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Lafers gesunde Küche

»Besser drei Löffel statt drei Bällchen Eis«

Gesunde Gerichte müssen gut schmecken und ohne großen Vorbereitungsaufwand zuzubereiten sein: Nur so kann eine gesunde Art des Kochens in die Alltagsküche Einzug halten, wirbt Spitzenkoch Johann Lafer für seine »Medical Cuisine« bei einer Veranstaltung der Presseclubs Mainz und Wiesbaden.
Elke Wolf
12.11.2021  10:00 Uhr

Man ist, was man isst. Dass eine ausgewogene Ernährung der Gesundheit zuträglich ist, hat Johann Lafer am eigenen Leib erfahren. Gesundheitliche Einbußen infolge schwerer Kniegelenksarthrose veranlassten ihn zwei Jahre lang zu einer veganen Ernährungsweise. »Gesundheitlich brachte mir das einen erheblichen Benefit, aber die Zeit war enorm schwierig durchzuhalten. Zu wenig Freude und zu wenig Genuss bot mir die Nahrungszubereitung und das Essen. Und deshalb musste es bei mir dennoch an Festtagen wie Weihnachten und Ostern einfach Fleisch geben.«

Befeuert werden entzündliche Prozesse durch den Verzehr von Arachidonsäure aus tierischen Lebensmitteln, die dem Körper als Ausgangsprodukt für proentzündliche Prostaglandine und Leukotriene dient. Bei Vegetariern und Veganern finden sich niedrige Arachidonsäurespiegel im Blut. »Die Daten für eine vegane Ernährungsweise und weniger Entzündungsprozesse sind recht gut. Die Entzündungen sind aber nicht nur für Arthrose von Belang, sondern auch für das Herz-Kreislauf-System negativ. Denn durch proinflammatorische Prozesse entsteht eine gewisse Gefäßsteifigkeit«, bestätigte Professor Dr. Thomas Münzel vom Zentrum für Kardiologie am Mainzer Universitätsklinikum. »Wer nach dem Motto ›Alles unter 500 Gramm ist Carpaccio‹ lebt, sollte das dringend überdenken«, ergänzte Lafer.

Was dem aus Funk und Fernsehen bekannten Koch fehlte bei seinem zweijährigen Ausflug in die vegane Ernährungsweise, war der Genuss. Verbote und Verzicht seien langfristig der falsche Weg. »Von meiner Zeit auf der Stromburg weiß ich, dass so mancher wenige Wochen nach einer Schrothkur in Oberstaufen zu mir ins Restaurant kam, um sich verwöhnen zu lassen.« Er ist der festen Überzeugung, dass sich eine gesunde Ernährung nur dann langfristig in den Alltag integrieren lässt, wenn sie auch lecker schmeckt und man sie jeden Tag auch essen möchte. Deshalb hat er zusammen mit Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl verschiedene Lieblingsgerichte der Deutschen von Bolognese über Kohlrouladen bis hin zum Kaiserschmarrn neu interpretiert, indem sie bei den Zutaten »ein bisschen ab- und zugegeben« haben.

Die bekannten Speisen garantieren, dass sie den allermeisten schmecken. Lafer: »So holen wir die Menschen dort ab, wo sie stehen, bei den Mahlzeiten, die sie kennen und mögen. Denn nur wenn Rezepte auf dem basieren, was man durch die persönliche kulinarische Prägung von Kindheit an gewohnt ist, möchte man sie auch umsetzen. Und das wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass die Ernährungsumstellung dauerhaft durchgehalten wird.«

Ab- und zugeben

Klar: »Eine Bolognese lässt sich nicht in eine Gemüsepfanne verwandeln«, wurde der Spitzenkoch konkret. »Dennoch gibt es die Möglichkeit, eine Bolognese gesünder zu gestalten, ohne ihre spezifischen Eigenarten aufzugeben. So genügt in einer Bolognese schon die Hälfte an Hack (am besten mageres Rindfleisch), um den geliebten und gewohnten Geschmack zu erhalten. Den Rest ersetze ich, indem ich den Gemüseanteil erhöhe und rote Linsen verwende. Statt 80 Gramm Spaghetti tun es auch die Hälfte, die Sie mit Zucchini-Streifen ergänzen. Und in einer Lasagne lassen sich die Nudelplatten zur Hälfte ganz leicht durch dünne Kohlrabischeiben ersetzen.«

Auch für das Hack in Kohlrouladen hat Lafer einen Tipp: die Hälfte durch Haferflocken und Magerquark ersetzen. Auf diese Weise steigt in den Gerichten der Anteil an Gesundem, ohne dass man es geschmacklich überhaupt bemerkt – und wenn doch, dann nur positiv. »Das schmeckt genauso lecker, locker und leichter.« Dazu bringen wertvolle Toppings eine Extraportion Geschmack und Gesundheit in die Rezepte – wie ein Esslöffel Leinöl im Kartoffelsalat oder eine Handvoll gehackte Nüsse auf dem Milchreis.

