Das bietet die Selbstmedikation |
In Deutschland leiden circa 10 Prozent der Menschen an einer behandlungsbedürftigen Ein- und Durchschlafstörung. / Foto: Adobe Stock/stokkete
Nur schwer in den Schlaf zu finden oder nicht Durchschlafen zu können – davon ist fast Jeder gelegentlich einmal betroffen. Meist holt man den verpassten Schlaf in den folgenden Nächten nach. Von einer Insomnie spricht man erst, wenn die Ein- und/oder Durchschlafstörungen für die Dauer von mindestens drei Monaten bestehen und sie mindestens dreimal pro Woche auftreten. Neben verschiedenen Grunderkrankungen und belastenden Lebenssituationen kommen als Auslöser auch der Genuss von Alkohol sowie die Einnahme verschiedener Arzneimittel infrage, zum Beispiel Glucocorticoide oder Antiparkinson-Arzneimittel. Daher sollte das Apothekenteam die bestehende Medikation in der Beratung erfragen und den Patienten gegebenenfalls an den Arzt verweisen.
Kommt eine Selbstmedikation infrage, so stehen – zusätzlich zur Information zu schlafhygienischen Maßnahmen – verschiedene Optionen zur Auswahl. Rasche Hilfe ermöglichen H1-Antihistaminika der ersten Generation, zum Beispiel Diphenhydramin (etwa Halbmond®) oder Doxylamin (etwa Schlafsterne®). Im Rahmen der Selbstmedikation sollten sie maximal zwei Wochen lang angewendet werden.
Die Einnahme erfolgt sinnvollerweise rund eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen; zusätzlich sollte eine ausreichend lange Ruhezeit eingeplant werden, um Hang-over-Effekte zu vermeiden. Da es – vor allem bei älteren Patienten – zu anticholinergen Nebenwirkungen kommen kann, sollte außerdem die Medikation auf weitere anticholinerge Wirkstoffe geprüft werden, um additive Effekte zu vermeiden. Entsprechendes gilt für Arzneimittel, die die QT-Zeit verlängern können. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen hatte der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht eine Rezeptpflicht dieser Wirkstoffe für Personen über 65 Jahren diskutiert, die zuständigen Stellen haben hiervon jedoch Abstand genommen. Anwender sollten außerdem keinen Alkohol zu sich nehmen, da dieser die Wirkung der H1-Antihistaminika verändern kann.
Ein geringes Potenzial an Neben- und Wechselwirkungen sowie kein Risiko für eine Gewöhnung besteht bei der Anwendung von pflanzlichen Sedativa. Zu beachten ist hier jedoch, dass die Einnahme in ausreichender Dosierung über einige Tage bis Wochen erfolgen muss, da die Wirkung verzögert eintritt. Einzeln oder in Kombination werden – meist in Form von Extrakten – Baldrianwurzel (etwa Baldriparan® Stark für die Nacht®), Hopfenzapfen, Melissenblätter und Passionsblumenkraut sowie Lavendelblüten eingesetzt.
So bescheinigt der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Zulassungsbehörde EMA einem ethanolischen Baldrian-Trockenextrakt (Drogen-Extrakt-Verhältnis 3,7 bis 4:1, Auszugsmittel Ethanol 40 bis 70 Prozent) einen well-established-Use bei der Linderung leichter nervöser Anspannungen und bei Schlafstörungen (Verbesserungen bei der Einschlafzeit und bei der Schlafqualität). Die Tagesdosis sollte bei nervöser Anspannung bis zu dreimal täglich 400 bis 600 mg betragen, bei Schlafstörungen eine Einzeldosis eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen. Hopfenzapfen und Passionsblumenkraut werden traditionell angewendet und bilden häufig Kombinationspartner in Baldrian-Produkten (zum Beispiel Kytta Sedativum®).
Traditionell angewendet werden auch Melissenblätter, die als Tee oder in Form von Fertigarzneimitteln (in Kombination mit Baldrian zum Beispiel in Sedariston Tropfen®) zum Einsatz kommen können. Sie können leichte Stresssymptome lindern und als mildes Schlafmittel verwendet werden. Da sie außerdem Magen-Darm-Symptome wie Blähungen bessern, empfehlen sie sich besonders bei Personen, die stressbedingt zusätzlich an Verdauungsproblemen leiden.
Stellen eine ängstliche Verstimmung – etwa durch große Sorgen – und innere Unruhe die Auslöser für die Schlafprobleme dar, bilden Lavendelblüten beziehungsweise ein Extrakt daraus (etwa Lasea®) eine weitere Option. Letzteres ist nicht als Schlafmittel, sondern explizit zur Angstlösung zugelassen. Eine Verminderung von Angstgefühlen kann es dann erleichtern, in erholsamen Schlaf zu finden. Auch hier ist eine länger dauernde Anwendung sinnvoll; mit einem Wirkungseintritt ist nach ein bis zwei Wochen zu rechnen. Eine Tagesmüdigkeit sowie Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind nicht bekannt.