Pharmazeutische Zeitung online
Neue PZ-Serie

Betäubungsmittel im Fokus

In Deutschland verpflichten viele Rechts- und Sicherheitsbestimmungen alle Beteiligten am Verkehr mit Betäubungsmitteln zu einem sachgerechten Umgang mit den stark wirksamen Substanzen. Einen Überblick über die Gesetzeslage liefert die neue PZ-Serie Betäubungsmittel im Fokus.
Ute Stapel
16.03.2020  09:00 Uhr

Schlagzeilen wie »»Opioidkrise in den USA«, »Risiken der starken Schmerzmittel« oder auch »Zwischen Sucht und Heilung« beschäftigen die Presse. Das wirft Fragen auf: Wie sieht es hier in Deutschland aus? Kann es auch hierzulande zu leichtfertigen Verordnungen kommen? Welche rechtlichen Kontrollmaßnahmen und Reglementierungen sind verankert, um die Sicherheit rund um das Betäubungsmittel (BTM) zu gewährleisten?

Stark wirksame Arzneimittel wurden seit Jahrtausenden zur Behandlung und Linderung von Krankheiten eingesetzt. In früheren Zeiten wurden Pflanzen, Pflanzenteile oder auch Opium verwendet. Später mit der Isolierung der Alkaloide aus der Pflanze, zuerst durch Friedrich Wilhelm Sertürner (1804/1805), beginnt die Entwicklung zur Synthetisierung neuer stark wirksamer Substanzen. Nutzen und Risiko dieser Arzneimittel liegen jedoch eng beieinander, denn alle diese Stoffe und Zubereitungen haben ein gewisses Suchtpotential. Diese suchtauslösende oder auch psychotrope Wirkung führt oftmals zur missbräuchlichen Verwendung. Mit strengen rechtlichen Vorgaben wird deshalb der legale Verkehr mit diesen Arzneimitteln, die als BTM eingestuft sind, reglementiert.

Bereits vor mehr als 100 Jahren waren diese Gefahren bekannt und viele Staaten verabschiedeten im Jahr 1920 mit der Haagener Konvention ein erstes Suchtstoffabkommen. Sie vereinbarten, Handel und Produktion von Cocain und Opium gesetzlich zu regeln. Auch Deutschland trat der Haagener Konvention bei und verabschiedete 1920 das erste Opiumgesetz. Dieses wurde aus völkerrechtlichen Gründen im Jahr 1929 von einem modifizierten Opiumgesetz abgelöst.

Das erste Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln stammt aus dem Jahr 1971. Zehn Jahre später erfolgte eine Neuordnung des Betäubungsmittelrechts. Neben einer Strafverschärfung für schwere Rauschgiftkriminalität zur Eindämmung des illegalen Rauschgifthandels machte es Straferleichterungen für kleinere und mittlere Rauschgiftdelikte möglich, nach dem Prinzip »Therapie vor Strafe«.

Sicherheit gewährleisten

Die deutsche Gesetzgebung wird zudem durch internationale Bestimmungen beeinflusst. Ergänzungen und Anpassungen in den Betäubungsmittel-Listen basieren auf den Empfehlungen der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen der internationalen Suchtstoffkontrolle. Seit 1971 sind auch psychotrope Stoffe dem BTM-Recht unterstellt. Am 1. März 1995 trat das Grundstoffüberwachungsgesetz (GÜG) in Kraft. Es regelt den Verkehr mit Grundstoffen, die für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln missbraucht werden können. Auf nationaler Ebene ist die Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für den BTM-Verkehr zuständig.

Ziel des Betäubungsmittelgesetzes ist es, die notwendige Versorgung mit Betäubungsmitteln für arzneiliche Zwecke zu sichern und den Verkehr so zu regeln, dass deren Sicherheit und Kontrolle gewährleistet ist. Dies wird mit einem generellen Erlaubnisvorbehalt und umfassenden Dokumentationsverpflichtungen auf allen Ebenen erreicht. Jeglicher Verkehr mit Betäubungsmitteln ist an eine behördliche Erlaubnis (personen- und raumgebunden) geknüpft, jede Weitergabe in der Handelskette bis zum Patienten hin muss lückenlos dokumentiert werden.

Das Betäubungsmittelrecht ist lex specialis, sogenanntes Sonderrecht, und gehört allgemein zum Sicherheitsrecht mit strengen Rechtsnormen. Das bedeutet, dass alle anderen gesetzlichen Regelungen wie zum Beispiel das Arzneimittelrecht untergeordnet sind. Die Einhaltung der komplexen rechtlichen Bestimmungen unterliegt der behördlichen Überwachung, zahlreiche Vorschriften sind strafbewehrt.

