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Vorhofflimmern
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Calcium als möglicher Auslöser?

Bei Vorhofflimmern ist die elektrische Aktivität des Herzens gestört. Neue Daten weisen darauf hin, dass eine beeinträchtigte Calcium-Aufnahme in die Mitochondrien das Herz aus dem Takt bringen könnte.
AutorKontaktJohanna Hauser
Datum 18.12.2025  18:00 Uhr

Vorhofflimmern ist gekennzeichnet durch eine gestörte Kontraktilität der Herzmuskelzellen. Rund zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden laut der Deutschen Herzstiftung unter dieser Herzrhythmusstörung. Forschende aus Deutschland vermuten eine Störung der Calcium-Verwertung als Ursache, wie das Team von der Universität Göttingen sowie vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz in Würzburg im Fachjournal »Circulation Research« schreibt.

Die Forschenden um Dr. Julius Ryan D. Pronto untersuchten isolierte Kardiomyozyten aus Patienten-Biopsien des rechten Vorhofs. Dabei legte die Gruppe besonderes Augenmerk auf die Mitochondrien und das sarkoplasmatische Retikulum. Beide Organellen sind normalerweise eng miteinander gekoppelt.

Fehlregulation auf zellulärer Ebene

In den Biopsien fanden die Wissenschaftler Hinweise darauf, dass diese enge Kopplung bei Vorhofflimmern verloren geht – auch im räumlichen Sinne: Die Mitochondrien verlieren bei Vorhofflimmern ihre geordnete Struktur und lösen sich vom sarkoplasmatischen Retikulum ab. Dadurch können die Mitochondrien Calcium nicht mehr so effektiv aufnehmen, sodass die Calcium-abhängige Regeneration von NADH und FADH behindert ist und in der Folge die Energieversorgung des Herzens aus dem Gleichgewicht gerät.

»Wir vermuten, dass der Verlust an Calcium-Kommunikation zur elektrischen Instabilität des Herzmuskels beiträgt und damit ein zentraler Mechanismus der Rhythmusstörung ist«, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Verbesserung der mitochondrialen Calcium-Aufnahme könnte also potenziell vor arrhythmogenen Ereignissen schützen.

Ezetimib zeigt antiarrhythmischen Effekt

Da frühere Studien Hinweise auf ein antiarrhythmisches Potenzial des Cholesterolsenkers Ezetimib geliefert hatten, prüften die Forschenden, ob sich die gestörte Funktion des Herzens mit dem Arzneistoff beeinflussen lässt. Die Vorhofmuskelzellen wurden für eine Stunde mit 1 µmol/L Ezetimib inkubiert. Daraufhin erhöhte sich in den Zellen die Amplitude des Calcium-Transienten, der entscheidend für die physiologische Aktivität der Herzmuskelzellen ist. Die Dauer des Aktionspotentials verlängerte sich durch Ezetimib ebenfalls.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Ezetimib die Calcium-Aufnahme in die Mitochondrien verbessert und die Calcium-Freisetzung in Vorhofmuskelzellen von Patienten mit Vorhofflimmern unabhängig von der Calcium-Belastung des sarkoplasmatischen Retikulums reduziert. Eine Auswertung von Patientendaten unterstrich diese Hinweise.

Dazu wurden Daten von Patienten mit Vorhofflimmern und einem implantierten Schrittmacher, die Ezetimib erhielten, ausgewertet. Die Patienten mussten den Schrittmacher mindestens ein Jahr vor und sechs Monate nach Beginn der Behandlung mit Ezetimib implantiert bekommen haben. Als Kontrollgruppe dienten Patienten, die nicht mit Ezetimib therapiert wurden. Während der anderthalbjährigen Follow-up-Periode sanken bei 12 von 14 Patienten unter Ezetimib die dokumentierten Perioden mit Vorhofflimmern deutlich. Bei jenen Patienten, die kein Ezetimib erhielten, trat Vorhofflimmern hingegen vermehrt auf.

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