Bei fehlender Information ist Nullretax rechtens |
Das Bundessozialgericht hat die Revision einer ehemaligen Apothekeninhaberin zurückgewiesen. Sie hatte in Zytostatikazubereitungen Importe verarbeitet, aber deutsche Originalpräparate abgerechnet. / Foto: picture alliance / Rolf Vennenbernd/dpa
Das Bundessozialgericht (BSG) wies gestern die Revision einer ehemaligen Apothekeninhaberin aus Bayern gegen ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 16. November 2021 zurück. In der Verhandlung B 3 KR 14/22R ging es um die Frage, ob Krankenkassen die Kosten für individuelle Zubereitungen auf Null retaxieren dürfen, wenn Apotheker nicht komplett transparent abgerechnet haben. Das BSG entschied dies nun zugunsten der Kasse und bestätigte das LSG-Urteil.
Aus Sicht des BSG hat die Apothekerin ihre Pflicht, die Kasse über den Beschaffungsweg und die Preise der verwendeten Wirkstoffe aufzuklären, verletzt. Die Richter entschieden zudem, dass der von der Kasse geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht verjährt sei. Außerdem stehe das Ziel der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung über dem Anliegen der Apotheker, Gewinn zu erzielen. »Artikel 12 Absatz 1 GG schützt nicht eine Gewinnerzielung durch Apotheken um jeden Preis, vielmehr ist das Rechtsverhältnis zwischen Krankenkassen und Apotheken auch in diesem grundrechtlichen Rahmen geprägt von dem Ziel der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung«, heißt es in der Begründung.
Zum Hintergrund: Eine ehemalige Apothekeninhaberin aus Bayern hatte für die Herstellung von Zytostatikazubereitungen Wirkstoffe verwendet, die nicht für den deutschen Markt bestimmt waren, nicht über eine deutsche Pharmazentralnummer verfügten, und die im Vergleich zu für den deutschen Markt bestimmten Wirkstoffen deutlich preisgünstiger waren. Damit wurden unter anderem auch Versicherte der AOK Bayern behandelt. Die Apothekerin rechnete die Zubereitungen gegenüber der AOK Bayern aber so ab, als ob deutsche Originalpräparate verarbeitet worden wären. Die Kasse beglich die Abrechnungen in den Jahren 2003 bis 2007, da sie über den Beschaffungsweg und die tatsächlichen geringeren Einkaufspreise der verwendeten Wirkstoffe nicht informiert war.
Nach Informationen des BSG wurde seit 2007 gegen die Apothekerin ermittelt. Die AOK Bayern erhob daraufhin 2010 Klage beim Sozialgericht München auf Schadenersatz. Den Schaden bezifferte sie laut Gericht auf rund 375.000 Euro für die Jahre 2004 bis 2007. Zwischen 2012 und 2013 retaxierte sie diese Summe. Daraufhin klagte die Apothekerin wegen der einbehaltenen Vergütungen. Das Sozialgericht ordnete im Jahr 2013 das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Strafverfahrens gegen die Apothekerin an, das 2015 eingestellt wurde.