Booster nach einem Monat laut Immunologen nicht sinnvoll |
In Nordrhein-Westfalen sollen vollständig gegen Corona Geimpfte vier Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung einen Booster erhalten können – aus immunologischer Sicht ist das zu früh. / Foto: Adobe Stock/christophe papke
Eine Booster-Impfung schon nach vier Wochen macht aus Sicht von Immunologen wenig Sinn. In Nordrhein-Westfalen sind Booster-Impfungen nach einem Erlass der Landesregierung grundsätzlich nach vier Wochen möglich, es gebe aber keine ausdrückliche Empfehlung dafür, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag. Manche Politiker fordern bereits, diesen Weg auszuweiten. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie sieht das kritisch: Vier Wochen nach der Zweitimpfung seien bestimmte immunologische Prozesse noch nicht abgeschlossen. Der Booster wirke dann viel schlechter.
«Die Politik hat hier zwei Dinge vermischt, die nicht vermischt werden dürfen», sagte Professor Dr. Carsten Watzl (Dortmund), Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, der Deutschen Presse-Agentur. Das eine ist die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), manche Menschen schon nach vier Wochen zu boostern.
«Das bezieht sich aber nur auf Menschen mit geschwächtem Immunsystem, die auf die ersten beiden Impfungen nicht oder kaum reagiert haben», erklärte der Immunologe. «Mit der dritten Impfung wird deren Immunität nicht geboostert – ich muss sie erst einmal herstellen.» «Bei allen anderen – und das ist die Mehrheit – möchte ich mit der dritten Impfung eine Verstärkung der Immunität erreichen», sagte Watzl. «Dafür müssen bestimmte Prozesse erst abgeschlossen sein.» Es müssten sich ausreichend antikörperproduzierende Plasmazellen und T-Zellen gebildet haben, manche müssten in Gedächtniszellen umgewandelt werden, andere ins Knochenmark wandern. «Das sind Prozesse, die nach vier Wochen noch nicht abgeschlossen sind.»
Aus immunologischer Sicht seien vier Monate das Minimum, sagte Watzl. «Wenn ich dann ein drittes Mal impfe, hat der Körper die Zellen, die am besten auf den Erreger zugeschnitten sind, bereits ausgebildet - und die möchte ich noch mal verstärken. Damit ist die Immunität viel besser als wenn ich nach vier Wochen erneut impfe.» Die Entscheidung sei vermutlich aus Angst vor Omikron gefallen, sagte Watzl, hält das aber «für nicht zielführend. Was zielführender wäre, wäre jetzt noch mal die Rate der Erst- und Zweitimpfungen zu steigern.»
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