Beratung zur »Pille danach« in drei Schritten |
Seit dem OTC-Switch 2015 der Pille danach haben Apotheker eine besondere Verantwortung bei der Beratung und Abgabe rezeptfreier Notfallkontrazeptiva übernommen. Eine rechtzeitige Einnahme und eine ausreichende Aufgeklärtheit der Frau sind Voraussetzung für eine wirksame und sichere Anwendung. / Foto: Adobe Stock/cinematri
Bei der Abgabe muss das pharmazeutische Personal überprüfen, ob eine Einnahme sinnvoll und sicher ist. Grundsätzlich wird die Abgabe nur an die betroffene Frau mit persönlicher Beratung empfohlen. Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat dazu Handlungsempfehlungen herausgegeben. Danach gibt es zehn Fragen, die bei der Abgabe der Pille danach gestellt werden sollten:
Stellt sich während der Beratung heraus, dass eine Abgabe nicht infrage kommt, sollte das pharmazeutische Personal der Kundin zu einem Besuch beim Gynäkologen raten. Dieser kann im Zweifelsfall oder auch wenn das Einnahmefenster für die Pille danach überschritten ist, eine Kupferspirale einsetzen. Das gilt als die sicherste Form der Notfallverhütung.
Um das geeignete Präparat in der Offizin wählen zu können, braucht das pharmazeutische Personal verschiedene Informationen. Die wichtigste dabei: »Wie lange liegt die Verhütungspanne zurück?« Hintergrund: Die zur Notfallverhütung eingesetzten Wirkstoffe Levonorgestrel und Ulipristalacetat verschieben durch ihre Aktivierung des Progesteronrezeptors den Anstieg des Luteinisierenden Hormons (LH) und damit den Eisprung um etwa fünf Tage. Da Spermien etwa fünf Tage überlebens- und befruchtungsfähig sind, wird durch die Pille danach Zeit gewonnen und ein Zusammentreffen von befruchtungsfähiger Eizelle und Spermien verhindert.
Levonorgestrel ist ein Gestagen und in Präparaten wie Pidana® und Unofem Hexal® enthalten. Ulipristalacetat ist ein selektiver Progesteron-Rezeptor-Modulator und Wirkstoff von EllaOne®, Femke® oder Lencya®.
Zulassungstechnisch ist die Abgabe von Levonorgestrel bis zu drei Tage und von Ulipristalacetat bis zu fünf Tage nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder Verhütungsversagen gestattet.
Der Unterschied der beiden Wirkstoffe liegt in ihrem Wirkfenster. Ulipristalacetat hat ein längeres Wirkfenster von bis zu 120 Stunden im Vergleich zu Levonorgestrel von 72 Stunden. Ulipristalacetat wirkt auch noch in den fruchtbaren Tagen kurz vor dem Eisprung – nämlich, wenn der LH-Anstieg bereits begonnen hat. Levonorgestrel ist nur wirksam, solange der LH-Anstieg noch nicht eingesetzt hat. Kommt die Kundin später als fünf Tage nach der Verhütungspanne, ist die Pille danach nicht mehr indiziert.
Ulipristalacetat und Levonorgestrel werden durch CYP3A4-Induktoren inaktiviert und verlieren ihre Wirkung. Hat deshalb die Kundin in den vergangenen vier Wochen Arzneistoffe wie Phenytoin, Phenobarbital, Primidon, Carbamazepin, Oxcarbazepin, Ritonavir, Efavirenz, Rifampicin, Rifabutin, Griseofulvin oder Johannsikraut-Extrakte eingenommen, ist der Gang zum Gynäkologen angeraten.
Auch wenn schwere Leberfunktionsstörungen bekannt sind, wird die Pille danach nicht empfohlen. Weitere Vorsichtsmaßnahmen fasst die Tabelle zusammen.
Ulipristalacetat | Levonorgestrel | |
---|---|---|
Einnahmezeitpunkt | bis zu 120 Stunden (5 Tage) nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr | bis zu 72 Stunden (3 Tage) nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr |
Empfohlene Stillpause | eine Woche | acht Stunden |
Besondere Vorsichtsmaßnahmen | Bei schwerem Asthma mit Einnahme von Glucocorticoiden wird die Einnahme nicht empfohlen. | Bei thromboembolischen Ereignissen in der Familiengeschichte wird die Einnahme nicht empfohlen. |
Die Abgabe an Minderjährige bis zum Alter von 14 Jahren wird ohne Einverständnis eines Erziehungsberechtigten nicht empfohlen. Eine Abgabe auf Vorrat ist ebenfalls nicht empfohlen.
Laut BAK gibt es Hinweise auf eine verminderte Wirksamkeit von Notfallkontrazeptiva bei einem erhöhten Körpergewicht beziehungsweise Body-Mass-Index (BMI). Die Datenlage dazu ist jedoch begrenzt und nicht eindeutig, weshalb Notfallkontrazeptiva nach wie vor für alle Frauen unabhängig von ihrem BMI empfohlen werden.
PTA und Apotheker müssen über die Einnahme sowie mögliche Risiken und Nebenwirkungen aufklären. Hierbei ist es wichtig, stets den Notfallcharakter der Pille danach hervorzuheben. Ein wichtiger Hinweis für die Kundin ist, dass die Einnahme schnellstmöglich erfolgen sollte.
Hat der Eisprung bereits stattgefunden, ist die Wirksamkeit nicht mehr gegeben. Auch wenn innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme Erbrechen auftritt, führt dies zum Wirkverlust und eine weitere Tablette muss eingenommen werden. Um Übelkeit und Erbrechen vorzubeugen, kann vor der Einnahme etwas gegessen werden.
Bei der Beratung sollte zudem erwähnt werden, dass die Monatsblutung durch die Einnahme einige Tage früher oder später einsetzen kann. Bleibt die Periode mehr als sieben Tage nach dem erwarteten Termin aus, ist ein Gynäkologe zu konsultieren.
Nimmt die Kundin normalerweise hormonelle Kontrazeptiva ein, soll die Einnahme wie gewohnt fortgeführt werden. Allerdings ist die Wirksamkeit nicht mehr gewährleistet, sodass zusätzlich Barrieremethoden anzuwenden sind. Die Pille danach bietet zudem keinen Verhütungsschutz für den restlichen Zyklus und schützt nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten.
Auch über mögliche Nebenwirkungen sollte die Kundin aufgeklärt werden. Es können beispielsweise Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Bauch- und Unterleibschmerzen, Dysmenorrhö, Müdigkeit und Spannungen in der Brust auftreten.