Besondere Verantwortung des Gesundheitssektors |
Melanie Höhn |
14.03.2024 13:00 Uhr |
Angesichts der auch in Deutschland bereits jetzt schon erkennbaren und erwartet zunehmenden vielfältigen gesundheitlichen Folgen des Klimawandels trägt der Gesundheitssektor laut Deutschem Ethikrat eine besondere Verantwortung. / Foto: Adobe Stock/Stratocaster
Die Bewältigung des Klimawandels und seiner Folgen ist laut Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, eine gesellschaftliche Mammutaufgabe: Wie können dabei die Lasten gerecht verteilt werden? Wer trägt die Verantwortung? »Da sind alle gefragt – Parteien, Zivilgesellschaft, Medien, Wissenschaft – um neue Perspektiven für ein gutes Leben in einer nachhaltigen und klimaneutralen Gesellschaft ohne weiteres Wachstum von Konsum und Ressourcenverbrauch zu entwerfen, sagte Buyx im Rahmen der Vorstellung einer am gestrigen Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme des Deutschen Ethikrats zur Klimagerechtigkeit.
Darin entwickelt der Rat ein Konzept, wie Lasten und Pflichten im Kampf gegen den Klimawandel so verteilt werden, dass möglichst alle Menschen jetzt und in Zukunft die Mindestvoraussetzungen für ein gutes und gelingendes Leben erreichen können. »Die Bedürfnisse von Menschen, die davon noch am weitesten entfernt und am stärksten vom Klimawandel belastet sind, sollten dabei vorrangig berücksichtigt werden«, heißt es in der Stellungnahme.
Eine ungebremste weitere Erderwärmung hätte katastrophale Folgen, bereits jetzt häuften sich Extremwetterereignisse wie Starkniederschläge, Überschwemmungen, Hitzewellen und Dürren. Die Zerstörung menschlicher Lebensgrundlagen könne mittelbare Schäden wie Armut, Hungersnot und Flucht nach sich ziehen. Auch die menschliche Gesundheit sei durch Hitze, aber auch durch die Ausbreitung von Krankheitserregern und klimawandelbedingte psychische Belastungen gefährdet. Die Pharmacists for Future haben auf die wichtige Rolle von Apothekerinnen und Apothekern beim Hitzeschutz hingewiesen. Gesundheitlicher Hitzeschutz müsse zu einer verpflichtenden Aufgabe auch in Apotheken werden. Damit Apothekenteams Patientinnen und Patienten zum Thema Hitze beraten können, stellt die ABDA Informationsmaterialien dazu bereit.
Angesichts der auch in Deutschland bereits jetzt schon erkennbaren und erwartet zunehmenden vielfältigen gesundheitlichen Folgen des Klimawandels trägt der Gesundheitssektor laut Ethikrat eine besondere Verantwortung, auf diese Herausforderungen zu reagieren und Schutzmaßnahmen umzusetzen. »Der Gesetzgeber sollte die Regeln und die Ressourcenverteilung des Gesundheitssystems so ändern, dass bei der Regulierung, Steuerung und Organisation des Gesundheitswesens Fragen der Klimaanpassung besondere Aufmerksamkeit erhalten«, heißt es in einer der 13 Empfehlungen des Ethikrats.
Die gerechte Verteilung der Verantwortung für Klimaschutzmaßnahmen sei vornehmlich eine staatliche Aufgabe. Bei deren Erfüllung müssten auch Unternehmen und andere private kollektive Akteure deutlich stärker in die Pflicht genommen und durch entsprechende Rahmenbedingungen unterstützt werden. »Der bislang weit verbreitete Fokus auf die individuelle Verantwortung von Einzelpersonen wird der Problemlage nicht gerecht. Individuelle Entscheidungsfreiheit wird immer auch mitbestimmt durch gemeinsames Handeln vieler und wesentlich von politischen Rahmenbedingungen geprägt« so der Rat. Deshalb seien klare gesetzliche Regelungen notwendig, um Individuen klimafreundliches Handeln zu erleichtern.
Die Politik müsse die gesellschaftlichen Verhältnisse und rechtlichen Rahmenbedingungen so gestalten, dass emissionsärmeres Verhalten ohne unzumutbare persönliche oder unternehmerische Belastungen möglich sei und dass Lasten gerecht verteilt würden. Zudem müsse die Politik bessere Rahmenbedingungen schaffen, die Individuen und Unternehmen klimafreundliches Handeln erleichtern und die Belange junger und zukünftiger Menschen stärker berücksichtigen. Gleichzeitig verweisen die Empfehlungen auf die individuelle moralische Mitwirkungspflicht aller Menschen, zur Bewältigung des Klimawandels im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zu leisten.
»Wer leistungsfähiger ist – und möglicherweise auch mehr zum Klimawandel beiträgt – muss mehr Verantwortung übernehmen und stärker in Vorleistung gehen«, betonte Armin Grunwald, stellvertretender Sprecher der Arbeitsgruppe zur Klimaethik. »Das betrifft sowohl Länder und Unternehmen als auch einzelne Menschen. In Anbetracht der außerordentlich schwerwiegenden Folgen einer ungebremsten globalen Erderwärmung wäre es geradezu unverantwortlich, erst aktiv zu werden, wenn andere nachziehen.«