Chip misst Augeninnendruck kontinuierlich |
Christina Hohmann-Jeddi |
07.10.2021 09:00 Uhr |
Ein implantierbarer Chip zur Augeninnendruck-Messung kommt derzeit nur für Patienten infrage, die neben einem Glaukom auch eine Katarakt aufweisen. / Foto: Shutterstock/Olena Yakobchuk
Unter dem Begriff Glaukom (grüner Star) werden mehrere Erkrankungen zusammengefasst, bei denen der Sehnerv geschädigt wird und die zur Erblindung führen können. Eine häufige Ursache ist ein erhöhter Augeninnendruck. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, den intraokularen Druck regelmäßig zu messen. Hierfür hat das Unternehmen Implandata den Chip Eyemate® entwickelt, der in das Auge implantiert werden kann und dort jederzeit zur Messung des Augeninnendrucks genutzt werden kann. Das berichtete Professor Dr. Hagen Thieme bei einer Pressekonferenz anlässlich des Online-Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) 2021 Ende September.
Das ringförmige Messinstrument werde im Rahmen einer Katarakt-Operation, bei der die eingetrübte Linse gegen eine Kunstlinse ausgetauscht wird, zwischen die Iris und die neue Linse eingebettet, erklärte der Augenarzt. Dort verbleibe sie ein Leben lang und könne jederzeit für eine Messung des Augeninnendrucks genutzt werden. Hierfür müsse man ein Gerät vor das Auge halten, das einen Strom in den Chip sendet, den dieser für die Messung und das Signal zurück an das Gerät nutzt. Über diese Technik könnten in Studien große Datenmengen gewonnen werden, so Thieme. Schon jetzt sei der Erkenntnisgewinn über den Augeninnendruck und dessen Schwankungen enorm.
Für die breite Anwendung sei die Technik aber nicht geeignet. Zudem sei die Katarakt-Operation für das Einsetzen des Chips obligat, da die dünnere Kunstlinse erst den Platz für den Sensor schafft. Daher komme sie nur für Patienten mit grünem und grauen Star (Katarakt) infrage. »Der Chip hat eine CE-Zertifizierung«, sagte Thieme. Die Patienten, die ihn erhalten, müssten aber sehr gut ausgewählt werden. Die Firma arbeite derzeit an einem Sensor, der außerhalb des Auges in die Lederhaut implantiert wird. Dieser Sensor wäre dann auch für Patienten, die keinen grauen Star haben, geeignet. Zur Verfügung stünden aber bereits Geräte zur Selbstmessung des Augeninnendrucks von außen, die zuverlässige Ergebnisse lieferten und auch von Laien gehandhabt werden können.
Der graue Star lässt sich derzeit noch nicht medikamentös therapieren, doch die eingetrübte Linse kann durch eine Kunstlinse ersetzt werden. Diese Eingriffe werden jedes Jahr etwa 800.000 Mal in Deutschland durchgeführt, berichtete Professor Dr. Anja Liekfeld, Chefärztin der Klinik für Augenheilkunde am Ernst von Bergmann Klinikum in Potsdam. Trotz eines großen Fortschritts in der Entwicklung von Kunstlinsen, gäbe es bislang noch keine, die eine Akkommodation leisten können, also in unterschiedlichen Entfernungen scharf sehen zu können. »Die Entwickler haben aber sogenannte pseudoakkommodierende Linsen auf den Markt gebracht, die gleichzeitig mehrere Brennpunkte abbilden«, sagte Liekfeld. Inzwischen stünden aber eine ganze Reihe solcher Mehrfachstärkenlinsen zur Verfügung.
Die gesetzlichen Krankenkassen kommen für die Implantation einer Standardkunstlinse auf, die nur eine Entfernung scharf abbildet – die meisten wählen die Ferne. »Für alle anderen Abstände benötigt man dann nach der Operation eine Brille«, erläutert Liekfeld. Besteht der Wunsch nach weitergehender Brillenunabhängigkeit, müssen Sonderlinsen herangezogen werden, zu denen auch die Mehrstärkenlinsen zählen. Im Fall einer Hornhautkrümmung kommen sogenannte torische Linsen zum Einsatz.
»Mehrstärkenlinsen kommen nur infrage, wenn das Auge – abgesehen vom grauen Star – gesund und nicht etwa durch altersabhängige Makuladegeneration oder den grünen Star vorgeschädigt ist«, erklärte Liekfeld. Dies müsse durch entsprechende Voruntersuchungen geklärt werden. Darüber hinaus müssten die Patienten und Patientinnen auch über die Nachteile der Sonderlinsen informiert werden, fügte die DOG-Expertin hinzu. Dazu gehört, dass das Kontrastsehen eingeschränkt und die Licht- und Blendempfindlichkeit bei Dämmerung und Dunkelheit erhöht sein kann. Es könnten Phänomene wie Lichtringe (Halos) oder Sterne (Starburst) auftreten. »Daher muss vor der Operation sorgfältig mit dem Patienten besprochen werden, ob die individuellen Anforderungen an das Sehen durch eine Sonderlinse erfüllt werden können«, betont die Augenärztin.