Bivalente Covid-19-Impfstoffe erhöhen den Schutz |
Theo Dingermann |
23.11.2022 16:30 Uhr |
Zu den angepassten Omikron-Boosterimpfstoffen liegen jetzt erstmals Daten aus der »echten Welt« aus den USA vor. / Foto: Shutterstock/VasiliyAndreev
Vier bivalente mRNA- basierte Coronaimpfstoffe, die neben einer mRNA für das Spike-Protein (S-Protein) des SARS-CoV-2-Wildtyp-Stamms noch zusätzlich eine mRNA enthalten, die entweder für das S-Protein der Omikron-Varianten BA.1 oder BA.4/BA.5 codiert, sind mittlerweile für den Einsatz bei verschiedenen Altersgruppen zugelassen. Zum Zeitpunkt der Empfehlung lagen Immunogenitätsdaten aus klinischen Studien nur für den Impfstoff Spikevax® bivalent Original/Omicron BA.1, dem an die BA.1-Variante angepassten Impfstoff der Firma Moderna, vor. Bezüglich der klinischen Wirksamkeit, also der Schutzwirkung vor einer symptomatischen Infektion, waren für keinen der vier Impfstoffe Daten verfügbar.
Jetzt erschien eine Vorabveröffentlichung einer Studie aus dem US-amerikanischen National Center for Immunization and Respiratory Diseases der Centers for Disease Control and Prevention (CDC), in der Daten zur Wirksamkeit der bivalenten an die Omikron-Varianten BA.4/BA.5 angepassten Impfstoffe im Rahmen einer Auffrischimpfung gegen eine symptomatische SARS-CoV-2-Infektion vorgestellt werden.
Die Gruppe um Dr. Ruth Link-Gelles hatte Daten aus dem sogenannten »Increasing Community Access to Testing (ICATT) for Covid-19« ausgewertet. Insgesamt waren die Ergebnisse von 360.626 Nukleinsäure-Amplifikationstests (NAAT) in die Studie eingeflossen, die vom 14. September 2022 bis 11. November 2022 in 9995 öffentlichen Apotheken bei Erwachsenen im Alter von mindestens 18 Jahren durchgeführt worden waren. Die getesteten Personen hatten zum Zeitpunkt des Tests Covid-19-ähnliche Symptome berichtet. Personen mit einem geschwächten Immunsystem wurden nicht eingeschlossen. Personen mit einem eindeutig positiven NAAT-Ergebnis wurden als »Fallpatienten« eingestuft. Als Kontrollgruppe fungierten die Personen, die ein negatives NAAT-Ergebnis hatten.
Die Forschenden ermittelten für Personen ab 65 Jahren eine relative Impfwirksamkeit (rVE) der bivalenten Auffrischungsdosis im Vergleich zu mindestens zwei monovalenten Impfstoffdosen von 28 Prozent, wenn die Personen ihre letzte Impfdosis mit dem ursprünglichen Impfstoff vor zwei bis drei Monaten erhalten hatten. Lag die letzte Impfung mindestens acht Monate zurück, zeigte sich eine relative Impfwirksamkeit von 43 Prozent. Bei den 50- bis 64-Jährigen betrug die geschätzte Wirksamkeit 31 Prozent beziehungsweise 48 Prozent und bei den 18- bis 49-Jährigen 30 Prozent beziehungsweise 56 Prozent, jeweils abhängig vom Zeitpunkt der letzten Impfung.
Die bivalenten mRNA-Impfstoffe bieten zusätzlichen Schutz vor Infektionen im Vergleich zu früheren Impfungen mit zwei, drei oder vier monovalenten Impfstoffdosen, resümieren die Forschenden. Zudem steigt der relative Nutzen einer Impfung mit einem bivalenten Impfstoff, wenn das Intervall zwischen der letzten Impfdosis und der Auffrischimpfung ausreichend groß gewählt wird.
Dass es ratsam ist, dem Immunsystem zur Affinitätsreifung ausreichend Zeit zu geben, in dem man den Abstand zwischen zwei Impfungen nicht zu kurz wählt, ist bereits länger bekannt und wird in dieser Studie bestätigt.
Es gibt allerdings auch Einschränkungen bei dieser Studie. Zum einen beziehen sich die Wirksamkeitsschätzungen natürlich nur auf einen kurzen Zeitpunkt, denn die bivalenten Booster wurden bekanntlich erst vor wenigen Monaten zugelassen. Aussagen darüber, wie lange der verbesserte Schutz vor Infektionen anhält, sind somit nicht möglich.
Zum anderen wurde auch nicht untersucht, wie effizient eine Auffrischimpfung mit den monovalenten Original-Impfstoffen im Vergleich zu den bivalenten, angepassten Impfstoffen ist. Schließlich besteht ein Schwachpunkt der Studie darin, dass sich die Forschenden bei der Auswertung der Daten darauf verlassen mussten, dass die eingeschlossenen Probanden ihre bisher erhaltenen Impfdosen und ihre Infektionshistorie korrekt kommunizierten.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.