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Medizinforschungsgesetz 

Breite Ablehnung für geheime Erstattungspreise 

Der Gesundheitsausschuss des Bundestags beriet heute in einer öffentlichen Sitzung über das geplante Medizinforschungsgesetz (MFG). Auch wenn die eingeladenen Expertinnen und Experten das Vorhaben überwiegend begrüßten, stießen die geplanten geheimen Erstattungspreise auf breite Ablehnung.
Lukas Brockfeld
12.06.2024  19:36 Uhr

Das Medizinforschungsgesetz (MFG) soll der deutsche Pharmaforschung wieder zu Weltklasse verhelfen. Die Bundesregierung will dazu Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen sowie Zulassungsverfahren von Arzneimitteln, Medizinprodukten und forschungsbedingten Strahlenanwendungen beschleunigen und entbürokratisieren. Am Mittwochnachmittag beriet der Gesundheitsausschuss des Bundestags über den Kabinettsentwurf.

Die eingeladenen Expertinnen und Experten blickten überwiegend mit Wohlwollen auf das Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). So erklärte Han Steutel, Präsident des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa): »Wir bewerten das Gesetz sehr positiv. Es ist ein sehr wichtiger Schritt für die forschende Industrie in Deutschland, und ich kann mich eigentlich nur bei der Bundesregierung und bei Minister Lauterbach dafür bedanken.« Steutel erklärte auch, dass vertrauliche Erstattungspreise für bestimmte Arzneimittel dazu beitragen könnten, diese auf dem Markt zu halten. Außerdem ließe sich so die Situation der deutschen Unternehmen im globalen Wettbewerb verbessern. 

Erhebliche Preissteigerungen befürchtet

Mit dieser Haltung war Steutel allerdings relativ allein. Die Möglichkeit, dass Pharmahersteller künftig die Erstattungspreise für neue Medikamente geheim halten können, stieß im Ausschuss auf breite Kritik. Kerstin Noëlle Vokinger ist Professorin an der Universität Zürich und fand deutliche Worte: »Unsere Analysen für die Schweiz haben gezeigt, dass die Preisverhandlungen bei Arzneimitteln, bei denen geheime Preise eingeführt wurden, viel länger dauerten.«

Außerdem sei es auffällig, dass die Evidenz zum therapeutischen Nutzen bei Arzneimitteln mit geheimen Preisen besonders oft unklar sei. »Die geheimen Preise sind eine Initiative der Industrie. Schlechte Evidenz mit geheimen Preisen zu belohnen, schafft falsche Anreize und liegt nicht im Patientenwohl«, betonte Vokinger. Außerdem zeige sich immer wieder in Studien,  dass geheime Preise mit höheren Erstpreisen bei Preisverhandlungen einhergingen. 

Auch Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, war bei der Anhörung als Expertin geladen und erklärte: »Aktuellen Schätzungen zufolge könnten auf die GKV bereits im ersten Jahr nach Einführung von Geheimpreisen Zusatzkosten in Höhe von bis zu 3,3 Milliarden Euro zukommen, nach zehn Jahren bis zu 33 Milliarden Euro – ohne einen Mehrwert in der Versorgung.« Die Einführung geheimer Arzneimittelpreise könnte die Krankenkassen finanziell überfordern und so zu steigenden Beitragssätzen für die Versicherten führen. 

Umstrittene Ethikkommission 

Auch die im MFG geplante Einrichtung einer spezialisierten Ethik-Kommission für besondere Verfahren auf Bundesebene stieß am Mittwoch auf Kritik. So sagte erklärte Ulrich Langenberg von der Bundesärztekammer, dass die strukturelle Ansiedlung einer solchen Kommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den zentralen Anforderungen der vom Weltärztebund verabschiedeten Deklaration von Helsinki widerspreche und die Unabhängigkeit bei der ethischen Bewertung von Studienvorhaben grundlegend infrage stelle. 

Andere Kritiker betonten, dass eine spezialisierte Ethik-Kommission auf Bundesebene unnötig sei, da die entsprechende Expertise bereits in den bestehenden Kommissionen vorhanden sei. Außerdem bestehe die Gefahr doppelter bürokratischer Strukturen, die die Zulassungsverfahren von neuen Arzneimitteln zusätzlich ausbremsen könnten. 

Skonto im Apothekenreformgesetz 

Kurz vor der Anhörung hatte die ABDA das BMG dazu aufgefordert, das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH)  zu korrigieren und dazu das Gesetzgebungsverfahren zum MFG zu nutzen. Dazu solle in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegt werden, dass der vom BGH zugrunde gelegte Mindestpreis durch handelsübliche Skonti auch unterschritten werden dürfe. Die ABDA schlägt vor, den § 2 Absatz 1 Satz 1 AMPreisV wie folgt zu ergänzen: »die Zulässigkeit einer Gewährung handelsüblicher Skonti auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers bleibt unberührt«.

Die Folgen des Skonto-Urteils und die Forderungen der ABDA wurden in der Ausschusssitzung am Mittwoch allerdings nicht thematisiert. Grund dürfte sein, dass eine entsprechende Regelung im Apothekenreformgesetz enthalten ist. In § 2 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) zum Großhandelshonorar ist eine Anpassung geplant: Abweichend von den fixen Honorarvorgaben soll der Halbsatz ergänzt werden, dass »die Gewährung von handelsüblichen Rabatten oder Vergünstigungen zulässig« ist.

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