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Lipidsenkung

Champignons statt Lovastatin?

Datum 21.12.2015  14:18 Uhr

Von Michael Keusgen / Pilzen werden häufig Wunderwirkungen nachgesagt. So sollen sie beispielsweise den Cholesterol-Spiegel im Blut senken, da bestimmte Arten Lovastatin enthalten. Was an der Geschichte dran ist, untersuchte eine Marburger Arbeitsgruppe.

Tatsächlich finden sich in der wissenschaftlichen Literatur Berichte, dass beispielsweise der Kulturchampignon Agaricus bisporus etwa 6 mg Lovastatin pro 100 g Frischpilz enthalten soll, im Falle des Austernseitlings Pleurotus ostreatus sollen 100 g Frischpilz 2 bis 280 mg Lovastatin enthalten. Letzteres würde bedeuten, dass sich mit einem kleinen Stück Austernseitling der Cholesterolspiegel auf ganz natürliche Weise senken ließe. Der Pilzverzehr müsste dann aber auch die typischen Statin-Nebenwirkungen zur Folge haben, zum Beispiel Rhabdomyolyse.

 

Was ist nun dran an dieser Geschichte? Um dies zu klären, wurden aus dem Einzelhandel, von Pilzzüchtereien und aus den Wäldern Hessens Champignon- und Austernseitling-Proben besorgt. Das Material wurde an der Philipps-Universität Marburg schonend gefriergetrocknet, pulverisiert und extra­hiert. Anschließend wurde der Gehalt an Lovastatin entsprechend des Europäischen Arzneibuchs untersucht, wobei die Methode geringfügig modifiziert wurde, da der Wirkstoff ja nicht aus einer Tablette, sondern einem Pilz extrahiert wurde. Zunächst wurden 17 Proben beider Pilzarten mittels Hochleistungs-Flüssigchromatografie entsprechend Arzneibuch untersucht. Das Ergebnis: In keiner der untersuchten Proben konnte Lovastatin nachgewiesen werden. Wenn Lovastatin überhaupt vorhanden ist, dann in Mengen deutlich unter 1 mg pro 100 g Frischpilz.

 

Um gezielt nach Lovastatin-Spuren zu fahnden, wurde eine massenspektro­metrische Detektion durchgeführt. Dabei ließen sich in drei von sechs untersuchten Proben extrem geringe Spuren von Lovastatin nachweisen (Tabelle). Dieses reicht bei Weitem nicht aus, um den Cholesterolspiegel zu senken oder um typische Statin-Nebenwirkungen hervorzurufen.

 

Achtung Schimmelpilze

 

Wie kommt das Lovastatin überhaupt in die Speisepilze? Hier bietet sich folgende Erklärung an: Schimmelpilze der Gattungen Aspergillus und Monascus sind in der Lage, Lovastatin zu synthe­tisieren. Beispielsweise werden bestimmte Aspergillus-Stämme zur großtechnischen Gewinnung dieses Wirkstoffs verwendet. Bei der genauen Betrachtung der Pilzproben fiel auf, dass insbesondere der Austernseitling häufig mit einem dünnen Film weißen Schimmels überzogen ist – etwas, wo­rauf man beim Kauf unbedingt achten sollte. Der höchste Gehalt an Lovastatin – das waren aber noch immer nur wenige Mikrogramm – wurde bei genau solch einer Probe gefunden. Somit liegt der Verdacht nahe, dass Schimmelpilze für den beobachteten, sehr niedrigen Lovastatin-Gehalt verantwortlich sind. Für einwandfreie Handelsware sowie für Frischpilze kann also Entwarnung gegeben werden.

Tabelle: Gehalt an Lovastatin in Speisepilzen – AG Keusgen, Philipps-Universität Marburg

Spezies Deutsche Bezeichnung Bezug (Ursprungsland) Lovastatin [mg/100 g Trockenmasse] Fruchtkörper* Lovastatin [mg/100 g Frischgewicht] Fruchtkörper*
Agaricus bisporus Kulturchampignon Handel (Deutschland) < 0,04 (LOQ) < 0,004 (LOQ)
Agaricus bisporus Kulturchampignon Handel (Deutschland) < 0,04 (LOQ) < 0,004 (LOQ)
Agaricus bisporus Kulturchampignon Handel (Polen) n.n. n.n.
Pleurotus ostreatus Austernseitling Wildfund (Deutschland) n.n. n.n.
Pleurotus ostreatus Austernseitling Handel (Deutschland) < 0,04 (LOQ) < 0,004 (LOQ)
Pleurotus ostreatus Austernseitling Handel (Deutschland) n.n. n.n.

LOQ: Limit of Quantification; n.n.: nicht nachweisbar; * Wassergehalt in essbaren Fruchtkörpern circa 88 bis 92 Prozent, im Mittel 90 Prozent

Vorsicht bei rotem Reis

 

Ganz anders sieht die Sache aber für Reis aus, der mit dem Schimmelpilz Monascus fermentiert wurde, so­genannter roter Reis. Hier lassen sich Lovastatin-Mengen im Milligramm­bereich finden, die sicherlich in der Lage sind, den Cholesterolspiegel zu senken – aber eben auch alle unerwünschte Wirkungen hervorzurufen. Deshalb muss von der Einnahme dieser Präparate, die reichhaltig im Internet angeboten werden, als Nahrungs­ergänzung dringend abgeraten werden. Zudem produzieren Schimmelpilze häufig Toxine, die im roten Reis ebenfalls enthalten sein können. Er stellt somit keine sinnvolle und insbesondere keine sichere Alternative zu verschreibungspflichtigen Cholesterolsenkern dar. /

 

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