BMG streitet Missachtung der Pressefreiheit weiter ab |
Gleich nach der Verkündung der Kooperation mit Google im November 2020 wurde Kritik laut. Das BMG soll sich in die Pressefreiheit eingemischt haben. / Foto: imago/PEMAX
Die Ankündigung des BMG gemeinsam mit dem IT-Riesen Google zu kooperieren, um das hauseigene Gesundheitsportal »gesund.bund.de« prominenter auf der vielgenutzten Suchmaschine zu präsentieren, schlug in den vergangenen Wochen hohe Wellen. Kritik wurde vor allem von Medienverbänden laut. Sie sahen dadurch die Diskriminierungs- und Wettbewerbsfreiheit von journalistischen Gesundheitsinformationen eingeschränkt. Auch der Chef des Wort & Bild Verlages, Andreas Arntzen, erklärte im Interview mit der PZ, warum dieses Vorhaben einen Eingriff in die Pressefreiheit darstellt. Ende vergangenen Jahres leitete die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein schließlich sogar ein medienrechtliches Verfahren gegen Google ein.
Gerätselt wurde auch über die Art und Weise des Zustandekommens der Kooperation. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP liefert nun Antworten – und wirft wieder neue Fragen auf. Die Kooperation, wurde zwar medienwirksam von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Google-Deutschland Chef Philipp Justus angekündigt. Sie basiere aber weder auf einer vertraglichen Beziehung noch in einem Dienstleistungsverhältnis, so heißt es in der Antwort der Regierung. Eine Ausschreibung zu dieser Kooperation habe es zudem nicht gegeben. Wörtlich wird dort erklärt: »Zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit und Google gibt es keine vertragliche Beziehung. Es gibt weder schriftlich noch mündlich eine Vereinbarung, die das Bundesministerium für Gesundheit oder Google verpflichtet.« So sei Google jederzeit frei, die Informationen des Nationalen Gesundheitsportals nicht mehr zu nutzen und stattdessen andere Informationen in die sogenannte Infobox einzustellen. Die Regierung bekräftigt zudem: »Dementsprechend erhält Google keinerlei Zahlungen durch das Bundesministerium für Gesundheit.« Ganz anders klang Spahn jedoch noch in der Pressekonferenz im vergangenen November, in der er Seite an Seite mit Justus stand und die neue Kooperation präsentierte.
Auf die Frage der FDP, ob die Kooperation eine Wettbewerbsverzerrung auf dem Pressemarkt darstelle, erklärt die Regierung, dass diese Verzerrung nicht bestehe. Das Nationale Gesundheitsportal sei demzufolge kein presserechtliches Erzeugnis, biete keine journalistisch gestalteten Beiträge und sei eng auf objektive Gesundheitsinformationen aus klar definierten Quellen begrenzt. »Weder das Nationale Gesundheitsportal selbst noch die Wiedergabe seiner Inhalte in Internetsuchmaschinen berühren den privatwirtschaftlichen Pressemarkt«, heißt es in dem Schreiben. Die Regierung verweist auf die Aufgaben des BMG, zu denen Informations- und Öffentlichkeitsarbeit im Gesundheitsbereich gehören. Das Nationale Gesundheitsportal sei zudem eine Folge des festgelegten Ziels im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD, eine staatliche Stelle für »zuverlässige Informationen« im Gesundheitsbereich zu schaffen. »Eine Kritik oder Benachteiligung privatwirtschaftlicher Presseerzeugnisse im Gesundheitsbereich ist damit nicht verbunden.«
In der gemeinsamen Pressekonferenz mit Google im November vergangenen Jahres kündigte Spahn an, dass es sich bei dieser Kooperation um eine Erstkooperation handeln würde. Der Minister erklärte damals: »Wir freuen uns über jeden anderen Suchdienst, der das genauso möglich macht und arbeiten natürlich auch zusammen.« Allerdings hat bisher jedoch keine »weitere große Suchmaschine neben Google« Interesse gezeigt, so heißt es in dem Schreiben. Andere Suchmaschinen haben demnach vermutlich auch kein Interesse an der harschen Kritik, die Google durch die Bevorzugung der Informationen aus staatlicher Stelle erfuhr.
Der FDP-Abgeordnete Wieland Schinnenburg, der die Anfrage an die Regierung stellte, erklärte dazu: »Die Antwort der Bundesregierung zeichnet ein diffuses Bild: Es gebe weder eine schriftliche noch eine mündliche Vereinbarung mit Google. Dazu passt nicht, dass der Minister noch im November 2020 gemeinsam mit Google-Europachef Philipp Justus auf der Bühne stand und die gemeinsame Zusammenarbeit lobte.« Es mache misstrauisch, dass die Pressemitteilung zur Kooperation vom 10. November 2020 aus dem Netz genommen wurde (Stand 18. Januar 2021), so der FDP-Politiker. Schinnenburg fordert, dass Spahn den Eindruck, er habe etwas zu verbergen, schnellstens ausräumen sollte.
Derweil hat die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein Google um eine Stellungnahme im Rahmen der medienrechtlichen Anhörung gebeten, so der Direktor der Medienanstalt, Thomas Fuchs, auf Nachfrage der PZ. Bis Mitte Februar habe Google damit Zeit, seine Position darzulegen. Im März könne demnach in einem Beschluss der Medienanstalten entschieden werden, ob die Vorgehensweise von Google diskriminierend gegenüber anderen Angeboten sei.