Chatbot hilft, Hilfe zu finden und anzunehmen |
Daniela Hüttemann |
08.02.2024 11:30 Uhr |
Bei einem Chatbot muss man keine Angst haben, dass er Vorurteile hat. / Foto: Getty Images/Yiu Yu Hoi
Psychische Erkrankungen wie Ängste und Depressionen gehen immer noch mit einer hohen Stigmatisierung einher. Selbst wenn sich die Betroffenen eingestehen, dass sie Hilfe brauchen, zögern sie oft aus Scham, diese dann auch aktiv zu suchen. Abschreckend wirkt auch, dass Betroffene aufgrund des Mangels an Therapieplätzen dann häufig lange auf eine Therapie warten müssen.
Das ist nicht nur in Deutschland so. In Großbritannien bietet der staatliche Gesundheitsversorger NHS jetzt einen Chatbot an, der Betroffene bei Selbstüberweisungen zu Gesprächstherapien unterstützt, das sogenannte »Talking Therapies National Programm«. Das ist ein Novum, denn normalerweise ist es in Großbritannien streng geregelt, dass man nur über den Hausarzt eine Überweisung bekommt. Entwickelt wurde der Chatbot vom Startup Limbic.
Das NHS hat nun untersucht, wie effektiv das Programm ist. Dafür wurden die Daten von rund 129.400 Personen genutzt, die eine von 28 verschiedenen NHS-Gesprächstherapie-Dienstleistungen in Anspruch genommen hatten. Bei 14 Dienstleistungen wurde der Chatbot verwendet, bei den anderen 14 mussten sich die Betroffenen ohne Unterstützung durch künstliche Intelligenz (KI) durch die entsprechenden Webformulare kämpfen.
Während bei der normalen Beantragung nur 6 Prozent letztlich eine echte Gesprächstherapie bekamen, waren es mit dem Chatbot 15 Prozent mehr. Vor allem Minderheiten (bezüglich Ethnie und sexueller Orientierung) profitierten deutlich (plus 29 beziehungsweise 179 Prozent Steigerung). Die Wartezeiten verlängerten sich durch die vermehrten Überweisungen nicht, berichtet die auswertende Forschergruppe in »Nature Medicine«.
»Es handelt sich bei dem Chatbot um einen Assistenten, der Informationen vor dem ersten Behandlungskontakt sammelt, um diese dann an einen klinischen Therapeuten weiterzuleiten. Erst der klinische Therapeut trifft eine Behandlungsentscheidung in einem persönlichen Gespräch«, erläutert Professor Dr. Georg Schomerus, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Leipzig. »Der Chatbot stellt also vor allem eine Möglichkeit dar, leichter Zugang zu diesem Erstgespräch zu erlangen und das Gespräch möglichst gut vorzubereiten.«