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Gesundheitsförderung

Der Apotheker sieht alle

15.12.2009  17:10 Uhr

Von Martina Janning, Berlin / Apotheken könnten große Stützen der öffentlichen Gesundheitsförderung sein, urteilt der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten. Wie ihr sozialpharmazeutischer Auftrag aussieht und wie Apotheker ihn mit Leben erfüllen können, berichteten Vereinsmitglieder in Berlin.

Das Potenzial von Apotheken wird unterschätzt, da ist Thomas Schulz vom Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VDPP) sicher. »Es geht in Apotheken nicht nur darum, Arzneimittel abzugeben. Vielmehr lassen sich Apotheken als niederschwelliges Angebot zur Gesundheitsförderung nutzen«, sagte er auf dem Kongress Armut und Gesundheit, der Anfang Dezember in Berlin stattfand. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen vom VDPP erklärte er warum.

In Nordrhein-Westfalen (NRW) spielen Apotheken bereits eine große Rolle in der Gesundheitsförderung durch den öffent­lichen Gesundheitsdienst. Apotheker ­ Dr. Udo Puteanus, vom Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit NRW (LIGA) berichtete, dass es dort 37 hauptamtlich angestellte Amtsapotheker in den Kommunen gibt. Das sei bundesweit einmalig. Das sorgt nach Ansicht von Puteanus dafür, dass die Amtsapotheker ihre Aufgaben im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) wahrnehmen können – nämlich den Arzneimittelkonsum beobachten, dokumentieren und bewerten sowie die Bevölkerung aufklären, informieren und beraten.

 

Flächendeckend präsent

 

Die Apotheken haben einen sozialpharmazeutischen öffentlichen Auftrag«, betonte Puteanus. Apotheken seien zur Gesundheitsförderung prädestiniert, weil sie flächendeckend präsent seien, großes Vertrauen in der Bevölkerung genössen und die Beschäftigten im örtlichen Umfeld verankert seien. »Die sprechen oft die Sprache der Menschen in den jeweiligen Revieren«, pointierte er. Das häufig auftretende Problem, dass Gesundheitsförderung nur Bessergebildete erreicht, entfällt in der Offizin. Puteanus: »In Apotheken trifft man alle Menschen an.«

 

Bei der öffentlichen Gesundheitsförderung geht es Puteanus zufolge darum, Informationen über Arzneimittel zu vermitteln. Apotheker müssten insbesondere ältere Menschen, die mehrere Medikamente einnehmen, in die Lage versetzen, richtig damit umzugehen. Zum anderen hätten Apotheker eine wichtige Funktion in Public-Health-Netzwerken, wie den kommunalen Gesundheitskonferenzen, und in der Pharmakovigilanz. Puteanus forderte, das Geschehen in Apotheken stärker wissenschaftlich zu untersuchen. Strukturprozesse und Ergebnisqualität müssten für Apotheken genauso diskutiert werden wie für Arztpraxen.

 

Aus dem Alltag einer nordrhein-westfälischen Amtsapothekerin berichtet Dr. Ute Stapel aus Hamm. Bereits 2002 startete sie ein Projekt zur Arzneimittelsicherheit in der Pflege, bei dem Heime und ambulante Pflegedienste sich freiwillig einer kostenlosen Inspektion unterziehen konnten, um herauszufinden, ob alle Betreuten die richtigen Arzneimittel bekommen. Alle 17 Heime Hamms und ein Teil der ambulanten Dienste hätten mitgemacht, berichtete Stapel. Am Ende gab es 186 Datensätze, die auch Auskunft darüber gaben, wie viele Medikamente ein Pflegebedürftiger einnimmt, wie viele Ärzte verordnen und wer die Medikamente vor Ort zusammenstellt. Das Ergebnis: Oft gab es Fehler bei der Dosierung und dem Einnahmezeitpunkt, zudem erhielten viele Menschen falsche Generika. Überhaupt erwiesen sich die Nachahmermedikamente als »Riesenproblem«, sagt Stapel: »Wir hatten die Vorstellung: pro Wirkstoffgruppe nur ein Generikum für alle Bewohner. Doch dann kamen die Rabattverträge, und alles wurde noch chaotischer.«

 

Aktiv im Feld Sozialpharmazie

 

Eine verbreitete Fehlerquelle: Die Gepflegten bekamen ihre Medikamente überwiegend zu den Mahlzeiten – ohne Rücksicht auf die Einnahmehinweise in der Patienteninformation. Um dies zu verbessern und den Pflegekräften die Arbeit zu erleichtern, kennzeichnen die Apotheker nun diejenigen Arzneimittel, die nicht zum Essen genommen werden sollen, mit farbigen Punkten. In weiteren Projekten analysierte die Amtsapothekerin die Ritalin-Verordnungen bei ADHS in Hamm und fertigte Informationsblätter zu relevanten Themen, die die örtlichen Apotheken auslegten. Das ist eine Art, wie Apotheker im Feld Sozialpharmazie aktiv werden können.

 

Eine andere Möglichkeit schilderte Elisabeth Nieder, Apothekerin in Münster. Sie hat ein Schulprojekt zur Gesundheitsförderung ins Leben gerufen, bei dem die Kinder in mehreren Unterrichtseinheiten lernen, wie sie gesünder essen und leben können. Aber auch in ihrer Offizin blickt Nieder über den Ladentisch hinaus. Zwar lebe sie vom Verkauf von Arzneimitteln, und es sei nicht ihre Aufgabe, Kunden problematische Mittel vorzuenthalten, wenn sie diese unbedingt wollen, erklärte Nieder. Aber sie berate ihre Kunden ausführlich und sage ihnen, wenn ein OTC-Mittel nicht zielführend oder überteuert ist.

 

Nieders Wunsch: Stärker als Fachkraft für Arzneimittel wahrgenommen zu werden, besonders von Medizinern. Sie habe es sich zur Gewohnheit gemacht, bei unklaren Verordnungen in der jeweiligen Arztpraxis nachzufragen. Doch: »Ich bin in 25 Jahren nur ungefähr dreimal von einem Arzt angerufen und um eine pharmakologische Einschätzung gebeten worden«, resümierte die Apothekerin. / 

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