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Diabetes-Therapie

Umdenken bei Nierenschäden

17.12.2013  13:45 Uhr

Von Sven Siebenand, Berlin / Folgeschäden an den Nieren erhöhen bei Diabetikern die Mortalität. Eine gute Stoffwechsel-Einstellung ist daher bei Patienten mit Nierenschäden besonders wichtig, aber auch besonders schwierig hinzubekommen. Denn eine diabetische Nephropathie erschwert aus verschiedenen Gründen die Glucose-Homöostase.

Auf der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Berlin nannte Professor Dr. Christoph Hasslacher aus Heidelberg wichtige Punkte zur Optimierung der Stoffwechsel-Einstellung bei Diabetikern mit Nephropathie. Wichtig sei zunächst die Früherkennung einer Niereninsuffizienz. »Der Serum-Kreatinin-Wert ist dafür kein geeigneter Marker«, so der Diabetologe. Besser sei es, die glomeruläre Filtrationsrate, zum Beispiel mit der Cockcroft-Gault-Formel, abzuschätzen. Hasslacher betonte zudem, dass in Abhängigkeit von Alter, Diabetesdauer und Komorbiditäten ein Therapieziel für die Diabetes-Einstellung festgelegt werden sollte.

 

HbA1c-Wert mit weniger Aussagekraft

 

Der Mediziner gab dabei zu bedenken, dass der HbA1c-Wert bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz unter Umständen weniger aussagekräftig ist als bei nierengesunden Diabetikern. Auf Nachfrage der PZ erklärte er, dass ein gemessener Wert von 8 Prozent dann bei bestimmten Patienten zum Beispiel eine bessere Blutzuckerkontrolle vorgeben kann als tatsächlich vorliegt. So werde diskutiert, ob bei Niereninsuffizienz eine verkürzte Erythrozyten-Überlebensdauer zu einer verkürzten Einwirkzeit von erhöhten Glucose-Konzentrationen auf Hämoglobin führt und damit niedrigere HbA1c-Werte gemessen werden.

Auch eine Therapie mit Erythro­poetin zur Anämie-Behandlung kann Hasslacher zufolge bei Niereninsuffizienten dazu führen, dass niedrigere HbA1c-Werte gemessen werden. Dies liege daran, dass viele junge Erythrozyten ins Blut geschwemmt werden, bei denen die Glykosylierungsreaktion am Hämoglobin insgesamt langsamer abläuft. Als Alternative zum HbA1c-Wert nannte Hasslacher die Bestimmung des glykosylierten Albumins. Dieser klinische Parameter sei unabhängig von einer Anämie beziehungsweise deren Behandlung.

 

»Die Stoffwechsel-Führung ist bei Diabetikern mit Nephropathie schwierig«, sagte der Referent. So verändere sich bei nachlassender Nierenfunktion die Pharmakokinetik von Insulin und oralen Antidiabetika. Ferner erhöhe sich bei ihnen die Insulin-Resistenz, und die renale Gluconeogenese-Aktivität sei beeinträchtigt. Hasslacher informierte, dass zum Beispiel das Risiko zu unterzuckern im Vergleich zu Diabetikern ohne Nephropathie um das Dreifache erhöht ist.

 

Die veränderte Pharmakokinetik sei bei der Diabetestherapie unbedingt zu beachten. Bei den oralen Antidiabetika ist Metformin unterhalb einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) von 60 ml/min in Deutschland kontraindiziert. In anderen Ländern seien die Vorgaben nicht ganz so streng. Teilweise dürfe das Biguanid dort erst unterhalb von 45 beziehungsweise 30 mg/ml nicht zum Einsatz kommen. Bei den Sulfonylharnstoffen sollte Hasslacher zufolge die Dosis ab einer mittelgradig eingeschränkten Nierenfunktion reduziert werden, da es bei dieser Substanzklasse zur Bildung aktiver Metabolite kommt, die über die Nieren ausgeschieden werden.

 

Als äußerst interessante Option für Patienten mit diabetischer Nephropathie stellte der Mediziner wegen möglicher protektiver Effekte an den Nieren und am Herzen die Inkretin-Mimetika, also GLP-1-Agonisten und DPP-4-Hemmer heraus. Eine Zulassung bei Niereninsuffizienz haben bisher nur DPP-4-Hemmer, so Hasslacher im Gespräch mit der PZ.

 

Insulin-Dosis anpassen

 

Weiter ging Hasslacher auf den geänderten Insulin-Bedarf bei nachlassender Nierenfunktion ein. Einerseits sei in diesem Fall der renale Insulin-Abbau vermindert, was die Halbwertszeit verlängere und damit den Bedarf des Hormons senke. Andererseits bewirke die Störung der Insulin-Signaltransduktion eine erhöhte Insulin-Resistenz und einen Mehrbedarf. »Die Balance zwischen diesen beiden Armen kann die Einstellung sehr schwierig machen«, sagte Hasslacher.

 

Prinzipiell seien aber alle Formen einer Insulin-Therapie möglich. Unterhalb einer eGFR von 60 ml/min sei mit einer Abnahme der Insulin-Dosis zu rechnen. Mit Ausnahme von Insulin aspart (NovoRapid®) treffe dies insbesondere auf die Verwendung von Analog­insulinen zu – sowohl lang als auch kurz wirksame. Bei der Ersteinstellung auf Insulin empfahl Hasslacher folgendes Vorgehen, um Hypoglykämien zu vermeiden: niedrige Anfangsdosis, langsames Auftitrieren und häufige, auch nächtliche Blutzuckerkontrollen. /

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