Bayern will Engpässe mit eigenen Ideen bekämpfen |
Cornelia Dölger |
11.04.2023 17:00 Uhr |
»Die verlässliche Versorgung mit Medikamenten ist systemrelevant. Deswegen muss Bundesgesundheitsminister Lauterbach bei diesem Thema deutlich mehr Tempo machen«, fordert Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). / Foto: Imago/Sammy Minkoff
Der Kabinettsbeschluss zum Lieferengpass-Gesetz der Ampelkoalition ist noch keine Woche alt, da ruft der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nach mehr Tempo beim Kampf gegen die Arzneimittelknappheit. Wie sein Ministerium an Ostersonntag verlauten ließ, will Bayern bei einem eigenen Pharmagipfel kommende Woche »mögliche Wege aufzeigen«, die Arzneimittelversorgung zu stabilisieren.
»Die verlässliche Versorgung mit Medikamenten ist systemrelevant. Deswegen muss Bundesgesundheitsminister Lauterbach bei diesem Thema deutlich mehr Tempo machen«, verlangte Holetschek in einer Mitteilung des Ministeriums. Bei dem für den 19. April geplanten Bayerischen Pharmagipfel will der Minister den Druck auf die politischen Entscheidungsträger in Berlin erhöhen – ein Grund offenbar, warum der seit 2019 regelmäßig stattfindende Pharmagipfel zum ersten Mal in der Bundeshauptstadt abgehalten wird und nicht im Freistaat.
»Allein die Lieferengpässe bei Antibiotika oder Fiebersäften für Kinder sind ein Alarmsignal, dass dringender Handlungs- und Gesprächsbedarf besteht«, betonte Holetschek. Bayern hole mit dem Format Akteure aus allen Bereichen der Arzneimittelversorgung an einen Tisch. »Wir fördern damit nicht nur den Austausch, sondern wollen auch Raum für neue Ansätze und Vernetzung schaffen«, so der Minister. Auf dem Podium sollen demnach neben Holetschek Heinrich Moisa (Novartis Pharma Deutschland), Oliver Kirst (Deutschland) und Wolfgang Späth (Hexal) sitzen.
Dass Bayern gesondert gegen die anhaltenden Engpässe bei wichtigen Arzneimitteln vorgehen will, hatte Holetschek bereits mit seiner Pharma Task Force verdeutlicht, die er Ende vergangenen Jahres aufstellte. Nach deren Vorstellung könnten es vier Maßnahmen sein, die aus der Krise herausführen, nämlich bessere Rahmenbedingungen für die Arzneimittelproduktion in Europa, klügere Bevorratung von Arzneimitteln, ein effizienteres Frühwarnsystem bei drohenden Engpässen sowie mehr praxisnahe Verfahren und weniger Bürokratie. Diese Ergebnisse stellte die Task Force Ende März vor.
Wie Holetschek nun verlauten ließ, hat sich das Gremium darüber hinaus mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beschäftigt, das der Bundestag am 20. Oktober 2022 verabschiedete. Darin sind neben dem erhöhten Kassenabschlag für Apotheken diverse Sparmaßnahmen versammelt, die das Milliardenloch der GKV stopfen sollen. Über die Kritik an den Regelungen hat die PZ ausführlich berichtet. Wie sich das Gesetz auf die künftige Versorgung mit Arzneimitteln auswirken wird, hat Holetschek zufolge auch seine Task Force eingehend erörtert. »Denn das geplante Gesetz sieht für die Pharmabranche Einsparungen und Abschläge vor, die zwar dazu beitragen sollen, der finanziellen Schieflage der Gesetzlichen Krankenversicherung entgegenzuwirken, zugleich aber den Arzneimittelstandort Deutschland schwächen können«, bemerkte der Minister. Was bei den Überlegungen herauskam, will er beim Pharmagipfel vorstellen.
Thema vor den 300 geladenen Gästen könnte auch das vorige Woche im Kabinett beschlossene Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) werden, auch wenn die Mitteilung dies nicht explizit ankündigte. Die darin gesammelten Ansätze zur Engpassbekämpfung und -prophylaxe eignen sich zweifelsohne ebenfalls zur Diskussion.