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Regierung will Naturalrabatte verbieten

13.12.2005  17:34 Uhr

Spargesetz

<typohead type="3">Regierung will Naturalrabatte verbieten

von Thomas Bellartz und Daniel Rücker, Berlin

 

Als am Dienstag der Gesetzentwurf zum Spargesetz die Runde machte, hatte Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder die ABDA-Mitgliederversammlung einige Tage vorher schon über die Hintergründe informiert. Er stellte klar, dass das Gesundheitsministerium an den in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegten Spannen trotz der Kampagne der Krankenkassen festhalten werde.

 

Der Termin passte perfekt. Mitten in den Verhandlungen der Regierungsparteien über das geplante Arzneimittelsparpaket, kam Schröder am 8. Dezember zur ABDA-Mitgliederversammlung, um die Apotheker über die Pläne der Bundesregierung zu informieren. Mit Details konnte er freilich noch nicht aufwarten, da es zwischen Union und SPD noch Meinungsunterschiede gibt. Das vor einer Woche verbreitete und von manchem bereits für einen Gesetzentwurf gehaltene Papier aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte bei der Union keine Chance. Doch am Ende fand sich vieles davon im Gesetzentwurf wieder.

 

So musste sich Schröder bei der ABDA-Mitgliederversammlung in seinen Ausführungen noch auf die grobe Linie des »Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG)« beschränken. Sicher scheint, dass sich die Koalitionspartner tatsächlich auf ein Verbot der Naturralrabatte für Apotheken einigen. Da der entsprechende Gesetzestext im Heilmittelwerbegesetz untergebracht wird, gilt er auch für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel. Am Grund, warum die Regierung sich auch um einen Bereich kümmern will, der sie eigentlich gar nichts angeht, ließ Schröder keinen Zweifel: Die Regierung will so verhindern, dass Pharmaunternehmen das Rabattverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel umgehen.

 

Unstrittig zwischen Union und SPD war die Absenkung der Generikapreise um 5 Prozent. Zudem soll die Strukturkomponente, nach Schröders Einschätzung der wichtigste Faktor für steigende Arzneipreise, über eine Ausweitung der Festbetragsregelung gebremst werden.

 

Kein Verständnis zeigte Schröder für die Vorstöße von Krankenkassen, die Spannen der Apotheker zu reduzieren. Die Im GKV-Modernisierungsgesetz getroffene Regelung sei eine gerechte Entlohnung für die heilberufliche Leistung der Apotheker. Sie stehe nicht zur Diposition.

 

Gemeinsam Kosten senken

 

Das Bundesgesundheitsministerium gibt den Ärzten zumindest eine Teilschuld an den in diesem Jahr deutlich gestiegenen Arzneimittelkosten. Schröder hält es deshalb für sinnvoll, wenn die Apotheker ihre Heilberufskollegen unterstützen würden, wirtschaftlicher zu verordnen. Gemeinsamen Konzepten von Ärzten und Apothekern, die Arzneikosten zu senken, stehe das Ministerium aufgeschlossen gegenüber, sagte der Staatssekretär. Grundsätzlich seien alle Beteiligten aufgefordert, Vorschläge für eine effizientere Arzneimittelversorgung zu machen.

 

In der anschließenden Diskussion äußerten zahlreiche Teilnehmer der Mitgliederversammlung Bedenken zu den Plänen des Ministeriums. Viele Apotheken seien auf Naturalrabatte angewiesen. Der Präsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Hans-Günter Friese, befürchtet, der damit verbundene Ertragsrückgang gefährde die Qualität der Versorgung. Der Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, Johannes M. Metzger, bezeichnete die Platzierung des Rabattverbots im Heilmittelwerbegesetz als nicht hinnehmbar.

 

ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf versicherte dem Gremium, die ABDA-Spitze werde dafür kämpfen, dass die Apotheker im AVWG nicht über Gebühr belastet würden. Der Entwurf aus dem Ministerium werde in jedem Fall noch überarbeitet. Die ABDA wolle auch gemeinsam mit der Ärzteschaft neue Konzepte für Ausgabenkontrolle entwickeln.

