»Das ApoRG ist ein Apotheken-Abschaffungsgesetz« |
Laura Rudolph |
19.07.2024 17:00 Uhr |
Für die Patienten sprach Sabine Härter von der Deutschen Diabetes-Hilfe. »Jede Apotheke weniger ist ein Verlust zu Lasten von Patienten. Sie müssen weitere Wege in Kauf nehmen oder beispielsweise Schmerzen erleiden, weil sie nicht an Betäubungsmittel rankommen«, so Härter. Bereit jetzt litte jeder zehnte Mensch in Deutschland an Diabetes. Mit chronischen Krankheiten gehe oft auch eine Polypharmazie einher, und damit Wechselwirkungspotenzial und ein hoher Beratungsbedarf durch Apotheker.
Auch gegen Einsamkeit sei das Gespräch von Angesicht zu Angesicht ganz wichtig, insbesondere für Senioren. »Wie man plant, das Qualitätsniveau zu senken, ist aus Patientensicht nicht hinnehmbar«, so Härter über das ApoRG.
Vor der sich verschlechternden Versorgung warnte auch Oliver Funken, Mitglied im Bundesvorstand des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands. »Wir bekommen planwirtschaftliche Vorgaben, die die Versorgung der Patienten verschlechtern«, warnt Funken. Viele Patienten würden dadurch »durch das Raster fallen«, insbesondere die ältere Bevölkerung würde abgehängt. Der Arzt kritisierte, dass es keine Parallelstrukturen bräuchte, wie sie das ApoRG mit sich bringen würde. Vielmehr sollte man prüfen, wie man bestehende Strukturen stärken kann. Jede Parallelstruktur benötige zudem Personal – und dieses fehlt bekanntlich an allen Ecken und Enden.
Der Arzt sprach sich ebenfalls für den persönlichen Kontakt zum Patienten aus: »Die Telemedizin wird zusammenbrechen, wenn der Strom ausfällt. Und das wird in Deutschland in Zukunft häufiger passieren.« Er wünscht sich, dass sich die Gesundheitsversorgung mehr auf den Patienten fokussiere. Aus diesem Grund engagiert er sich auch im Aktionsbündnis Patientenversorgung, das Apotheker, Hausärzte und weitere Fachkräften aus Gesundheits- und Pflegeberufen in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr gegründet haben, um auf die ambulante Versorgungssituation aufmerksam zu machen.
Der Bürgermeister der Stadt Köln, Ralph Elster, betrachtete die Versorgungslage aus kommunaler Sicht. »Eine Apotheke ist ein Wirtschaftsbetrieb«, betonte er. Es reiche ein schlichter Dreisatz, um den Kostendruck in Apotheken nachzuvollziehen: Seit 2013 habe es keine Erhöhung des Honorars gegeben, die Inflationsrate sei aber zweistellig. »Es ist klar, dass bei der Erhöhung des Verbraucherpreisindexes und der Erhöhung der Personalkosten eine Erhöhung des Honorars dringend nötig ist.« In Köln schlossen nicht nur Apotheken in den peripheren, sondern auch in den zentralen Lagen.
»Wir haben eine Reihe hochqualitativer Herausforderungen, die sich nicht mit Telemedizin lösen lassen«, betonte Georg Kippels (CDU/CSU), Bundestagsabgeordneter sowie Obmann und Berichterstatter für Arzneimittel und Apotheken. Man könne sie ebenso wenig lösen, indem man Aufgaben auf PTA übertrage, für die sie nicht vorbereitet wurden, unabhängig von der Frage der Vergütung. Kippels kritisierte außerdem, dass Lauterbach zu wenig mit den Praktikern, sprich den Apothekern, in den Dialog gehe. Vielmehr sei er kritikunfähig. »Lauterbach will Staatsmedizin – von oben bis unten«, so der Bundestagsabgeordnete. Das freie Unternehmertum des Apothekers sei dadurch massiv gefährdet.
Kippels selbst wünsche sich eine Politik des Dialogs. »Dann kämen wir auch zu einem vernünftigen Gesetz.« Doch was können die Apotheker vor Ort dafür tun? Aktiv und am Ball bleiben, riet Kippels: »Nerven Sie Ihre lokalen Politiker!« Es sei nun an der Zeit, den Widerstand zu bündeln und in den politischen Betrieb hineinzubringen.