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Dosisanpassung vor Therapiebeginn

19.12.2005  12:25 Uhr

Sparmaßnahme

<typohead type="3">Dosisanpassung vor Therapiebeginn

von Christiane Berg, Potsdam

 

Sieben Prozent der deutschen Bevölkerung sind »Langsam-Metabolisierer«. Werden sie vor Therapiebeginn identifiziert, könnte eine Verringerung von Arzneimittel-Dosen nicht nur potenzielle Nebenwirkungen senken, sondern auch Kosten sparen.

 

Eine genaue Typisierung der Patienten ist allerdings unbedingte Voraussetzung. Denn neben »Langsam-« gibt es auch »Ultraschnell-Metabolisierer«, etwa 3 Prozent der Deutschen. Bei diesen müsse in einigen Fällen die Standarddosierung erhöht werden, um einen therapeutischen Effekt zu erzielen, sagte Dr. Sabine Gohlke, Hönow, auf einer Veranstaltung der Apothekerkammer Brandenburg in Potsdam.

 

Der Metabolismus und Abbau vieler Medikamente wird durch Enzyme des Cytochrom-P-450-Systems katalysiert. So können die zahlreichen Varianten des CYP2D6-Gens bewirken, dass CYP2D6-abhängige Arzneimittel wie Antidepressiva, Neuroleptika oder Betablocker unterschiedlich schnell verstoffwechselt werden.

 

Je nach Gen-Ausstattung werden Modifikationen spezifischer Cytochrome, neben CYP2D6 nachweislich CYP2C19, im unterschiedlichen Ausmaß gebildet, sodass neben Langsam- und Ultraschnell-Metabolisierern auch extensive und eingeschränkte Metabolisierer unterschieden werden.

 

Die kürzlich abgeschlossene Sequenzierung des menschlichen Genoms sei daher auch für die Lösung von Problemen in der Arzneimitteltherapie bedeutend. Mit Hilfe der generierten Daten sei es nicht nur möglich, krankheitsrelevante Gene als therapeutisches Ziel neuer Arzneistoffe, sondern auch Genloci zu identifizieren, die für interindividuelle Unterschiede von Arzneimittelwirkungen und -nebenwirkungen verantwortlich sind.

 

Was dies für einen Patienten bedeuten kann, machte Gohlke an konkreten Beispielen aus den USA deutlich: Nach Codein-Gabe zur Schmerzlinderung entwickelte ein Äthiopier Halluzinationen. Er besaß fünf aktive Kopien des CYP2D6-Gens, sodass Codein übermäßig rasch in die aktive Form Morphin umgewandelt wurde. Eine andere Patientin, die auch Codein erhielt, habe dagegen ständig nach einer höheren Dosierung verlangt. Sie sei zunächst als süchtig eingestuft worden, bis festgestellt wurde, dass sie zu den 7 Prozent der weißen US-Bevölkerung mit einer inaktiven Form des CYP2D6-Gens zählt: Hier fand die Umwandlung in Morphin nicht statt. Ein dritter Patient fiel nach Codein-Gabe ins Koma und musste auf der Intensivstation behandelt werden. Er habe sich durch einen »ultraschnellen« CYP2D6-Genotyp ausgezeichnet, sodass sich trotz geringer Dosierung übermäßig hohe Konzentrationen von Codein-Metaboliten im Blut anreicherten. Die Behandlung der Nebenwirkungen sei mit einem erheblichen Kostenaufwand einhergegangen, der sich bei Kenntnis des individuellen Stoffwechseltyps und entsprechender Dosisanpassung hätte vermeiden lassen können.

 

Mit Hilfe pharmakogenetischer Testverfahren lassen sich die unterschiedlichen Metabolisierer-Typen heute identifizieren. Gohlke verwies auf den AmpliChip CYP450-Test (Roche Diagnostics) als ersten Biochip, der in Europa und den USA zur klinischen Anwendung zugelassen ist. Zur Bestimmung des Metabolisierer-Phänotyps mittels Polymerasekettenreaktion sei nur eine kleine Blutmenge notwendig. Das Ergebnis liegt nach acht Stunden vor.

 

Mit der Möglichkeit, entsprechende Untersuchungen in Apotheken durchzuführen, ist allerdings nicht zu rechnen, so Gohlke. Sie empfahl, die Entwicklungen auf diesem Gebiet jedoch weiterhin genau zu verfolgen und auf die Einbeziehung apothekerlicher Leistungen in die entsprechenden Paragrafen des Gendiagnostikgesetzes zu drängen. »Beratung ist Pflicht und Kür«, so die Referentin. Apothekern müsse es möglich sein, pharmakogenetische Daten einzusehen, damit sie ihrer umfassenden Beratungspflicht gegenüber Arzt und Patient gerecht werden können.

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