BGH-Urteil zu Rx-Boni – 5 Szenarien |
Alexander Müller |
15.07.2025 16:00 Uhr |
Der Bundesgerichtshof (BGH) muss sich erneut mit der Preisbindung von Arzneimitteln befassen. / © IMAGO/imagebroker
Das Verfahren hat eine lange Geschichte: Der Versender Wellsana, der später komplett von Doc Morris übernommen wurde, gewährte 2012 Rx-Boni von bis zu neun Euro pro Rezept. Später wurde der Rabatt gewährt, wenn die Kunden einen Arzneimittelcheck absolvierten. Der Bayerische Apothekerverband (BAV) ging gegen beide Boni vor und bekam 2014 vom Landgericht München I recht.
Das Oberlandesgericht München (OLG) setzte das Berufungsverfahren 2015 aus, weil ein anderer Bonusstreit schon beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) lag. Die Luxemburger Richter entschieden dann 2016, dass sich ausländische Versender nicht an die deutschen Preisvorschriften halten müssen.
Das OLG setzte das Verfahren 2017 fort, doch die Richter machten es sich nicht leicht und holten eine Stellungnahme der Bundesregierung ein. Danach hielt das OLG München die Regelung für geeignet und verhältnismäßig sowie von der weiten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers gedeckt. Mit anderen Worten: Der EuGH habe nicht genau genug hingesehen. Im März 2024 entschied das OLG, dass die Boni sowohl gegen das alte Boni-Verbot nach §78 Arzneimittelgesetz (AMG) in Verbindung mit der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) verstoßen als auch gegen die neue Regelung in § 129 Sozialgesetzbuch V (SGB V) verstoßen.
DocMorris ging in Revision, am 7. Mai wurde in Karlsruhe verhandelt. Der Vorsitzende Richter stellte klar, dass man sich mit der alten Rechtslage befassen müsse – also der AMG-Regelung. In der mündlichen Verhandlung wurden Zweifel der Karlsruher Richter deutlich, ob die Begründung des Gesetzgebers wirklich ausreicht, um das Boniverbot zu rechtfertigen. Wiederholt wurde auf »harte Fakten« verwiesen, die vorliegen müssten, um den Einfluss des Preiswettbewerbs auf die Apothekendichte und damit die Arzneimittelversorgung zu rechtfertigen.
A) Der BGH bestätigt das Urteil des OLG München und erklärt Rx-Boni für unzulässig. Das ist nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.
B) Der BGH verweist die Sache zurück an das OLG. Wenn aus Sicht der Karlsruher Richter noch Fragen offen sind, die über eine rechtliche Bewertung hinausgehen, besteht die Chance der Zurückverweisung. Dann würde wieder in München verhandelt, beide Seiten könnten ihre Argumente für und gegen die Preisbindung vortragen.