Das braucht die Haut im Winter |
Gut eingepackt und eingecremt lassen sich der kalten Jahreszeit auch positive Seiten abgewinnen. / © Getty Images/Sandy Aknine
In den Wintermonaten sind die natürlichen Schutzfunktionen der Haut auf ein Minimum reduziert. So stellen die Talgdrüsen ihre Produktion bereits bei Temperaturen unter 8 °C ein und der wenige zähe Talg verteilt sich nur schwer auf den Korneozyten. Der schützende Hydrolipidfilm ist dünn und durchlässig, sodass der transepidermale Wasserverlust zunimmt. Die Verdunstungsrate erhöht sich gar noch, denn kalte Schneeluft enthält bedeutend weniger Feuchtigkeit als warme Luft. Durch die Kälte ziehen sich die Blutgefäße zusammen, wodurch sich die Versorgung mit Sauerstoff verschlechtert.
Die Witterungsverhältnisse setzen selbst normaler bis Mischhaut zu, für empfindliche oder eher trockene Haut werden sie zur echten Belastungsprobe. Die Tatsache, dass in den Wintermonaten die Zellregeneration ohnehin reduziert ist, kurbelt den Prozess zusätzlich an. Abgestorbene Hautschuppen werden nicht mehr ohne Weiteres abgeschilfert, die Haut erscheint leicht fahl und grau. Alterungsprozesse werden leichter sichtbar. Patienten mit Hautkrankheiten wie Ekzemen oder Neurodermitis klagen denn auch über vermehrte Beschwerden.
Mit welcher Pflege lassen sich diese Defizite in der Hautstruktur ausgleichen? Die Pharmazeutische Zeitung hat bei der Vorsitzenden der Gesellschaft für Dermopharmazie nachgefragt. »Dermokosmetika sollten im Winter und erst recht bei trockener, empfindlicher Haut eine geeignete Grundlage und Wirkstoffe enthalten, die die Hautbarriere stärken beziehungsweise sie wieder aufbauen«, sagte Professorin Dr. Petra Staubach.
Als Lipidkomponente empfiehlt sie Phospholipide, Ceramide oder Ceramid-Derivate, etwa aus Hafer-, Jojoba-, Weizenkeim-, Traubenkern- oder Nachtkerzensamenöl. Als körpereigene Substanzen integrieren sich Ceramide gut zwischen die Hornzellen. Damit stärken sie den Wiederaufbau der epidermalen Hautbarriere und fungieren überdies als interzelluläre Kittsubstanzen. Staubach, leitende Dermatologin der Hautklinik der Universität Mainz, schätzt besonders deren filmbildende Eigenschaften. »Nur ein gut spreitender hydrophober Film auf der Hautoberfläche kann den transepidermalen Wasserverlust begrenzen.«
Mit einem Anteil bis annähernd 60 Prozent stellen Ceramide den Hauptanteil der interzellulären Lipide in der Hornschicht dar. Zusammen mit anderen Lipiden wie Cholesterol und Fettsäuren bilden sie eine lamellare Schicht. Weil zwischen den lamellaren Strukturen der interzellulären Lipide Wasser gebunden wird, steuern Ceramide wesentlich den Feuchtigkeitsgehalt der Haut. Sie halten die Haut weich und geschmeidig.
Natürliche oder annähernd hautidentische Ceramide (wie von Curél®, Aveeno®, Exomega Control von A-Derma, Dermasence® Vitop forte, Xeracalm® A.D Rückfettender Balsam) können als Creme, Spray oder Lotio direkt der Haut zugeführt werden. Phytosphingosin und Sphingolipide sind Ceramidvorstufen, die in Kosmetika eingearbeitet werden und der Epidermis helfen, selbst wieder mehr Ceramid zu produzieren.
