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Viele Fallstricke

Cannabis, das Sorgenkind der Rezeptur

Blüten, Extrakte, Fertigarzneimittel: Die Fülle von Cannabisprodukten, die Ärzte ihren Patienten verordnen können, ist groß. Vor allem beim Einsatz von Rezepturen gibt es dabei einiges zu beachten, wie in der Pharmaworld bei der Expopharm deutlich wurde.
Annette Rößler
15.09.2022  19:00 Uhr

Cannabis ist definitiv kein Arzneimittel wie jedes andere. Eine Besonderheit ist etwa, dass die Anwendung in den meisten Fällen ohne eine bestehende Zulassung erfolgt – sieht man einmal von den wenigen Indikationen ab, in denen zugelassene Fertigarzneimittel existieren. Außerdem ist Cannabis nicht gleich Cannabis: Blüten und Extrakte haben je nach Sorte stark abweichende Gehalte der verschiedenen Inhaltsstoffe und wie viel davon letztlich beim Patienten ankommt, hängt auch noch von der Art der Anwendung ab. Für Anhänger eines rationalen Arzneimitteleinsatzes ist das eine sehr unbefriedigende Situation.

Nichtsdestotrotz ist Cannabis ein wirksames Arzneimittel – »das ist unstrittig«, sagte Professor Dr. Theo Dingermann, der in der Pharmaworld bei der Expopharm eine Gesprächsrunde zu diesem Thema moderierte. Zusammen mit dem PZ-Senior-Editor erörterten drei weitere Apotheker die Frage, wie Cannabis für die Patienten besser nutzbar gemacht werden kann: Dr. Christiane Neubaur, Geschäftsführerin des Verbands der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA), Dr. Hans-Peter Hubmann, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV) und Dr. Holger Neye von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein.

Hohe Ablehnungsquote auch bei guter Begründung

Neubaur kritisierte zunächst die Krankenkassen, weil diese es zu häufig ablehnten, die Kosten für eine Therapie mit Cannabis zu übernehmen. Nicht nur Hausärzte, auch viele Fachärzte bekämen ihre Anträge auf Kostenübernahme zu häufig nicht genehmigt, trotz seitenlanger Begründungen. Das Grundproblem seien zu schwammige Formulierungen im Cannabisgesetz. Demnach »muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen«; was genau »schwerwiegend« ist, sei aber nicht definiert. Auch hinsichtlich der erforderlichen Vortherapien gebe es Interpretationsspielraum im Gesetz, den die Kassen häufig so auslegten, dass Patienten jede andere Behandlung durchlaufen haben müssten, bevor sie Cannabis bekommen könnten. Das stimme aber nicht. »Ich finde das unzumutbar«, sagte Neubaur. Das Gesetz müsse nachgebessert werden.

»Cannabis muss verordnet werden können«, pflichtete Hubmann ihr bei. Aus Sicht der abgebenden Apotheke sei dabei aber zentral, dass die Qualität stimme. Bei einem Naturprodukt wie Cannabis seien Schwankungen normal. Deshalb seien die erforderlichen Prüfungen aufwendiger als bei anderen Rezepturausgangsstoffen. Dieser zusätzliche Aufwand werde aber nicht angemessen vergütet, weshalb viele Apotheken ihn scheuten. »Wir werden deshalb auch gegen den jetzigen Schiedsspruch wieder klagen, weil er an der Realität vorbeigeht«, sagte der DAV-Vize mit Blick auf den kürzlich ergangenen Schiedsspruch, der eine aus Apothekersicht zu geringe Honorierung für die Abgabe von Cannabisblüten festgelegt hatte.

»Auch wir wollen klare Regeln, aber wir wollen vor allem mehr Daten«, sagte Neye, der in der Diskussion die Position der Ärzte vertrat. Die hohe Ablehnungsquote zeige, dass die Verordner noch nicht gut genug informiert worden seien. Sie müssten wissen, wie das einzelne Produkt wirkt. »Das sind Daten, die man aus Zulassungsstudien erwarten würde. Da es die nicht gibt, muss sich jeder selber kümmern und braucht auch eine gewisse Erfahrung. Die hat nicht jeder.«

Daten zu generieren, anhand derer die Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabis abgeschätzt werden können, war eigentlich Sinn und Zweck der fünfjährigen Begleiterhebung, die an die Freigabe von Cannabis als Arzneimittel verpflichtend gekoppelt war. Deren Auswertung hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor wenigen Wochen vorgelegt – und selbst auf große Evidenzlücken hingewiesen, die darin offensichtlich klaffen. »Die Begleiterhebung ist unvollständig. Damit können wir nicht viel anfangen«, bestätigte Neye. Der Gemeinsame Bundesausschuss stehe jetzt vor der schwierigen Aufgabe, auf dieser wackeligen Basis über die weitere Verordnungsfähigkeit von Cannabis entscheiden zu müssen.

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