Christiansen klärt Landespolitik über Reform-Risiken auf |
Cornelia Dölger |
02.07.2024 16:26 Uhr |
Die mittelständisch geprägte Versorgungsstruktur mit ihren 160.000 Arbeitsplätzen ginge unwiederbringlich verloren, die Folgen seien unumkehrbar. Zu was die Liberalisierung des Apothekenwesens führen kann, legt Christiansen am Beispiel Schweden dar, wo sich neu zugelassene Apothekenkonzerne fast ausschließlich in urbanen Gebieten niedergelassen hätten; die Versorgung auf dem Land profitierte davon nicht. Auch Dänemark, Großbritannien und die USA seien Negativbeispiele.
Statt einer Eins-zu-Eins-Umverteilung des Honorars benötigten die Apotheken eine »nachhaltige, finanzielle Stabilisierung des gesamten Systems«, fordert Christiansen. Die Umverteilung des Honorars – schrittweise Erhöhung des Fixums bei gleichzeitiger schrittweiser Senkung des variablen Anteils – werde zwar explizit als Stärkung vor allem ländlich gelegener Apotheken dargestellt, allerdings stünden alle Apotheken unter einem enormen wirtschaftlichen Druck.
Stadtapotheken waren demnach sogar besonders betroffen von der Schließungswelle der vergangenen Jahre. Die Apotheken befänden sich auf einem Honorarniveau von 2004, gleichzeitig seien die Kosten seitdem um mehr als 60 Prozent gestiegen; Schließungen und immer weniger Neugründungen seien die Folge.
Zu den Reformplänen gebe es gute Alternativen. Das BMG räume es in dem Entwurf selbst ein: Die flächendeckende Arzneimittelversorgung ist aktuell gesichert. Damit das so bleibe, müsse das System »innerlich gestärkt« werden. Apotheken müssten stärker in die Gesundheitsversorgung eingebunden werden, gerade angesichts des demographischen Wandels.
Medikationsfehler, Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen, unerwartete Nebenwirkungen und somit Klinikeinweisungen und Arztbesuche könnten reduziert werden, wenn Apotheken stärker eingebunden würden. Kosten in Milliardenhöhe könnten gespart werden.
Es brauche zudem mehr Entscheidungskompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker, etwa beim Lieferengpassmanagement, beim interprofessionellen Medikationsmanagement, bei Telepharmazie aus der Apotheke zum Patienten, assistierter Telemedizin, bei den pharmazeutischen und präventiven Dienstleistungen. Auch gehe es um mehr Primärversorgung in der Apotheke.
»Dieses Versorgungssystem sichert die Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln patientennah und ist bisher auf Grund der kleingliedrigen Netzstruktur äußerst resilient«, resümiert Christiansen. Es gelte, das System zu erhalten.