Doch auch bei den Pflanzenölen liegt die Tücke im Detail, nicht für jedes ist unsere Haut automatisch empfänglich. Manche Pflanzenöle können die Hautbarriere gar nachhaltig schädigen, berichtete Professorin Dr. Michaela Axt-Gadermann, Dermatologin und Ernährungswissenschaftlerin an der Hochschule Coburg, bei der Expopharm in Düsseldorf. »Vom allseits beliebten Olivenöl weiß man aus Studien mit Babys und Kleinkindern, dass es den Aufbau der Hautbarriere gar stören kann. Jojoba- und Kokosöl stärken sie dagegen, weil sie in der Lage sind, sich in die Barriere zu integrieren«, informierte die Mikrobiom-Expertin.
Eine andere Möglichkeit, die Barrierefunktion der Haut zu stärken, ist der Einsatz von Mikrobiom-Kosmetika. Denn ein intaktes Hautmikrobiom ist nicht unwesentlich daran beteiligt, die Ceramidbildung anzuregen und lange auf hohem Level zu halten. So ließ sich in Studien die Hautbarriere durch die Zugabe etwa von Lactobacillus casein, L. gasseri, Bifidobacterium animalis subsp. lactis oder B. longum (Omnibiotic® Skin) wieder regenerieren.
Daneben sollte man laut Staubach bei Dermokosmetika darauf achten, dass sie eine gute Portion an Feuchthaltefaktoren enthalten, allen voran Harnstoff, Milchsäure, Glycerol, Pyrrolidoncarbonsäure oder Hyaluronsäure. »Das hält die Restfeuchte an epidermalem Wasser in der Haut zurück und erhöht diese«, so Staubach.
Das haben wir gelernt: Ohne Lichtschutz geht es im Sommer nicht aus dem Haus. Doch auch die Wintersonne kann mitunter ordentlich Kraft haben. Ist es deshalb sinnvoll, auch in der kalten Jahreszeit jeden Tag UV-Schutz aufzutragen? »Die Strahlungsintensität ist hierzulande im Winter viel zu gering, um sich vor Sonnendbrand schützen zu müssen. Das vertrete ich auch so in meiner Sprechstunde und rate erst ab dem Osterspaziergang zu Sonnenschutz. Anders sieht es aus, wenn etwa ein Melasma besteht oder wenn es in den Skiurlaub geht«, so die Einschätzung von Professorin Dr. Christiane Bayerl aus dem Vorstand der Gesellschaft für Dermopharmazie.
In den Monaten von März bis Oktober rät die Hautexpertin dagegen zu täglicher Sonnencreme mit ausreichend breiten Lichtschutzfaktoren. Nach aktuellem Kenntnisstand könne das gesamte Spektrum von UV-A-, UV-B- sowie hochenergetischer violetter Strahlung bis zur Infrarot-A-Strahlung gefährlich sein und Hautschäden bewirken, berichtete sie. Dieses hochenergetische sichtbare Licht (HEV) liegt im Lichtspektrum direkt neben der UV-Strahlung und erscheint für das Auge blau-lila.
Das sieht auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) so. Sonnenschutzmaßnahmen seien erst ab einem UV-Index von mindestens 3 sinnvoll, um sich vor Sonnenbrand zu schützen. Ein UV-Index von 3 und höhere Werte werden in unseren Breiten im Winter jedoch fast nie erreicht. Ausnahmen sind höhere Lagen, weshalb die Haut beispielsweise beim Skisport im Gebirge geschützt werden sollte.
Must have für die Skipiste: ein fetthaltiger Sonnenschutz mit einem LSF von 50. Vor allem Nase, Kinn und Ohrläppchen müssen vor Verlassen des Hauses gut eingecremt sein. Praktisch: Sonnenschutz-Sticks (wie Anthelios® Sonnenstick LSF 50+ von La Roche Posay, Caudalie Vinosun Protect Stick, Annemarie Börlind 2 in 1-Sonnencreme und Stick) sind per se wasserarm in der Formulierung. Außerdem lassen sie sich einfach unterwegs auftragen, ohne dass man die Handschuhe ausziehen muss. Hinweis für das Beratungsgespräch: Reste des Sonnengels vom Sommer eignen sich aufgrund des höheren Wasseranteils nicht, da potenziell die Gefahr von Erfrierungen besteht.