Bei Wunden top, bei Erkältung eher flop |
Manuka-Honig wird von Bienen produziert, die Nektar aus den weißen oder rötlichen Blüten der Südseemyrte in Neuseeland sammeln. / © Getty Images/purefocus
Generationen von kleinen und großen Patienten löffelten heiße Milch mit Honig gegen ihre Halsschmerzen. Deren Wirkung ist vermutlich auf die hochviskose Struktur des Honigs und die Eigenschaften eines Demulzenziums zurückzuführen. Dieses zieht sich als beruhigender Schutzfilm auf die Schleimhäute im Hals- und Rachenraum und lindert so das Halskratzen.
Kann Honig als Solotherapie auch bei Erkältungshusten punkten? Die meisten klinischen Daten hierzu wurden bei Kindern erhoben – und sind im Ergebnis uneinheitlich. Die Cochrane-Gesellschaft fand etwa in einem systematischen Review keine Evidenz für oder gegen die Verwendung von Honig zur Linderung von Husten bei Kindern. Bei einer dreitägigen Anwendung konnte aber eine Verbesserung der Symptome im Vergleich zu keiner Behandlung festgestellt werden.
»Wir haben das große Problem der Standardisierung und damit der Frage, was »der« Honig eigentlich ist. Was wurde in Studien verwendet? Damit können Untersuchungen kaum miteinander verglichen werden«, sagte Professor Dr. Robert Fürst vom Department Pharmazie der Universität München der PZ. »Manuka-Honig ist sicher sehr gut beforscht, er hat besonders starke antibakterielle Eigenschaften. In der Gesamtschau ist Honig bei Atemwegsinfektionen weniger gut, in der Wundtherapie dagegen sehr gut belegt.«
Chemisch betrachtet enthält Honig rund 200 verschiedene Substanzen, wobei die Monosaccharide Glucose und Fructose den Hauptbestandteil ausmachen. Zusätzlich sind geringe Mengen an Vitaminen, Mineralstoffen und verschiedenen sekundären Pflanzeninhaltsstoffe enthalten, zum Beispiel Polyphenole. Die Zusammensetzung verschiedener Honigsorten ist sehr unterschiedlich und von geographischen und klimatischen Bedingungen abhängig. Diese Variabilität erschwert eindeutige Aussagen über die medizinische Wirksamkeit des Naturproduktes.
Viele Daten und Untersuchungen weisen auf die antimikrobiellen Eigenschaften des Honigs hin. Verantwortlich dafür ist unter anderem ein bieneneigenes Enzym, die Glucoseoxidase, die kontinuierlich Wasserstoffperoxid (H202) bereitstellt und so Krankheitserreger abtötet. Zusätzlich übt der hohe Zuckergehalt im Honig einen starken osmotischen Druck auf Mikroorganismen aus, wodurch diese sterben.
Eine besondere Honigart ist der Manuka-Honig. Echter Manuka-Honig kommt aus Neuseeland und wird dort aus dem Blütennektar der Südseemyrte (Manuka), einer Verwandten des australischen Teebaums, gewonnen. Er enthält das antimikrobiell wirksame Methylglyoxal, ein Abbauprodukt enthaltener Pflanzenstoffe. Sein Vorteil gegenüber H202: Es besitzt eine höhere Stabilität und wirkt so auch nach Erhitzen noch antimikrobiell.
Bei Medizinalhonig muss aus pharmazeutischer Sicht auf Arzneibuchqualität geachtet werden. Der Honig muss nachweislich frei von Fremdstoffen wie organischen Säuren, Antibiotika oder Schwermetallen sein. Das Europäische Arzneibuch hat mit »… müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass der Gehalt an Rückständen so gering wie möglich ist« eine sehr vage Formulierung zur Vermeidung von Unreinheiten gewählt. Lediglich für 5-Hydroxymethylfurfural, ein Oxidationsprodukt der Fructose, sieht es bei der Prüfung auf Reinheit einen Grenzwert von maximal 80 ppm vor, als Indikator für korrekte Lagerung und Verarbeitung sowie für Frische.
Keimfrei muss der medizinische Honig sein, der in der Wundbehandlung zum Einsatz kommt. Dazu wird er Kobalt-60-Gammastrahlung ausgesetzt. Deren Radioaktivität macht ihn steril und haltbar, die Aktivität der Glucoseoxidase und somit die Entstehung von Wasserstoffperoxid wird dabei nicht eingeschränkt.
Zahlreiche Studien haben den Effekt von Honig auf die Wundheilung untersucht. Es gilt als erwiesen, dass Wasserstoffperoxid die Leukozytenaktivität und damit die Bildung von Antikörpern stimuliert. Darüber hinaus fördert Honig die Fibroblastenproliferation sowie die Angiogenese. Durch die Freisetzung von Sauerstoff werden abbauende Enzyme, vor allem Plasmin, aktiviert, was zur Verhinderung von Schorf beiträgt.
Durch den hohen Zucker- und geringen Wassergehalt des Honigs wird der Wunde Flüssigkeit entzogen und dadurch Bakterienwachstum verhindert. Der osmotische Druck regt überdies die Lymphflüssigkeit des subkutanen Gewebes zum Abtransport von nekrotischem und devitalisiertem Gewebe an, was einer Wundspülung gleichkommt.
Chemisch gesehen ist Zucker mit seinem pH-Wert zwischen 3,5 und 4,5 eine Säure, was Bakterien ohnehin das Überleben erschwert. Der niedrige pH-Wert reduziert auch die Aktivität der Protease, durch die Wachstumsfaktoren, regenerierte kollagene Matrix und Fibronektin zerstört werden können. Gleichzeitig werden die Fibroblasten- sowie Makrophagenaktivität verbessert und die Sauerstofffreisetzung aus Hämoglobin erhöht.
In der Wundtherapie kommt (Manuka-)Honig als Medizinprodukt entweder isoliert aufgetragen, kombiniert mit einem Verbandmittel, als Bestandteil einer nicht formstabilen Zubereitung oder einer honighaltigen Wundauflage (wie Medihoney™, Actilite®, Activon®) zum Einsatz.