Verantwortung ist nicht delegierbar |
07.12.2010 13:09 Uhr |
Von Maria Pues, Bad Homburg / Weder Juristen noch Apothekern wird in Zukunft die Arbeit ausgehen, das scheint sicher. Finanziell schlägt sich dies jedoch nicht zwangsläufig nieder.
Welche Leistungen darf ein Apothekeninhaber von Dritten erbringen lassen, ohne seine Freiberuflichkeit zu gefährden? Diese Frage, die sich in Apotheken vor dem Hintergrund zunehmender Arbeitsbelastung und sinkender Erträge immer häufiger stellt, lässt sich oft nur schwer und nicht immer eindeutig beantworten.
Einige Beispiele aktueller Fälle erläuterte Lutz Tisch, Geschäftsführer Apotheken- und Arzneimittelrecht, Berufsrecht der ABDA – Arbeitsgemeinschaft Deutscher Apothekerverbände beim ersten Bad Homburger Gesundheitsrechtstag der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs: Zentralisierung des Notdienstes, Warenautomaten mit Beratungsterminal, die Verbindung einer Apotheke mit einer GmbH aus schweizerischen Ärzten (»Zur Rose«), verschiedene Arten von Kooperationen bis hin zum Outsourcing der Arzneimittelabgabe an einen holländische Versender, bei der die Apotheke am Ort als Pick-up-Stelle fungiert (»Vorteil 24«). All dies ist rechtlich problematisch.
Herr im eigenen Haus
Nicht immer bleibt der Apotheker Herr im eigenen Haus. Dies fanden Richter zum Beispiel, wenn ein Apotheker, den ein Kunde über ein Beratungsterminal erreicht, kein Mitarbeiter der beauftragenden Apotheke ist, sondern Angestellter der Automaten-Servicegesellschaft. Oder wie im Falle »Zur Rose«: Wenn bei einer eventuellen Vertragskündigung dem Apotheker untersagt wird, das Unternehmenskonzept mit einem anderen Partner fortzusetzen und nicht umgekehrt. »Ein deutliches Indiz dafür, wer hier die Hosen anhat«, so Tisch. Auch einige Kooperationen kämen zukünftig vor dem Hintergrund dieser Frage auf den Prüfstand: Manche dienen lediglich einem gemeinsamen Einkauf, andere planen gemeinsame Marketingmaßnahmen oder Preisaktionen, manche sind mit der Verpflichtung, ein bestimmtes OTC-Sortiment vorrätig zu halten, oder zur zentralen Suche nach Arbeitskräften verknüpft.
Die Eigenverantwortung des Apothekers aufrechtzuerhalten, gehe zwar zulasten eines maximal liberalisierten Wettbewerbs, so Tischs Fazit. Doch es geschehe möglicherweise zum Nutzen des Gemeinwohls und der Arzneimittelsicherheit.
Was die neue Apothekenbetriebsordnung bringen könnte, erläuterte Rechtsanwalt Dr. Valentin Saalfrank, Köln. Zwar stehe ein aktueller Referentenentwurf derzeit noch aus, werde jedoch noch in diesem Monat erwartet. Der derzeit bekannte Entwurf sieht eine Ausweitung des Botendienstes und eine Abgrenzung vom Versandhandel vor.
Ein Botendienst dürfe danach als reguläre Leistung angeboten werden, müsste jedoch vom pharmazeutischen Personal übernommen werden, da auch eine Beratung im Rahmen des Botendienstes möglich sein soll. Das könne eine Auslagerung von Apothekenleistungen aus ihren Räumen und damit eine Verwischung der Institution Apotheke bedeuten, gab Saalfrank zu bedenken.
Apothekerliche Dienstleistungen
Entfallen ist bereits Ende 2003 der »Katalog« der apothekenüblichen Waren. Er wurde allgemeiner gefasst und enthielt seitdem die Anforderung, dass die betreffenden Produkte der Gesundheit »mittelbar und unmittelbar dienen oder diese fördern« sollen. Dies könnte demnächst strenger gefasst werden, indem nur noch unmittelbar gesundheitsfördernde Produkte vorgesehen sind. Möglicherweise wird er außerdem durch die »apothekerlichen Dienstleistungen«, die bislang nicht reguliert sind, eine Ergänzung erfahren. Im Gegensatz zu den apothekenüblichen Waren sollen diese »der Gesundheit von Menschen und Tieren mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern«.
»Das pharmazeutische Personal hat insbesondere bei jeder Abgabe von Arzneimitteln oder Medizinprodukten eine Beratung anzubieten.« Ob die Formulierung im derzeit bekannten Entwurf eine Stärkung der Beratungspflicht bedeutet, wurde von den Diskutanten unterschiedlich beurteilt. Sie stärke die Beratungspflicht, so die einen. Und die anderen: Ein Angebot allein reiche nicht, denn häufig könne ein Patient seinen Beratungsbedarf gar nicht selbst erkennen. Daher gebe es in der derzeit gültigen Apothekenbetriebsordnung eine Beratungspflicht. Nach der neuen Verordnung wäre, wenn der Kunde zum Angebot »nein, danke,« sagt, der Fall – ohne Beratung – erledigt. Der Gesetzgeber hätte das Gegenteil von dem erreicht, was er beabsichtigt hatte. /