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Welt-Tuberkulose-Tag

Corona gefährdet Erfolge gegen Tuberkulose

Es wird zu wenig getestet – das gilt nicht für Covid-19, sondern auch für die Tuberkulose. Während die Zahlen in Deutschland gesunken sind, verpasst die Corona-Pandemie dem Kampf gegen Tuberkulose weltweit einen deutlichen Dämpfer.
Christiane Berg
24.03.2021  07:00 Uhr

Jährlich erkranken rund um den Globus etwa 10 Millionen Menschen an Tuberkulose (Tb). 1,4 Millionen verstarben allein 2019 an den Folgen der bakteriellen Infektion. Als weltweite Herausforderung gilt die noch immer unzureichende Diagnosestellung und Therapie insbesondere der (multi)resistenten Tb, die als immense Bedrohung für die öffentliche Gesundheit gilt.

Durch die Covid-19-Pandemie sind die bisher erreichten Erfolge im Kampf gegen Tb zusätzlich gefährdet. Das macht das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) in einem Beitrag »Infektionskontrolle gestern und heute« zum diesjährigen Welttuberkulosetag aktuell im »Epidemiologischen Bulletin« des Robert-Koch-Instituts (RKI) deutlich. Der Welttuberkulosetag, der die Sensibilität der Öffentlichkeit für die nach wie vor bestehende Reich- und Tragweite der schweren Infektionskrankheit schärfen soll, findet jährlich am 24. März statt. An diesem Tag hat Robert Koch 1882 seine Forschungsergebnisse zu dem bis dahin unbekannten Erreger Mycobacterium tuberculosis veröffentlicht. Für diese Entdeckung erhielt er 1905 den Medizin-Nobelpreis.

Unter anderem durch die Verlagerung diagnostischer, personell-struktureller und finanzieller Ressourcen weg von der Tuberkulose- hin zur Coronapandemie-Bewältigung werde die Tb-Diagnose und-Therapie in ressourcenschwachen Ländern gravierend erschwert. Es gebe besorgniserregende Anzeichen, dass die Covid-19-Krise rund um den Erdball zu erheblichen Rückschlägen im Kampf gegen die Tuberkulose führt und es mittelfristig weltweit zu einem Anstieg der Tb-Erkrankungszahlen und auch -Todesfälle kommt.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen nennt in einer aktuellen Pressemeldung bereits erste Zahlen. Ein neuer Bericht des »Stop TB Partnerships« zeige, dass die Corona-Pandemie die Erfolge in den am stärksten von Tuberkulose betroffenen Ländern jetzt bereits um zwölf Jahre, also auf den Stand von 2008  zurückgeworfen hat. Tests und Therapien gegen Tuberkulose seien 2020 im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt bereits um 23 Prozent zurückgegangen. Betroffen seien unter anderem Indien, Indonesien, China, Philippinen, Pakistan, Nigeria, Bangladesch und Südafrika.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in ihrer »End-Tb«-Strategie das Ziel formuliert, die Zahl der Tuberkulose-Erkrankungen weltweit pro 100.000 Einwohner bis 2035 im Vergleich zu 2015 um 90 Prozent zu senken. »Angesichts der Herausforderungen durch die Covid-19-Pandemie ist in vielen Teilen der Welt das Erreichen dieser Ziele gefährdet«, unterstreicht das RKI in einer Pressemitteilung zum Welttuberkulosetag.

14 Prozent weniger Tb-Fälle in Deutschland

Obwohl unter Corona-Pandemiebedingungen gemäß der noch nicht veröffentlichten Ergebnisse einer DKZ-Umfrage zeitliche Verzögerungen bei der generellen Tb-Identifikation, -Diagnose und -Therapie auch in der Bundesrepublik zu erwarten sind: Von sogenannten Niedriginzidenzländern wie Deutschland werde derzeit angenommen, dass die Fallzahlen bis 2035 unter einen Betroffenen pro 100.000 Einwohner sinken.

Für 2020 seien dem RKI 4127 Erkrankungen gemeldet worden. Mit fünf Fällen pro 100.000 Einwohner sei das im Vergleich zu 2019 (4812 Erkrankungen) ein deutlicher Rückgang um rund 14 Prozent. Um das Ziel der WHO zu erreichen, sei jedoch weiterhin eine jährliche Abnahme um mindestens 10 Prozent erforderlich.

In Deutschland soll bei den Infizierten nun auch das Genom der Erreger sequenziert werden. Diese molekulare Überwachung biete Chancen für eine bessere Identifikation von Tb-Ausbrüchen und -Übertragungsketten sowie die systematische Erfassung von Antibiotika-(Multi)Resistenzen, deren Zunahme als eine der größten Hindernisse zur Erreichung der Tb-Elimination gilt.

Gleichermaßen zielführend für die effektive Tb-Kontrolle sei jedoch die gesteigerte Aufmerksamkeit für klassische Symptome wie Husten, Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsverlust, bei denen immer auch an eine Lungen-Tuberkulose gedacht werden müsse. Neben der frühen Diagnose und leitliniengerechten Therapie Betroffener trage die Aufklärung und gegebenenfalls vorbeugende Behandlung infektionsgefährdeter Personen im engen Patientenumfeld maßgeblich zur Tuberkuloseeinschränkung bei.

Richtige Therapie und Compliance sind entscheidend

Zur Behandlung der Tuberkulose stehen die Antibiotika Isoniazid (INH), Rifampicin (RMP), Ethambutol (EMB), Pyrazinamid (PZA) und (als Reservemedikament) Streptomycin (SM) zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es weitere sogenannte Zweitrang- oder Reservemedikamente, die bei Resistenzen oder Unverträglichkeiten zum Einsatz kommen. Die Wirkstoffe werden ausschließlich in Kombination eingesetzt. Da sie sich in ihren Wirkmechanismen und Zielorten unterscheiden, kann so nicht nur der Therapierfolg gesteigert, sondern auch die Gefahr der Resistenzbildung gemindert werden.

Im Rahmen der sechs Monate dauernden Standard-Kurzzeittherapie kommen in den ersten beiden Monaten, also der Initialphase, Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol, in den folgenden vier Monaten, also der Stabilisierungs- oder Kontinuitätsphase, Isoniazid und Rifampicin zum Einsatz. Im Einzelfall und insbesondere bei Kindern, so das RKI, wird anfangs oft auch nur eine Dreifachkombination erwogen. So oder so: Entscheidend für den Therapierfolg und die Minderung weiterer Resistenzentwicklungen sei eine gute Patientenmitarbeit.

Strikte Compliance ist auch und gerade in Zeiten der Corona-Pandemie erforderlich. Das hat das DZK gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) schon zu Beginn der Covid-19-Krise im vergangenen Jahr deutlich gemacht. Trotz Pandemie sollten Betroffene ihre medikamentöse Behandlung konsequent fortsetzen und daher auch die notwendigen Arzttermine unbedingt einhalten. Jede unzureichende und nicht professionell zu Ende geführte Antibiotika-Therapie erleichtert die Entwicklung extensiv resistenter Tuberkulose-Erkrankungen und ebnet den Weg für weitere Übertragungen, warnt auch das RKI.

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