BAS schlägt neues Verfahren zum Kostenausgleich vor |
Anne Orth |
26.10.2022 10:00 Uhr |
Neue Arzneimittel kommen beispielsweise bei Gentherapien zum Einsatz. Das Bundesamt für Soziale Sicherung hat sich in einem Sondergutachten mit dem Thema befasst. / Foto: Adobe Stock/RFBSIP
Für das Jahr 2021 hat der Gesetzgeber einen Risikopool in der Gesetzlichen Krankenversicherung wieder eingeführt. Der Risikopool ergänzt den Risikostrukturausgleich (RSA) und soll Kosten verteilen, die einzelnen Krankenkassen durch besonders teure Therapien entstehen. Der Risikopool für das Jahr 2021 gleicht 80 Prozent der den Schwellenwert von 100.000 Euro übersteigenden ausgleichsfähigen Leistungsausgaben für einen Versicherten aus. Die Leistungsausgaben bis zum Schwellenwert sowie die verbleibenden 20 Prozent der Ausgaben, die den Schwellenwert übersteigen, trägt weiterhin die einzelne Krankenkasse.
Auslöser für die Wiedereinführung des Risikopools war laut BAS die zunehmende Bedeutung von neuen, kostenintensiven Arzneimitteltherapien. Diese Medikamente könnten häufig bereits nach einmaliger oder nach wenigen Gaben zu einer Genesung oder deutlichen Verzögerung von Krankheiten führen. Andererseits seien diese neuartigen Therapien nicht nur hochpreisig, sondern es fehle häufig auch eine hinreichende Datengrundlage, um den langfristigen Nutzen zu bewerten. Daher könne bei diesen Arzneimitteln der Abschluss eines Pay-for-Performance-Vertrags (P4P-Vertrags) zwischen dem pharmazeutischen Hersteller und der Krankenkasse sinnvoll sein, schreibt das BAS. Bei diesen Modellen müssen die Krankenkassen die Behandlung nur zahlen, wenn der Therapieerfolg nachgewiesen werden kann.
Im Zusammenwirken zwischen den P4P-Verträgen und dem Risikopool komme es allerdings zu unerwünschten Anreizeffekten, führt das BAS weiter aus. Um diese zu beseitigen, schlägt die Behörde im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums mit dem Sondergutachten ein neues Ausgleichverfahren vor. Demnach würde das Bundesamt für jede Krankenkasse unter anderem eine neue P4P-Schlüsseltabelle erstellen, über die die verschiedenen Kostenströme erfasst werden.
Die Zahl der P4P-Verträge hat sich nach Angaben des BAS von Juni 2019 bis Juni 2021 von 58 auf mindestens 85 Verträge deutlich erhöht. Die Behörde schätzt, dass es dabei um Beträge »im mittleren dreistelligen Millionenbereich« geht.
P4P-Verträge kommen in erster Linie zum Einsatz, wenn das übliche AMNOG-Verfahren, bei dem der Zusatznutzen des Arzneimittels zentral die Preisbildung bestimmt, an seine Grenzen stößt. Das ist zum Beispiel bei Gentherapien der Fall. Während Pharmaunternehmen P4P-Modelle als Chance und wichtige Ergänzung begrüßen, sieht der GKV-Spitzenverband sie kritisch. Nach Ansicht des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung ist der Nutzen dieser Verträge für das Gesamtsystem begrenzt. Der Verband begründet dies damit, dass die individuellen Daten, die im Rahmen solcher Verträge erhoben werden, in der Regel nicht für eine spätere Nutzenbewertung zur Verfügung stünden. Ohne solche Daten bleibe der Wert des neuen Arzneimittels für das System unsicher.