Bakterien als lebende Krebstherapeutika |
Theo Dingermann |
18.03.2025 11:48 Uhr |
Die Genexpression der Bakterien kann durch Modifikation gezielt gesteuert werden. Als externe Triggermechanismen lassen sich Induktoren wie Doxycyclin verwenden, die spezifische Promotoren aktivieren und so die kontrollierte Expression antitumoraler Moleküle wie Cytolysin A oder Flagellin B ermöglichen.
Neben externen Signalmechanismen lassen sich auch tumorintern regulierte Expressionssysteme einsetzen. Hierfür werden Quorum-Sensing-Mechanismen genutzt: die Fähigkeit von Einzellern, über spezifische Signalmoleküle die Zelldichte der Population der eigenen Art messen zu können. Mit solchen Mechanismen lässt sich abhängig von der Populationsdichte eine kontrollierte Lyse und somit die Freisetzung von therapeutischen Wirkstoffen auslösen.
Besonders in der immer stärker an Bedeutung gewinnenden Krebsimmuntherapie könnten sich modifizierte Bakterien im Rahmen von Kombinationstherapien bewähren. Beispielsweise entwickelten Forschende einen Stamm probiotischer Bakterien, die in Tumore eindringen und dort lokal Interferon-γ (IFN-γ) freisetzen. Dabei reichte eine einzige intratumorale Injektion dieser Bakterien aus, um eine systemische Antitumorimmunität zu erzeugen, ohne dass eine nennenswerte Toxizität beobachtet wurde. Zudem überwand das von den modifizierten Bakterien stammende IFN-γ durch die Aktivierung von natürlichen Killerzellen auch erworbene Resistenzmechanismen gegen die PD-1-Blockade.
Ob sich bakterielle Vektoren als Präzisionsimpfstoffe gegen die in der Entwicklung weit fortgeschrittenen therapeutischen Krebsimpfstoffe auf mRNA- oder Peptidbasis durchsetzen können, wird sich zeigen. Die Idee ist, die Vorteile lebender Medikamente zu nutzen, um eine Reihe tumorspezifischer, von Neoantigenen abgeleiteter Epitope im optimalen Kontext bereitzustellen und so eine spezifische, wirksame und dauerhafte systemische Antitumorimmunität zu induzieren.
Letztlich müssen alle diese Konzepte durch Studien am Menschen zeigen, dass sie prinzipiell funktionieren und bei akzeptabler Verträglichkeit Tumorerkrankungen kontrollieren oder gar heilen.