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Hamburger Heilberufekammern

Bürokratie wird schlimmer statt besser

Ob Apotheken, Ärzte, Tier- und Zahnärzte oder Psychotherapeuten: Beim gemeinsamen Sommerfest der Heilberufekammern hatten alle Professionen Beispiele für abstruse Bürokratie. Sie koste Zeit, Geld und Nerven. Dabei nehme die Bürokratie weiter zu statt ab. Digitale Lösungen sollen Abhilfe schaffen, müssten aber praktikabel und ausreichend erprobt sein.
Daniela Hüttemann
29.08.2024  13:00 Uhr

»Wir wirken alle zum Wohl unserer Patienten – was uns darin behindert, sind veraltete Prozesse und überbordende Bürokratie«, sagte Holger Gnekow, Präsident der Apothekerkammer Hamburg. Er kritisierte, dass versprochene Erleichterungen durch die Digitalisierung nicht unbedingt eingetreten seien. E-Rezepte enthielten immer noch Fehler, bei Entlassrezepten sorgten unterschiedliche Standards für Verunsicherung und auch die breite Anwendung des bundeseinheitlichen Medikationsplans scheitere bislang an unstrukturierten Vorgaben.

Dann werde den Heilberuflern noch mit Sanktionen gedroht, wenn sie es nicht richtig und rechtzeitig umsetzen. »Wir werden hier verantwortlich gemacht für die Fehler Dritter«, kritisierte Gnekow, stellte aber auch klar: »Wir Apotheker unterstützen weiterhin gern alle neuen Technologien und Innovationen und erklären sie auch den Patienten.« Er erinnerte an die Stärken der Heilberufe, die mit viel Eigenverantwortung, dezentral und flexibel arbeiten.

Um die Umsetzung leisten zu können, brauchen Mediziner, Apotheker und Therapeuten jedoch verlässliche, erreichbare Ansprechpartner bei den Anbietern. Das hatte zuvor Heike Peper gefordert, Präsidentin der Hamburger Psychotherapeutenkammer. Produkte kämen unausgereift auf den Markt, kritisierte sie. Es müsse vorher mehr getestet werden.

Abstruse Beispiele in allen Bereichen des Gesundheitssystems

Sie verwies auf ein neues »Bürokratiemonster«: eine Richtlinie, die vermeintlich die Qualität der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung erfassen und verbessern soll. Dabei müsse der Therapeut fallbezogen mehr als 100 Datenfelder ausfüllen – und der Patient einen Fragebogen mit 43 Punkte. »Was soll damit gesichert werden?«, fragt sich Peper. Sie würde die Zeit lieber in Aus- und Fortbildung, Forschung zur Weiterentwicklung der Psychotherapie und vor allem die Ausübung selbst stecken.

»Die Nachfrage nach Psychotherapie ist hoch, die Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz sind oft lang. Wir sollten alles daransetzen, den bürokratischen Aufwand in den Kliniken und Praxen zu verringern, so dass die Arbeitszeit von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für die Behandlung psychisch erkrankter Menschen zur Verfügung steht«, ergänzte Peper.

Eine neue EU-Vorgabe beschert zudem den Tierärzten demnächst deutlich mehr Arbeit. Sie sollen zukünftig jede einzelne Medikamentenabgabe, egal ob nei Nutz- oder Haustier, in einer neuen Datenbank dokumentieren – zusätzlich zur üblichen Dokumentation, die ohnehin stattfinde.

Noch dazu wolle die Bundesregierung dies bereits zum Januar 2025 umsetzen statt wie von Brüssel vorgegeben erst 2029. Susanne Elsner, Präsidentin der Tierärztekammer Hamburg, zweifelt den Nutzen und auch die Umsetzbarkeit an. Ein dreiköpfiges Tierärzteteam brauche dafür voraussichtlich eine weitere Vollzeitkraft.

Und auch Konstantin von Laffert, Präsident der Zahnärztekammer, brachte ein abstruses Beispiel mit: Er und  viele andere Kollegen hätten in teure digitale Röntgensensoren investiert, die den Patienten einiges an Strahlung ersparen und umweltfreundlicher sind. Nun gebe es für die Wischdesinfektion dieser Sensoren zwar eine ausführliche Anleitung des Herstellers, jedoch kein validiertes Verfahren. Auf diesem bestehe aber neuerdings das Robert-Koch-Institut, sodass die Zahnärzte statt der neuen Technik die alten Röntgengeräte benutzen müssten.

Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg, stimmte der Kritik der anderen Kammern zu, erinnerte aber auch an die eigene Verantwortung als Standesvertretung und Berufsaufsicht, service- und lösungsorientiert für die eigenen Mitglieder zu arbeiten.

Emami und von Laffert konstatierten zudem, dass die überbordende Bürokratie den Fachkräftemangel verstärke. Nicht nur durch unsinnige Arbeit (mittlerweile mehrere Stunden pro Arbeitstag, ob in Apotheke, Arztpraxis, Pflegeheim oder Klinik), sondern auch durch Demotivation der Mitarbeitenden, die in andere Tätigkeitsfelder ausweichen, und Ärzte, die lieber frühzeitig in den Ruhestand gehen, statt neue Regelungen mitzumachen oder im Falle von jüngeren den Schritt in die Selbstständigkeit mehr und mehr scheuen. Alle Heilberufler würden ihre Zeit lieber ihren Patienten widmen.

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