CSU-Politiker kritisiert STIKO-Verfahren als »fahrlässig« |
Cornelia Dölger |
26.01.2024 14:00 Uhr |
Die STIKO müsse ihr Verfahren zur Impfstoffbewertung »flexibler und weitsichtiger« gestalten, fordert der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger. / Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Die STIKO bewerte die Vakzinen grundsätzlich nach Schema F, wie Pilsinger während einer Fragestunde im Bundestag am 17. Januar kritisierte; sie weicht demnach auch bei Impfstoffen gegen schnell mutierende Viren wie das Influenza- sowie das Covid-19-Virus nicht von der Standardvorgehensweise (SOP) ab.
Dies widerspreche Expertenmeinungen, die dazu rieten, bei schnell mutierenden Erregern Daten aus dem klinischen Versorgungsalltag stärker in die Bewertung einzubeziehen. Ob die Bundesregierung plane, die Verfahren für solche Impfstoffe anzupassen, um etwa Verzerrungen bei der Bewertung zu verhindern, wollte Pilsinger wissen.
Nein, so die Antwort aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), die der PZ vorliegt. Das SOP-Verfahren der STIKO beinhalte bereits die Nutzung von Real-World-Evidenz-Studien, erklärte darin BMG-Staatssekretär Edgar Franke (SPD). Die STIKO wende Methoden der Evidenzbasierten Medizin an und prüfe die Qualität der Evidenz jeder einzelnen in Frage kommenden Studie, unabhängig davon, ob es sich um randomisierte klinische Studien (RCTs) oder nicht-RCTs handele. Nicht-RCTs würden oftmals auch als Real-World-Evidence-Studien bezeichnet, fügte Franke hinzu.
Den meisten der von der STIKO empfohlenen Impfstoffen lägen solche Real-World-Evidence-Studien zugrunde. Allerdings müssten Studien mit einem sehr hohen Verzerrungsrisiko gegebenenfalls bei der Bewertung eines Impfstoffs ausgeschlossen werden, wenn diese die tatsächliche Wirksamkeit der Impfung deutlich überschätzten oder unterschätzten. Dieses Vorgehen sei internationaler Standard, der einer Verzerrung bei der Bewertung entgegenwirke.
Pilsinger sieht das anders. Gegenüber der PZ kritisierte er, dass bei einem solchen Vorgehen lediglich ein Teil der Datenmengen zur Bewertung genutzt würde. »Dass die STIKO bei ihrer Impfstoff-Bewertung nicht das komplett verfügbare Datenset heranzieht, sondern nur einen kleinen Ausschnitt der verfügbaren Daten, halte ich für fahrlässig«, so Pilsinger.
Er bezeichnete das Verfahren zudem als eindimensional. Innovative Impfstoffe kämen dadurch womöglich nicht zum Zug. Insbesondere aber würden Besonderheiten von schnell mutierenden Viren wie Influenza oder Covid-19 bei der Impfstoffbewertung nicht berücksichtigt, kritisierte der Bundestagsabgeordnete. »Da muss die STIKO unbedingt flexibler und weitsichtiger werden.«
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