CDU-Politiker Sorge erhebt schwere Vorwürfe gegen Lauterbach |
Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, wirft Bundesgesundheitsminister Lauterbach vor, sich parlamentarischen Debatten zu entziehen und für Stagnation in der Gesundheitspolitik zu sorgen. / Foto: imago images/Future Image
Bei seinem Amtsantritt im Dezember erklärte Lauterbach, wie er seinen Ministerjob interpretieren wolle und welche Schwerpunkte er setzen werde. Der Medizinprofessor kündigte an, seinen Job »wissenschaftlich« interpretieren zu wollen. Sein wichtigstes Ziel sei es, die Pandemie zu bekämpfen. Als weitere Schwerpunkte nannte Lauterbach eine verbesserte Pflegepolitik, eine bessere ärztliche Versorgung auf dem Land sowie das Ziel, dass Arzneimittelforschung wieder vermehrt in Deutschland stattfindet.
Viele Gesetze zu diesen Themen hat Lauterbachs Haus seitdem nicht vorgelegt. In dieser Woche soll zwar ein Gesetz für Pflegeboni verabschiedet werden, zu allen anderen wichtigen Punkten im Koalitionsvertrag hat das Bundesgesundheitsministerium jedoch keine Entwürfe vorgelegt. Lediglich der Entwurf eines GKV-Spargesetzes wurde kurzfristig bekannt, nur wenige Stunden später aber wieder zurückgezogen. Unter anderem diesen Zwischenstand nimmt der CDU-Politiker Tino Sorge nun zum Anlass, einen Brandbrief an Lauterbach zu schreiben, in dem der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion ein vernichtendes Urteil über Lauterbachs bisherige Bilanz zieht.
Konkret wirft Sorge dem SPD-Politiker vor, für »wachsende Verunsicherung« in der Bevölkerung zu sorgen. Schließlich habe er nicht nur den Entwurf zur GKV-Finanzierung zurückgezogen, sondern wegen heftiger Kritik auch einen ersten Entwurf zur sogenannten Ex-Post-Triage. Sorge kritisiert auch, dass Lauterbach unbegründet zu viele Coronavirus-Impfstoffdosen bestellte, die nun nicht mehr haltbar sind – damit seien zusätzliche Kosten in Millionenhöhe entstanden. Sorge wirft dem Mediziner Lauterbach zudem vor, dass er medial Angst schüre, weil er in der Öffentlichkeit vor neuen »Killervarianten« des Coronavirus warne. Ohne es genauer zu erklären, beschreibt Sorge auch, dass die Ampel-Koalition Gelder aus dem BMG blockiere, damit der Minister schneller einen ersten Entwurf zur Cannabis-Legalisierung einbringe.
Sorge wirft Lauterbach vor, dass die Gesundheitspolitik seit seiner Vereidigung in eine »lahmende Stagnation« verfallen sei. »Sehr geehrter Herr Minister, die Gesundheitspolitik unseres Landes steht still – und dies ausgerechnet in einer Phase, in der besonnene politische Entscheidungen gefragt sind. Wir erleben eine Gesundheitspolitik der Volten und Kehrtwenden, ein rastloses Hin- und Her von Ankündigungen und Rückziehern. Dies führt zu einem Vertrauensverlust – nicht nur bei den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch in der eigenen Koalition und bei betroffenen Institutionen, die an wegweisenden Entscheidungen nicht beteiligt werden«, so der Oppositionspolitiker Sorge.
Der schwerwiegendste Vorwurf bezieht sich jedoch auf Lauterbachs Verhalten bei parlamentarischen Debatten. Sorge wirft dem SPD-Politiker vor, sich zu wenig im Gesundheitsausschuss und bei Diskussionen im Plenum zu zeigen. »Von wenigen Ausnahmen abgesehen, bleiben Sie dem Gesundheitsausschuss des Bundestages fern – im Gegensatz zu Ihrem Amtsvorgänger in der letzten Legislatur. Nach Ausbruch der Pandemie entsprach es der guten Übung, dass er dem Ausschuss trotz zeitgleich stattfindender Kabinettssitzungen oft und ausführlich für Fragen zur Verfügung stand. Seit Antritt der neuen Bundesregierung tagte der Gesundheitsausschuss an 16 Tagen, von denen Sie an gerade einmal 5 Tagen teilnahmen. Für einen konstruktiven demokratischen Umgang zwischen Parlament und Regierung und einen fairen Streit zwischen Regierung und Opposition ist das deutlich zu wenig«, schreibt Sorge.
Sorge ist offenbar gut über die Vorgänge im BMG informiert und meint zu wissen, dass der SPD-Politiker teils nicht gut mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgeht: »Statt im Ausschuss für Gesundheit mögliche Fehler einzuräumen, drohten Sie Ihren eigenen Beschäftigten zuletzt unverhohlen mit ‚personellen Konsequenzen‘ im Falle von ‚Indiskretionen‘«.
Schließlich richtet der CDU-Politiker Sorge einen Appell an den Minister: »Beenden Sie den Stillstand in der Gesundheitspolitik, schaffen Sie wieder mehr Vertrauen in Ihre Arbeit. Bringen Sie endlich die gesetzgeberischen Vorhaben auf den Weg, die 2022 wirklich drängen, insbesondere: schnelle finanzielle Planungssicherheit für Krankenkassen und die Pflege, frühzeitige Pandemie-Vorsorge statt Panikmache für den Herbst – und ein Haushaltskonzept, das nicht der Cannabis-Klientelpolitik zum Opfer fällt, sondern für das Gesundheitssystem die wirklich wichtigen Schwerpunkte setzt.«
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