 

Entwurf geändert

 

Schröders Ausführungen vor der ABDA-Mitgliederversammlung wurden am darauf folgenden Dienstag im AVWG-Entwurf publik. Ulla Schmidt (SPD) war im Vergleich zu den vergangenen Tagen deutlich entspannter. Bei einem Besuch im Berliner Universitätsklinikum Charité am Dienstagnachmittag war ihr anzumerken, dass sie es erneut geschafft hatte. Tagelang hatte die Union gezetert, sich über die Vorgehensweise der Ministerin beklagt. Die hatte aus einer Formulierungshilfe ihres Ministeriums gleich einen Gesetzentwurf der großen Koalition gemacht ­ und damit Gräben aufgerissen. Nicht nur der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Zöller (CSU), sondern auch die explizite Schmidt-Gegnerin Anette Widmann-Mauz (CDU) machten ihrem Ärger Luft. Widmann-Mauz kann sich vorstellen, in Zukunft ohne die Ministerin über Gesundheitsthemen zu verhandeln.

 

Und auch am Montag, als manch einer schon den neuen Vorschlag auf dem Schreibtisch wähnte, hatten sich die Fraktionen nicht verständigt. Doch das Papier machte eben erst am am Dienstag die Runde. An vielen zentralen Punkten wurde nichts mehr geändert. Schmidts Taktik war einmal mehr aufgegangen; die Hektik der vergangenen Tage dürfte sich also zumindest aus ihrer Sicht ausgezahlt haben.

 

Für die Apotheken sieht der Gesetzentwurf ­ wie von vielen Apothekern befürchtet ­ ein Verbot der Naturalrabatte vor. Dieses Verbot gilt für verschreibungspflichtige, erstattungsfähige und für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Preise seit Anfang 2004 zwischen den Handelsstufen frei vereinbart werden können. Durch die zusätzliche Formulierung »soweit Preisnachlässe außerhalb der Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelpreises gelten«, wird nach Ansicht von Experten klargestellt, dass Preisnachlässe, die im Rahmen der Arzneimittelpreisverordnung zulässig sind, weiterhin möglich bleiben.

 

Das gilt auch und besonders für Barrabatte, die in dem von der Arzneimittelpreisverordnung gesetzten Rahmen zulässig sind. Bei Schröders Auftritt in der Mitgliederversammlung war noch unklar, ob und in welchem Umfang Pharmaunternehmen Barrabatte und Preissenkungen anbieten dürfen. Hier hatte das erste BMG-Schreiben Widersprüchliches geboten.

 

Entschärft wurde die Formulierungshilfe Schmidts mit Blick auf die Ärzteschaft. Die Bonus-Malus-Regelung soll nun nicht mehr jeden einzelnen Arzt treffen, sondern in der Summe die Kassenärztlichen Vereinigungen. Und die sollen dann ausschütten oder einziehen.

 

Moratorium verkürzt

 

Um acht Monate verkürzt wurde das Preismoratorium für die Hersteller, das nun nicht bis zum 31. Dezember 2008, sondern nur bis zum 31. März 2008 läuft. Das Moratorium nimmt zudem Bezug auf den Herstellerabgabepreis ohne Mehrwertsteuer, und nicht mehr auf den Apothekenabgabepreis ohne Mehrwertsteuer. Ersatzlos gestrichen wurde der handwerklich heftig kritisierte Entwurf, wonach die Hersteller die Erhöhung der Mehrwertsteuer finanzieren sollten.

 

Bei den Verbänden der Arzneimittel-Hersteller herrschte zwar am Dienstag angesichts der immer noch milliarden-schweren Belastungen keine Feierlaune. Aber einige Anregungen der Lobbyisten sind vom Gesetzgeber aufgenommen worden. So zeigte man sich beim Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) zufrieden, dass es immerhin zu einer weitreichenenden Neudefinition des Begriffes der »therapeutischen Verbesserung« gekommen sei.

 

Nach Verabschiedung in den jeweiligen Arbeitsgruppen und den Fraktionen von Union und SPD sollte das Gesetz bereits am 16. Dezember in erster Lesung im Bundestag behandelt werden. Ende Januar kann dem Vernehmen nach die Anhörung der beteiligten Verbände stattfinden und dann Anfang Februar die letzten Beratungen im Gesundheitsausschuss erfolgen. Nach einer Entscheidung des Bundesrats am 10. März könnte das AVWG dann zum 1. April in Kraft treten.

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