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Gesundheitsdaten

BMG will Kassen weiter AMTS-Hinweise erlauben

Demnächst sollen die Kassen die Versicherten auf Basis ihrer Daten auf etwaige Gesundheitsrisiken hinweisen dürfen. Das ist auch weiterhin im Kabinettsentwurf des Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetzes (GDNG) vorgesehen. Die ABDA hat ihre Kritik an den Plänen nun erneuert. Sie warnt unter anderem vor mangelnder Datenqualität.
Jennifer Evans
30.08.2023  08:00 Uhr

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat vor, Kranken- und Pflegekassen mehr Rechte zuzugestehen. Und zwar sollen sie künftig ihre Daten nutzen dürfen, um Versicherte auf individuelle Gesundheitsrisiken hinweisen zu können. Das hat sich auch im nun vorgelegten Kabinettsentwurf für ein Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz (GDNG) nicht geändert. Unter anderem umfasst diese Regelung auch schwerwiegende gesundheitliche Gefährdungen, die durch die Arzneimitteltherapie entstehen können.

Diese automatisierte Datenauswertung ist der ABDA natürlich ein Dorn im Auge. Ihre Kritik daran hatte sie bereits im Zuge des GDNG-Referentenentwurfs  geäußert und nun anlässlich des Kabinettbeschlusses am heutigen Mittwoch erneuert. Versicherte auf dieser Grundlage gezielt anzusprechen, bezeichnete die Standesvertretung bereits in ihrer ersten Stellungnahme als »schwerwiegenden Eingriff in das persönliche Beratungsverhältnis zwischen Patientinnen und Patienten und den Leistungserbringern«.

Datenqualität fragwürdig

Angesichts der unvollständigen Datenbestände der Kassen, die zudem oftmals nicht auf dem aktuellen Stand seien, warnte die ABDA vor Qualitätsverlusten. Auch weil bei der Auswertung Algorithmen und künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen, hatte sie bereits im Vorfeld Zweifel an der »Kompetenz der Entwickler« angemeldet. Gleiches gilt für die Interpretation der Ergebnisse durch die Kassen, denen in den Augen der Standesvertretung die Behandlungsexpertise fehlt. Einen üblen Beigeschmack hat für die ABDA zudem die Vorstellung möglicher Steuerungs- oder Selektionseffekte durch die Kassen. Schließlich sei die Trennung von Behandler und Kostenträger Basis des Vertrauens der Patienten.

Mit dieser Ausgangsbasis Empfehlungen etwa für die Arzneimitteltherapie abzuleiten, sorgt nach Auffassung der Bundevereinigung in erster Linie für Verunsicherung der Patienten – und nicht zuletzt für Mehraufwand bei den Leistungserbringern. Projekte wie ARMIN hätten demnach eindeutig belegt, dass solche »unverbindlichen Empfehlungen« auf Patienten häufig negativ wirkten oder sogar zu riskanten Entscheidungen führten, zum Beispiel zum eigenmächtigen Absetzen eines Arzneimittels. Noch dazu müssten die Apotheken künftig womöglich die Empfehlungen der Kassen prüfen.

Das BMG sieht das offenbar anders und hält an dem Vorhaben fest, sofern die Auswertungen an bestimmte Zwecke gebunden sind und regelt diesen Punkt sogar in einem eigenen Paragrafen im SGB V.

Im Kabinettsentwurf heißt es in Bezug auf die Arzneimitteltherapie: »Während in den meisten Fällen die Arzneimitteltherapiesicherheit ohne Mitwirken der Krankenkassen gewährleistet werden kann, können von den Krankenkassen ausgesprochene Hinweise zum Aufsuchen eines Angebots eines Leistungserbringers insbesondere dann hilfreich sein, wenn der betroffene Versicherte längere Zeit keine ärztliche Beratung in Anspruch genommen hat oder von mehreren Ärzten beraten wird, die unwissend gegenüber den Beratungen und Therapien ihrer Kollegen sind, und die verschriebenen Rezepte in unterschiedlichen Apotheken eingelöst werden.«

Das BMG begründet sein Vorhaben damit, dass bei den Kassen umfangreiche Datenmengen zusammenfließen, die Informationen zu medizinisch und pflegerisch relevanten Sachverhalten wie Diagnosen und verordneten Arzneimittel enthalten. Lasse sich daran eine »konkrete Gesundheitsgefährdung« erkennen, sollen die Kassen den Betroffenen auf »geeignetem Weg unverzüglich« informieren sowie ihm empfehlen, einen Arzt aufzusuchen.

Kassen müssen regelmäßig berichten

Nicht zulässig soll jedoch die Verarbeitung personenbezogener Daten ohne Einwilligung für die oben genannten Zwecken sein. Verboten bleibt den Kassen ebenfalls ausdrücklich der Eingriff in die ärztliche Therapiefreiheit sowie die Wahlfreiheit der Versicherten einzuschränken. 

Darüber hinaus verpflichtet das BMG den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einmal im Jahr, erstmals bis zum 30. Juni 2026, Auskunft zu geben, welche Auswirkungen diese Maßnahmen auf die Versorgung hatten und wie viele Versicherten konkret von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht haben.

Das GDNG ist auch vor dem Hintergrund europäischer Pläne zu betrachten. Denn die EU-Kommission schafft im Zuge des Europäischen Gesundheitsdatenraums, dem sogenannten European Health Data Space (EHDS), ebenfalls neue Rechtgrundlagen zur Datenverarbeitung. Voraussichtlich wird das Gesetzesverfahren aber erst im Sommer 2024 abgeschlossen sein. Darin wird es auch um das Opt-out-Prozedere gehen. Auch deshalb wird das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) zunächst beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelt, bis es später als eigene Institution agiert.

Zurück zum aktuellen GDNG-Entwurf: Darin bleibt die geplante Opt-out-Regel bestehen. Wer also dagegen ist, dass die Forschung  beziehungsweise das FDZ seine Gesundheitsdaten aus der elektronischen Patientenakte (EPA) in anonymisierter Form nutzen darf, muss dem aktiv widersprechen. Ein Widerspruch soll demnach aber leicht möglich sein.

Bei Missbrauch bis zu drei Jahre Haft

Weitere Änderungen hat das BMG im sogenannten Anwendungsbereich des geplanten Gesetzes vorgenommen. So sollen nun auch die Neu- und Weiterentwicklung von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie klinische Studien unter die »gemeinwohlorientierten Forschungszwecke« fallen. Angesichts dessen überrascht es nicht, dass das Ministerium den Begriff Leistungserbringer im neuen Entwurf auch gegen »datenverarbeitende Gesundheitseinrichtungen« austauschte. 

Erweitert ist in der Kabinettsvorlage ebenfalls das Thema Geheimhaltungspflichten bei der Datennutzung. Wer dagegen verstößt, findet nun auch entsprechende Strafvorschriften im Entwurf. Bei Missbrauch ist je nach Vergehen eine Freiheitsstrafe von bis drei Jahren möglich. 

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