arbeit und Ergotherapie oft gestresst an. »Aber dann kann ich loslassen, mich entspannen.« Es sei toll mit der festen Gruppe, die abwechselnd immer von zwei Trainerinnen-Duos aus professionellen Tänzerinnen und Choreografinnen angeleitet wird. »Es ist immer anders und man weiß vorher nie, was kommt«, erzählt Chris. »Man geht einfach mit der Musik und denkt über nichts mehr nach.« Dieses Flow-Gefühl unterscheide die Zeit im Tanzklub von seinem sonstigen Alltag mit Parkinson. »Das hier ist Spaß, keine Therapie.«

Das sieht Gabi genauso. »Es ist jedes Mal wundervoll. Meine Beweglichkeit wird viel besser. Es ist ein tolles, sehr komplexes Training, auch für das Gehirn und meine Selbstwahrnehmung. Es gibt so vieles, was zu tun ist, um das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten – das Tanzen hier ist so vielfältig und macht riesigen Spaß.«

Mit dabei ist auch ihr Mann Wolfgang, »nur zur Begleitung«, wie er selbst sagt, doch Gabi widerspricht sofort vehement. Es sei schön, dass sie hier gemeinsam Zeit verbringen könnten. Wolfgang schätzt das Gefühl, seine Frau auf diese Weise unterstützen zu können. Und zugegeben, auch ihm und seinem Sprunggelenk bringe die Bewegung etwas mehr Beweglichkeit.

Jeder ist willkommen

Weil es so viel Spaß macht und die Gruppe mit ihrer Atmosphäre eben etwas ganz Besonderes ist, nimmt auch Ulrike teil, die unter keiner Erkrankung leidet. »Ich will mich aber nicht einfach nur bewegen wie in anderen Sportgruppen. Hier ist es jedes Mal anders und jedes Mal gut. Wir waren von der ersten Minute an wie eine große Familie. Es berührt mich jede Woche wieder, wie wir uns miteinander bewegen und wie verbunden wir uns dabei fühlen.«

Auch die Choreografin Venetsiana und der Tanzdramaturg Peter Sampel bestätigen: Es hat keine Bedeutung, wer was hat, kann oder nicht kann. Zwar richtet sich das EU-geförderte Dance-Well-Projekt explizit an Parkinson-Patienten und ihre Freunde und Angehörige, mit dabei in der Hamburger Gruppe sind aber auch Menschen mit Multipler Sklerose oder Long Covid und eben auch Personen, die keine offensichtliche Einschränkung haben.

»Das hier ist wirklich inklusiv«, findet Chris. »Hier sind gewissermaßen die Gesunden zu Gast, in anderen Kursen ist es umgekehrt.« Ulrike kontert: »Ich fühle mich aber gar nicht als Gast. Letztlich hat doch jeder irgendwelche Einschränkungen, und wenn es nur kleine sind. Bei mir ist es das Älterwerden«, sagt sie augenzwinkernd und wirkt dabei überhaupt nicht alt. Chris stimmt ihr zu: »Der Mensch steht immer im Vordergrund, nicht seine Einschränkung.« Gabi meint, »es geht einfach um die Lust an der Bewegung, das muss nicht präzise sein.« Ulrike: »Manchmal lachen wir uns einfach nur kaputt, das ist das Schöne hier.«

Mit Profis auf der Bühne

Dass sie noch mehr kann, hat die Gruppe bereits gezeigt: Vergangenen November stand sie gemeinsam für ein zehnminütiges Stück vor Publikum auf der K3-Bühne, als Teil des Formats »Probebühne 1«, gemeinsam mit anderen Kursen und den professionellen Tänzerinnen und -tänzern. »Der Dance Well Klub ist ein Teil der Kunst hier«, betont Peter.

»Das Interesse war sehr groß, alle Plätze voll«, berichtet Wolfgang. Wenn sie sich sonst in Sportgruppen eher unwohl fühlen, wie war es dann im Rampenlicht? »Das Lampenfieber hielt sich in Grenzen, denn wir wussten, auch bei der Aufführung muss nicht alles perfekt sein«, bemerkt er. »Wir konnten hier zeigen, dass wir es ›trotzdem‹ können – es hat wirklich viel Spaß gemacht.« Chris und Gabi sind sich einig: »Die Resonanz war wirklich berührend.« Die Erfahrung habe die Gruppe noch enger zusammengebracht.

»Unsere gemeinsame Arbeit hier hat eine künstlerische Qualität«, hebt Venetsiana hervor. »Als Kursleiterinnen haben wir für jede Stunde ein Ziel, manchmal auch nur ein kleines. Zum Beispiel, dass sich die Teilnehmenden wie bei der Stuhlübung auch einmal auf dem Boden bewegen, das machen wir Profitänzerinnen ja auch viel. Ein größeres Ziel dagegen ist die Erarbeitung einer ganzen Choreografie.« Anfang 2025 plant die Gruppe ein größeres Stück aufzuführen – und freut sich bis dahin auf jede gemeinsame Probe.

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