Im Betäubungsmittelgesetz (BTMG) sind die Grundregeln für den Verkehr mit Betäubungsmitteln verankert. Einige wichtige Regelungen für den Apothekenbetrieb sollen kurz betrachtet werden.

Definition

Betäubungsmittel sind die in den Anlagen I bis III des BTMG aufgeführten Stoffe und Zubereitungen, die aufgrund ihrer Wirkungsweise und vor allem mit Blick auf ihr Suchtpotenzial der Sicherheit und Kontrolle des BTM-Rechts unterstellt werden. In der Anlage I sind Stoffe mit hohem Missbrauchspotenzial, Rauschmittel und Designer-Drogen erfasst. Die Stoffe der Anlage II sind BTM, Ausgangsstoffe und Zwischenprodukte, für die vom BfArM Verkehrserlaubnisse erteilt sind, die aber dennoch nicht verordnet werden dürfen. Die in der Anlage III gelisteten Betäubungsmittel dürfen von Humanmedizinern, Zahn- und Tierärzten verordnet werden, jedoch nur als Zubereitung, also als Fertigarzneimittel oder Rezeptur. Eine Ausnahme stellt Cannabis dar, das auch in Form von getrocknete Blüten abgabefähig ist.

Zudem werden Regelungen zu den sogenannten ausgenommenen Zubereitungen getroffen. Die Wirkstoffe sind Betäubungsmittel, unter anderem viele Benzodiazepine. Sie sind jedoch in bestimmten Fällen oder auch Konzentrationen von den betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen ausgenommen, das heißt, sie können auf einem normalen Rezept verordnet werden. Rechtlich ist somit der Wirkstoff bis zu dem festgelegten Grenzwert ein Arzneimittel. Wird der Grenzwert überschritten, unterliegt er dem BTM-Recht.

Eine besondere Ausnahme ist zu beachten: Ausgenommene Zubereitungen von Codein und Dihydrocodein, die für betäubungsmittelabhängige oder alkoholabhängige Personen verschrieben werden, müssen auf BTM Rezept verordnet werden. Dies gilt auch zum Beispiel bei der Verordnung eines codeinhaltigen Schmerzmittels vom Zahnarzt.

Die BTM-Verordnung

Verschreibung und Abgabe sind an gesetzliche Regelungen gebunden, die in der BTM-Verschreibungsverordnung festgehalten sind. So dürfen Betäubungsmittel bekanntlich nur auf einem BTM-Rezept, mit Ausnahme der Notfallverschreibung, verordnet werden. Im Krankenhaus erfolgt aus Sicherheitsgründen die Verordnung auf BTM-Anforderungsscheinen. Diese gelten für den Stationsbedarf eines Krankenhauses oder einer Klinik sowie für den Rettungsdienst, den Notfallvorrat in Hospizen und in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung. Ärzte können BTM-Rezepte und BTM-Anforderungsscheine bei der Bundesopiumstelle bestellen. Sie sind mit einer aufgedruckten Nummer stets dem verantwortlichen Arzt zugeordnet. Der Arzt muss seine BTM-Rezepte diebstahlsicher aufbewahren und vor Missbrauch schützen. Ein Zugriff Unbefugter muss durch geeignete Sicherungsmaßnahmen verhindert werden.

Der Arzt darf Betäubungsmittel zudem nur verschreiben, wenn die Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Dies gilt grundsätzlich auch bei der Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit. Die BTM-Verschreibungsverordnung verpflichtet den Arzt, seine Entscheidung, Betäubungsmittel zur Therapie einzusetzen, in jedem Fall kritisch im Hinblick auf das therapeutische Ziel zu hinterfragen. Der Arzt macht sich strafbar, wenn er BTM verschreibt, die therapeutisch nicht indiziert sind.

Gleichzeitig dürfen diese strengen rechtlichen Vorgaben die notwendige Behandlung der Patienten nicht beeinträchtigen. Deshalb wurden mit den letzten Änderungen der BTM-Verschreibungsverordnung auch Erleichterungen zum Ausstellen der Rezepte wie auch besondere Ausnahmebestimmungen für die Versorgung von palliativen Patienten aufgenommen.

Strafbar macht sich auch, wer zum Beispiel als Patient beim Arzt unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder andere ein BTM-Rezept zu erlangen. 


 

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa