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»Eine gezielte Indiskretion«

13.12.2017  08:45 Uhr

Von Daniel Rücker / Die Apotheker sind entrüstet. Das merkwürdige Vorgehen beim Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) gibt Rätsel auf. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hält von dem absurden Prozedere wenig.

PZ: Das Gutachten des Bundeswirtschaftsministerium ist immer noch nicht veröffentlich. Stattdessen werden in verschiedenen Medien Details diskutiert. Was halten Sie von dieser Strategie?

Schmidt: Wir empfinden das als absolut inakzeptables Vorgehen. Es gibt einen Beirat beim BMWi, über den die betroffenen Akteure, also auch die ABDA, über den Fortgang des Gutachtenverfahrens informiert werden sollen. Jetzt haben wir eine Situation, in der Medien munter über vorläufige Inhalte des Gutachtens berichten, und der Beirat erfährt rein gar nichts. Dabei ist es vollkommen egal, ob die Indiskretionen unmittelbar aus dem BMWi kommen oder die Ergebnisse anderweitig an Zeitungen durchgestochen wurden. Das Ministerium ist Herr des Verfahrens. Es hat zu verantworten, was schiefgelaufen ist.

 

Die Vorgänge haben das Vertrauen der Beteiligten und auch das Gutachten selbst beschädigt. Ich tue mich schwer, dieses Werk überhaupt noch als Gutachten zu bezeichnen. Denn es wird nicht wie eine neutrale, wissenschaftliche Entscheidungshilfe eingesetzt, sondern wie ein politisches Kampfinstrument.

 

PZ: Sie glauben nicht an eine faire Analyse?

 

Schmidt: Da passt zu vieles nicht zusammen. Zum Beispiel wird behauptet, dass fast die Hälfte der Apotheken in wirtschaftlichen Schwierigkeiten seien. Als Lösung für das Problem wird dann vorgeschlagen, ihnen erstmal 1 Milliarde Euro wegzunehmen. Das wirkt, gelinde gesagt, wenig schlüssig.

 

PZ: Kann es denn überhaupt ein wissenschaftliches Ergebnis geben, wenn schon dessen Kommunikation auf Wissenschaftlichkeit und Neutralität verzichtet?

 

Schmidt: Tatsächlich können wir viele Inhalte noch gar nicht wirklich überprüfen, weil es keine abgenommene Fassung des Gutachtens gibt und man auf unautorisierte Quellen angewiesen ist. Ein paar Annahmen verdichten sich aber: Das Gutachten will Fragen beantworten, die nie gestellt wurden. Es geht von etlichen Prämissen aus, die per se falsch sind. Und es verkennt die Natur der freiberuflichen Leistungserbringung. Offenbar will man die Mischkalkulation mit einer Gesamtvergütung für eine Gesamtleistung durch eine direkte Bepreisung jeder einzelnen Dienstleistung ersetzen. Zur Gemeinwohlorientierung des freien Berufs gehört aber auch, dass er bestimmte unverzichtbare Leistungen garantiert, die nicht wirtschaftlich sein können und durch den Gesamtbetrieb quersubventioniert werden müssen. Wir sind keine Gewerbetreibenden.

 

Absurd ist auch die willkürliche Festlegung eines angemessenen Einkommens für den Leiter einer öffentlichen Apotheke. Das Gutachten macht kurzerhand das Jahresgehalt eines Leitenden Krankenhausapothekers mit 100 000 Euro zur Benchmark für Apothekenleiter. Dabei gibt es gravierende Unterschiede zwischen den beiden. Der Apothekenleiter ist selbstständig – mit allen Risiken, der Krankenhausapotheker ist angestellt. Das ist also keine seriöse und keine gutachterliche Aussage. Das ist ein politisches Statement, oder eben ein Erstsemesterfehler. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass mit dem Gutachten ein Unternehmen ohne langjährige Expertise im Gesundheitswesen beauftragt wurde.

 

PZ: Was denken Sie, warum man bei der Verbreitung des Gutachtens einen derart skurrilen Weg geht? Erst wird zwei Jahre intensiv und für viel Geld an dem Gutachten gearbeitet, dann wird es der Nation kleingeschnitten in Häppchen serviert.

 

Schmidt: Ich denke, es gab bei der ersten Zusammenfassung des Gutachtens eine gezielte Indiskretion, die poli­tisch gewollt war, von wem auch immer. Seitdem wurde mehrfach nachgelegt, offensichtlich in der Absicht, öffentlich das Vorurteil zu schüren, dass Apotheken zu viel Geld bekommen.

 

PZ: Es gibt Spekulationen, dass Union und SPD über das Gutachten einen Stellvertreterkrieg führen. Für wie realistisch halten Sie das?

 

Schmidt: Natürlich fällt auf, dass kurz nach dem Glyphosat-Streit erste Details über das Gutachten draußen waren. Aber Spekulationen helfen niemandem weiter. Klar ist: Solange wir nur eine kommissarische Bundesregierung haben, haben wir politisches Vakuum, das weder für das Land noch für uns Apotheker gut ist. Eine sachliche Diskussion mit der Politik ist im Moment schwer. /

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