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Zoonose-Risiko

Coronavirusfunde bei europäischen Fledermäusen

Bei Fledermäusen in Großbritannien wurde eine Reihe von neuen Coronavirus-Arten gefunden – darunter zwei SARS-CoV-2-ähnliche Viren. Was dies für mögliche zukünftige Pandemien bedeutet, ist noch unklar.
Christina Hohmann-Jeddi
30.06.2023  09:00 Uhr

Pandemien entstehen, wenn Viren, die Tiere befallen, die Artgrenze überspringen und auch Menschen effektiv infizieren können. Gelungen ist dies zuletzt dem Coronavirus SARS-CoV-2. Die Überwachung der Virusfamilie Coronaviridae, deren Vertreter eine ganze Reihe von Tieren befallen können, sollte daher eine hohe Priorität haben. Tatsächlich sind die Virusvorkommen gerade bei Fledermäusen und Nagern in Asien recht gut untersucht. Zu Europa gibt es aber wenig Daten. Darauf weisen Forschende um Cedric Tan vom The Francis Crick Institute in London und Professor Dr. Vincent Savolainen vom Imperial College London in einer Publikation im Journal »Nature Communications« hin.

Um die Wissenslücke zu schließen, untersuchte das Team 48 Kotproben von 16 der 17 Fledermausarten, die in Großbritannien heimisch sind. Dafür arbeiteten die Forschenden mit Experten von Fledermaus-Schutzprogrammen zusammen, die zwei Jahre lang Exkremente sammelten. Aus den Proben von sechs Fledermausspezies konnte das Team neun komplette Genome von Coronaviren isolieren, darunter zwei von bislang unbekannten Virenarten. Insgesamt identifizierte es vier Alphacoronaviren, ein MERS-verwandtes Betacoronavirus und vier Sarbecoviren. Bei Letzteren handelt es sich um eine Untergattung der Betacoronaviren, zu der SARS-CoV-1 und -2 gehören. Die vier Sarbecovirus-Genome wurden aus Proben von zwei Arten von Hufeisennasen (Rhinolophidae) gewonnen.

Um zu testen, ob die Coronaviren auch menschliche Zellen infizieren können, stellte das Team um Tan vier verschiedene Lentivirus-basierte Pseudoviren her, die jeweils das Gen für das Spike-Protein einer Coronavirusart enthielten. Die Forschenden konnten an Zellkulturuntersuchungen zeigen, dass zumindest ein Virus an den menschlichen ACE2-Rezeptor binden und humane Zellen infizieren kann – allerdings suboptimal.

Weltweite Überwachung der Virusfamilie notwendig

Zudem entdeckte das Team im Spike-Gen eine Sequenz, die ein Vorgänger der Furin-Spaltstelle ist, die bei SARS-CoV-2 zu finden ist und dessen Infektiosität deutlich erhöht. Diese Sequenz wurde in allen europäischen Sarbecoviren gefunden, aber nicht in den aus Asien stammenden Viren, berichtet das Team. Dies stütze die These, dass die Furin-Spaltstelle natürlichen Ursprungs sei; sie sei bei Betacoronaviren mindestens sechsmal unabhängig voneinander entstanden. Von der Furin-Spaltstelle in SARS-CoV-2 unterscheidet sich die in den Sarbecoviren aus Großbritannien entdeckte Sequenz nur in einem Nucleotid. Die Coronaviren müssten sich noch weiter verändern, um Menschen effektiv infizieren zu können, schlussfolgern die Autoren um Tan. Ihre Ergebnisse zeigten, dass das zoonotische Risiko von Sarbecoviren über Asien hinausgeht, was die Bedeutung einer weltweiten Überwachung der Virusfamilie notwendig mache.

Gegenüber der Nachrichtenseite von »Nature« erklärte der Virologe Dr. Michael Letko von der Washington State University in Pullman, dass es beruhigend sei, dass die in der Studie untersuchten Viren nicht an den ACE-Rezeptor binden könnten. Dies müsse aber nicht für alle Sarbecoviren in Großbritannien gelten. Ein Preprint von Februar hatte gezeigt, dass knapp die Hälfte der Tiere einer speziellen Hufeisennasen-Art dort mit Sarbecoviren infiziert ist, die Diversität der Viren könnte also hoch sein. »Die nächste Pandemie-Bedrohung könnte sehr wohl aus unserem eigenen Hinterhof stammen«, sagt Letko.

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