Auch simpel: Zum Anbraten nicht immer Butter verwenden, sondern pflanzliches Rapsöl mit Buttergeschmack. Noch eine Zubereitungsidee vom Profi, um den Butterkonsum einzuschränken: Nudeln wie ein Risotto statt in Salzwasser in einem Gemüsefond kochen. Etwas Brühe abnehmen und anschließend mit wenig Butter mit einem Mixstab verquirlen. »Diese sämige Emulsion ist ein gesünderer und leckerer Ersatz für das Schwenken der Nudeln in reiner Butter.«

Das Maß ist der Weg

Die Erhöhung der Eiweißmenge durch mehr Gemüse »ganz nebenbei« halten die Ernährungsexperten für wesentlich. Eiweiß ist für den Körper und Gesundheit von zentraler Bedeutung und auch das Sättigungsempfinden hängt entscheidend von einer Mindestmenge an Proteinen ab. »Erst wenn man genug davon gegessen hat, kippt der Schalter von ›hungrig‹ auf ›satt‹. Umgekehrt bedeutet das: Ist ein Lebensmittel arm an Eiweiß, veranlasst es, mehr davon zu essen, um satt zu werden. Dies ist eine Erklärung dafür, warum Fertigprodukte schnell zum Verhängnis werden. Sie enthalten nämlich kaum Protein, dafür aber jede Menge Zucker und Fett.«

In diesem Zusammenhang verwies Kardiologe Münzel auf die Effektivität des Intervallfastens: »Wer die nächtliche Essenspause auf 12, idealerweise auf 16 Stunden ausdehnt, nimmt in drei Monaten etwa fünf Kilo ab. Wer seinen Speiseplan dabei noch gesund gestaltet und Zwischenmahlzeiten weglässt, der punktet gleich doppelt. Zwischen den Mahlzeiten sollten am besten vier Stunden liegen.« Ohnehin ist das richtige Maß entscheidend. Lafer: »Dass ein Burger oder die Currywurst gut schmecken, steht außer Frage. Aber nicht jeden Tag. Auch bei einem Eis wählt man am besten nur drei Löffel statt drei Bällchen und leckt es mit Genuss.«

Die Strategie, in der Ernährung die Menge an (pflanzlichem) Eiweiß und ungesättigten Fettsäuren zu erhöhen und dafür weniger Kohlenhydrate auf den Tisch zu bringen, hat auch einen ökologischen Benefit. »Um beispielsweise ein Kilo Rindfleisch herzustellen, benötigt ein Landwirt 15.000 Liter Wasser und knapp 50 Quadratmeter Ackerfläche – für ein Kilo Kartoffeln dagegen braucht er nur 100 Liter Wasser und 0,25 Quadratmeter Land. Hinzu kommt: Während Rinder das klimaschädliche Methan produzieren, entziehen Pflanzen der Atmosphäre das Treibhausgas Kohlendioxid, unter anderem, um daraus über die Fotosynthese Energie zu gewinnen«, rechnen die Ernährungsexperten vor.

Mehr Wertschätzung

Fertigprodukte und Imbissgerichte haben über die vergangenen Jahrzehnte in der alltäglichen Küche einen solchen Siegeszug hingelegt, dass die allerwenigsten Menschen überhaupt noch wissen, wie sich gute Gerichte aus natürlichen Zutaten zubereiten lassen. Und was Genuss überhaupt bedeutet. Lafers Erfahrungen in Kindergärten und Schulen sprächen da Bände. »Wie sollen die Kinder wissen, wie eine gute Tomatensoße schmeckt, wenn sie nie eine gute gegessen haben? Sie darf nicht so wässrig schmecken wie die im Krankenhaus. Sie muss Fruchtfleisch enthalten.« Hier sieht Lafer die Eltern in der Pflicht. »Eltern müssen den Kindern gesunde Ernährung vorleben, dazu müssen sie gemeinsam kochen. Alles, was mit Ernährung zu tun hat, gehört zur Bildung. Ich würde auch in der Grundschule das Fach Ernährungslehre als sehr wichtig erachten.«

In der Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns sieht Lafer auch einen angenehmen Nebeneffekt: Sie sorgte für einen Boom beim Selbstkochen. Die Umsätze für Lebensmittel sind um etwa ein Drittel gestiegen. »Wir nehmen uns wieder mehr Zeit zum Selbstkochen, Online-Kochkurse und Koch-Apps stehen hoch im Kurs. Das Essen hat wieder mehr Wertschätzung erfahren.«

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