Bispezifische Antikörper von der Stange? |
Theo Dingermann |
13.11.2024 14:00 Uhr |
Neoantigene kommen ausschließlich auf Krebszellen vor. Das selektive Vorkommen versucht man, therapeutisch zu nutzen, indem man das Immunsystem durch aktive Immunisierung (Impfung) gezielt gegen diese einzigartigen Strukturen richtet. / © Adobe Stock/peterschreiber.media
Um das Immunsystem auf einen Tumors ansetzen zu können, ist es wichtig, dass spezifische zytotoxische T-Zellen entstehen, die den Tumor erkennen. Die Bildung und Proliferation dieser T-Zellen wird vor allem auch durch Neoantigene (neu auftretende Proteinfragmente) bewirkt, die in Folge von Mutationen in den Tumorzellen gebildet werden.
Diese Überlegung motivierte Forschende an der Universität Uppsala und dem KTH Royal Institute of Technology in Schweden, neuartige bispezifische Antikörper zu entwickeln, die zum einen an das CD40-Oberflächenantigen von antigenpräsentierenden Zellen binden und zum anderen mit einem tumorspezifischen Peptid ausgestattet sind, das sich von einem Neoantigen ableitet. Auf diese Weise wird das tumorspezifische Peptid an antigenpräsentierende Zellen herangeführt, wo in der Folge tumorspezifische T-Zellen aktiviert werden. In einer Publikation, die jetzt im Fachjournal »Nature Communications« erschien, beschreiben Forschende um Aman Mebrahtu die Entwicklung dieser neuen Antikörper als Präzisionstherapeutika in der Tumortherapie.
Hierfür suchten die Forschenden zunächst einen Antikörper, der CD40 aktiviert. Um diesen mit einem tumorspezifischen Peptid ausstatten zu können, koppelten sie ein weiteres kleines Antikörperfragment (single chain Fv; scFv) an den Antikörper. Dieses bindet eine definierte Proteinstruktur (pTag). pTag wiederum ist Teil eines Fusionsproteins mit einem Neoantigenanteil. So lassen sich sehr leicht Fusionsproteine mit verschiedenen tumorspezifischen Neoantigenen an den Antikörper koppeln.
Im Rahmen einer Tumortherapie wird der neu konstruierte Antikörper zunächst über die CD40-Spezifität an dendritische Zellen dirigiert, die das CD40-Trimer aus dem MHC-I-Komplex exponieren. Dort werden dann über die tumorspezifischen Peptide sehr effizient spezifische CD8+ T-Zellen aktiviert, was schließlich zu einer robusten spezifischen Antitumor-Immunantwort führt. Somit wird durch diese doppelte Bindungsfähigkeit eine lokale Immunaktivierung innerhalb der Mikroumgebung des Tumors erreicht, wodurch Nebenwirkungen außerhalb des Zielbereichs potenziell reduziert und die therapeutische Wirksamkeit verbessert werden.