Berufsbild im Wandel |
Kerstin A. Gräfe |
09.05.2025 14:00 Uhr |
Krankenhausapotheker sind heutzutage intensiv in viele Bereiche eingebunden, nicht zuletzt in die Arzneimittelanamnese und Therapie des Patienten. / © Adobe Stock/Jacob Lund
»Alles fließt und nichts bleibt, es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln.« Mit dem Zitat des griechischen Philosophen Heraklit leitete Krämer den Vortrag ein. Tradition und Innovation seien in der Krankenhauspharmazie kein Widerspruch, so die Direktorin der Apotheke an der Universitätsmedizin Mainz. Vielmehr seien beide an der Erfolgsgeschichte der Krankenhausapotheker beteiligt und es sei wichtig, ein Gleichgewicht zwischen beiden zu haben.
Wie sich das Berufsbild von seinen Anfängen bis heute gewandelt hat, beleuchtete Hoppe-Tichy, Chefapotheker am Universitätsklinikum Heidelberg, anhand von mehreren Beispielen. Damals seien erste, mutige Apotheker auf Station gegangen, sagte der Krankenhausapotheker und spielte damit auf seine Kollegin Krämer an. 1989 wurden die ersten Zyto-Abteilungen aufgebaut und die Klinische Pharmazie vorangetrieben. Von Plausibilitätsprüfungen sei man zu dem Zeitpunkt noch meilenweit entfernt gewesen.
Professorin Dr. Irene Krämer / © Avoxa/Matthias Merz
Früher hätten Krankenhausapotheker lediglich Anforderungen von den Stationen erhalten ohne Kenntnis darüber, für welchen Patient sie gedacht sind. Heute seien Apotheker auf Station intensiv in die Arzneimittelanamnese und Therapie des Patienten eingebunden. »Wir stehen jetzt ganz anders da«, so der Referent. Jeder Patient komme zunächst zum Stationsapotheker und danach erst zum Anästhesisten. »Weil wir das vorbereiten, was der Anästhesist wissen muss.« Dazu zählen zum Beispiel Therapievorschläge, Switch auf die Hausliste, Pausieren und Therapieanpassungen.
»Wir haben ganz andere Einflussmöglichkeiten auf die ärztliche Verordnung, die im Übrigen von den Ärzten auch sehr geschätzt werden«, resümierte Hoppe-Tichy. Die Krankenhausapotheker müssten sich dieser Rolle bewusst sein und auf diesem Weg verantwortungsbewusst weitergehen. Dies gelte auch für andere Bereiche wie Plausibilitätsprüfung, Validierung, therapeutisches Drug Monitoring sowie die Arzneimittelinformation. Damit dieser Prozess gelingt, bedarf es künstlicher Intelligenz (KI), ist sich Hoppe-Tichy sicher: »Wir brauchen lernende Systeme«. Er betonte, dass dafür flächendeckende Register notwendig seien.
Innovationen gab es auch in vielen anderen Bereichen wie in der Arzneimittellogistik und -herstellung sowie in der digitalen Verteilung. Krämer nannte beispielhaft den 3D-Druck für Oralia sowie die Unit-Dose- und Single-Dose-Distribution. Auch Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP) seien keine Zukunftsmusik mehr. Dafür brauche es aber eine integrierte Verordnungs- und Herstellungssoftware. »Es geht nicht ohne Digitalisierung«, betonte auch Krämer.
Dr. Torsten Hoppe-Tichy / © Avoxa/Matthias Merz
Eine wichtige Rolle nehmen die Krankenhausapotheker heutzutage auch in der klinischen Forschung ein. Sie seien unverzichtbare Partner bei uni- und multizentrischen Studien. »Viele der Hersteller-initiierten Studien wären nicht möglich, wenn wir sie nicht vorantreiben würden«, konstatierte Hoppe-Tichy. »Wir sind Naturwissenschaftler und müssen das auch immer bleiben.« Sein Wunsch für die Zukunft: »Wir müssen Innovationstreiber sein – und zwar alle.« Er forderte dafür eine gewisse Risikobereitschaft ein und appellierte an seine Kollegen: »Wir müssen auch im Forschungsbereich viel stärker miteinander kooperieren.« Zugleich müssten erfolgreiche Modelle auch schneller in anderen Krankenhausapotheken implementiert werden.
»Bleiben Sie produktiv und innovativ«, wünschte sich auch Krämer. Es müsse einen geordneten Übergang von der Tradition zur Innovation geben. Insofern sei es wichtig, integrativ zu sein. Apotheker seien im Krankenhaus an vielen Stellen auch Bindeglied, so die Referentin. Ihr größter Wunsch lautete aber: »Bleiben Sie empathisch.«