Bispezifischer Antikörper Teclistamab verfügbar |
Annette Rößler |
27.09.2023 07:00 Uhr |
Unter der Therapie mit Teclistamab kann es infolge eines Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndroms (ICANS) zu einer Bewusstseinstrübung kommen. Wenn das der Fall ist, soll der Patient kein Fahrzeug führen oder gefährliche Maschinen bedienen.
Wirksamkeit und Sicherheit von Teclistamab wurden in der einarmigen, offenen Phase-I/II-Studie MajesTEC-1 untersucht (»New England Journal of Medicine« 2022, DOI: 10.1056/NEJMoa2203478). Teilnehmer waren 165 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplen Myelom und mindestens drei Vortherapien (median fünf Vortherapien). 78 Prozent der Patienten waren dreifach refraktär gegen einen Immunmodulator, einen Proteasom-Inhibitor und einen Anti-CD38-Antikörper.
Auf die Therapie mit Teclistamab sprachen 104 Patienten (63 Prozent) an, wobei 54 (33 Prozent) ein stringentes komplettes Ansprechen zeigten, elf (7 Prozent) ein komplettes Ansprechen, 32 (19 Prozent) ein sehr gutes partielles Ansprechen und sieben (4 Prozent) ein partielles Ansprechen. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 18,4 Monate.
Die häufigsten Nebenwirkungen aller Grade waren Hypogammaglobulinämie (75 Prozent der Patienten), Zytokin-Freisetzungssyndrom (72 Prozent), Neutropenie (71 Prozent), Anämie (55 Prozent) und weitere. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei 65 Prozent der Patienten auf, am häufigsten Pneumonie (16 Prozent), Covid-19 (15 Prozent), Zytokin-Freisetzungssyndrom (8 Prozent) und weitere.
Tecvayli ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C und im Originalkarton zu lagern. Vorbereitete Spritzen sollen sofort angewendet werden. Falls dies nicht möglich ist, können sie bis zu 20 Stunden bei Kühlschrank- oder Raumtemperatur (15 bis 30 °C) gelagert werden.
Eine Reihe neuer Medikamente gegen das bisher unheilbare multiple Myelom ist in den vergangenen Jahren auf den Markt gekommen. Eine Zielstruktur der verfügbaren Therapeutika ist das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA), das auf der Oberfläche von Myelomzellen exprimiert wird. Auf dem Markt gibt es bereits CAR-T-Zelltherapeutika, die BCMA adressieren.
Auch der neue bispezifische Antikörper Teclistamab zielt auf BCMA ab. Mit einem zweiten »Arm« bindet Teclistamab an den CD3-Rezeptor auf der Oberfläche von T-Zellen. So werden Myelom- und T-Zellen zusammengebracht, was letztlich zum Tod der Myelomzellen führt. Ein gewisser Innovationswert ist Teclistamab damit nicht abzusprechen, sodass es vorläufig als Schrittinnovation bezeichnet werden kann. Auch die Ergebnisse der zulassungsrelevanten Studie bei den stark vorbehandelten Patienten sind als positiv zu bewerten.
Direkte Vergleiche mit den BCMA-gerichteten CAR-T-Zelltherapeutika wären natürlich wünschenswert, um eine noch bessere Einordnung vorzunehmen. Ein Vorteil von Teclistamab gegenüber den CAR-T-Zellen ist sicherlich, dass der hohe logistische und zeitliche Aufwand, bis die Zellen fertiggestellt sind, bei der subkutanen Antikörpergabe wegfällt. Die Einführung von Teclistamab ist ferner positiv zu bewerten, da sich die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) kürzlich gegen eine Verlängerung der bedingten Marktzulassung des Antikörper-Wirkstoff-Konjugats Belantamab-Mafodotin ausgesprochen hat und dieses ebenfalls gegen BCMA gerichtete Medikament dann vermutlich bald nicht mehr im Handel ist.
Sven Siebenand, Chefredakteur