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Insuline

Noch schneller, noch langsamer

03.12.2014  10:22 Uhr

Von Sven Siebenand, Leipzig / Mit Insulin degludec kam in diesem Jahr ein neues, sehr lang wirksames Basalinsulin auf den Markt. In den nächsten Monaten und Jahren könnten einige neue Mitspieler auf dem Insulinmarkt folgen. Professor Dr. Thomas Forst vom Profil-Institut für Stoffwechselforschung in Neuss stellte auf der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Leipzig einige interessante Kandidaten vor.

Das Insulin-Analogon Insulin lispro ist ein schnell wirksames Mahlzeiten­insulin. Wird das Molekül pegyliert, werden dessen Eigenschaften völlig verändert. Wie Forst informierte, entsteht ein sehr hydrophobes Insulinmolekül, welches nur noch über die Lymphbahn ins Blut aufgenommen werden kann. Dieser Vorgang sei äußerst langsam. Hinzu komme die Tatsache, dass das Insulinmolekül aufgrund der hydrophoben Struktur die Blutbahn nicht mehr verlassen kann, nachdem es einmal dort angekommen ist. Nur über die Leber mit ihrem fenestrierten sinusoidalen Endothel könne es aufgenommen werden. »Das Insulin wirkt überwiegend hepatisch«, sagte Forst. Zum Beispiel könne es in dem Organ die Gluconeogenese reduzieren.

In einer Studie mit Typ-2-Diabetikern konnte eine mit Insulin glargin vergleichbare Senkung des HBA1c-Wertes gezeigt werden. Die Unterzuckerungen, insbesondere jene in der Nacht, waren aber in der Gruppe, die pegyliertes Insulin lispro erhalten hatte, seltener. Verblüffend, so der Referent, ist die Tatsache, dass es unter pegyliertem Insulin lispro in unterschiedlichen Untersuchungen zur Gewichtsreduktion kam. Normalerweise ist eine Insulintherapie eher mit einer Gewichtszunahme assoziiert. Warum pegyliertes Insulin lispro diesen Effekt hat, ist laut Forst bisher nicht geklärt. Diskutiert werde eine reduzierte Lipogenese in der Leber, da sie der primäre Adressat des Insulins ist. Das pegylierte Insulin lispro befindet sich derzeit in Phase III der klinischen Entwicklung.

 

Intelligentes Insulin

 

Im Folgenden informierte der Referent über neue, sogenannte Smart-Insuline, von denen eines nun in Phase II der klinischen Forschung geht. Smart-Insuline sind sozusagen intelligente Insuline, die nur dann wirken, wenn der Blutzucker erhöht ist. Wie funktioniert das? Das Insulinmolekül ist an Eiweiße oder Polymere gekoppelt und wird dadurch nach Injektion nicht vom Subkutan-Gewebe absorbiert. Es sei denn, der Zucker steigt. Wie Forst informierte, kann Glucose Insulin aus der Eiweiß- oder Polymer-Bindung verdrängen, sodass es danach dann absorbiert werden kann.

 

Subkutan-Gewebe aufgelockert

 

Während pegyliertes Insulin lispro und Smart-Insuline noch nicht in ganz naher Zukunft auf den Markt kommen werden, wird eine Weiterentwicklung des Insulin-Analogons glargin den Markt der Basalinsuline mit großer Wahrscheinlichkeit schon im kommenden Jahr bereichern. Dabei handelt es sich um eine dreimal höher dosierte Präparation von Insulin glargin. Die Rationale dahinter: Je höher dosiert, desto langsamer die Aufnahme nach subkutaner Injektion. Ende Mai nahm die Europäische Arzneimittelagentur EMA das Zulassungsdossier für die U300-Version von Insulin glargin an, im ersten Halbjahr 2015 rechnet Hersteller Sanofi-Aventis mit der Zulassung (lesen Sie dazu Insulin glargin: Nachfolger am Start, PZ 46/2014).

Wie Forst informierte, tut sich auch auf dem Gebiet der schnell wirksamen Insuline einiges. Er stellte zum Beispiel ein Insulin vor, das an das Enzym Hyaluronidase gekoppelt ist. Dieses Enzym baut Hyaluronsäure, einen wichtigen und raumfüllenden Bestandteil des Gewebes, ab und führt damit zu einer Auflockerung des Subkutan-Gewebes. Die Aufnahme des Insulins ist dadurch erleichtert und erfolgt schneller. Da das Enzym innerhalb von Minuten wieder abgebaut wird, ist dieser Prozess vollständig reversibel. Auch an einer noch schneller wirksamen Variante des Insulins Insulin aspart wird laut Forst gearbeitet. Dieses wird mit Nicotinamid und L-Arginin versetzt, um die Absorption zu verbessern.

 

Insulin über die Lunge

 

Nachdem das inhalierbare Insulin Exubera® bereits vor einigen Jahren wieder vom Markt verschwunden ist, erlebt diese Applikationsform zumindest in den USA derzeit eine Renaissance. Dort wurde das Inhalations-Insulin Afrezza® zugelassen und geht in den Markt, so Forst. Kristalle aus Fumaryldiketo­­­pi­perazin dienen als Arzneistoffträger, in diesem Fall von Insulin. Die Partikelgröße ist so gewählt, dass die Applikation über die Lunge möglich ist. Forst: »Dieses pulmonale Insulin ist schneller als andere inhalative Insuline und schneller als Insulin lispro subkutan.« Auch das Device sei längst nicht so groß und unhandlich wie jenes von Exubera.

 

Forst sieht durch die Neuentwicklungen im Bereich der Insuline die Chance, bei Diabetikern noch physiologischere Stoffwechselverhältnisse realisieren zu können. Zudem sieht er als Bereicherung, wenn demnächst feste Kombinationen aus Insulin und einem GLP-1-Rezeptoragonisten auf den Markt kommen, zum Beispiel eine Kombination aus Insulin degludec und Liraglutid oder eine aus Insulin glargin und Lixisenatid. /

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