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Pfizer verliert 28 Milliarden

06.12.2006  10:57 Uhr

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<typohead type="3">Pfizer verliert 28 Milliarden

Von Thomas Bellartz

 

Wie gewonnen, so zerronnen: Dramatisch klangen die Zahlen am Wochenbeginn. Der Wert des weltgrößten Pharmaherstellers Pfizer sank an einem einzigen Tag um rund 28 Milliarden US-Dollar. Grund ist die Aufgabe eines bislang vielversprechenden Cholesterinsenkers. Nun drohen Jobabbau und weitere Übernahmen.

 

Das Scheitern mit einem vielversprechenden Cholesterin-Medikament hat die Aktien des weltgrößten Pharmakonzerns Pfizer am Montag einbrechen lassen. Kurz nach Handelbeginn verloren die Papiere an der New Yorker Börse 13,13 Prozent auf 24,20 Dollar. Am Wochenende hatte Pfizer »aus Sicherheitsgründen« die Entwicklung des Medikaments »Torcetrapib« und alle damit verbundenen klinischen Studien gestoppt.

 

Viele Analysten reagierten mindestens ebenso überrascht wie das Management des Mega-Konzerns. Und auch in den Redaktionen der Wirtschaftspresse gibt man sich desorientiert. Denn Pfizer hatte noch vor wenigen Tagen die Unternehmenszukunft in rosigen Farben beschrieben. Was folgte, war ein förmlicher Ausverkauf. Das können Unternehmen von der Größe Pfizers zwar wegstecken; doch am grundsätzlichen Problem einer schlecht gefüllten Forschungspipeline ändert das zunächst nichts. Die Pfizer-Aktien verloren seit dem Vorwochenschluss fast 28 Milliarden Dollar (21 Milliarden Euro) an Wert. Der Börsenwert der Pfizer-Aktien betrug am Montag »nur« noch rund 172 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Dieser Tagesverlust ist höher als der Börsenwert der frisch gegründeten gesamten Bayer Schering AG.

 

»Torcetrapib« erhöht die Werte des HDL-Cholesterins erheblich und war für Pfizer nach Ansicht von Pharmaexperten das mit Abstand vielversprechendste Medikament. Es sollte Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe ausgleichen, die durch das Auslaufen des Patentschutzes für wichtige Pfizer-Medikamente in den kommenden Jahren drohen. Insbesondere Lipitor, das weltweit umsatzstärkste Medikament, wird schon bald ein tiefes Loch in der Pfizer-Bilanz hinterlassen.

 

Pfizer war mit dem Stopp einer Empfehlung eines unabhängigen Aufsichtsgremiums gefolgt, das die umfangreichen Patientenstudien überwachte. Es hatte eine erhöhte Zahl von Todesfällen während der klinischen Studien festgestellt. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte erklärt, sie unterstütze die Pfizer-Entscheidung voll.

 

Das unabhängige Aufsichtsgremium DSMB (Data Safety Monitoring Board) empfahl die Beendigung der sogenannten »Illuminate«-Studie für das Medikament wegen »eines Ungleichgewichts von Sterblichkeits- und Herz-Kreislauf-Vorfällen«, erklärte Pfizer am Wochenende.

 

Der Pfizer-Blutfett-Senker »Lipitor« war in der Studie als Vergleich für die Sicherheit und Wirksamkeit von »Torcetrapib« verwendet worden. »Lipitor« ist mit rund 13 Milliarden Dollar (9,8 Milliarden Euro) Jahresumsatz das umsatzstärkste Medikament der Welt. Der Lipitor-Patentschutz in den USA läuft 2010 oder 2011 aus. Pfizer verliert auch bei einigen anderen wichtigen Medikamenten in den kommenden Jahren Patentschutz.

 

An der Studie nahmen 15.000 Patienten teil. Es waren 82 Patienten gestorben, die eine Kombination von Torcetrapib und Lipitor eingenommen hatten gegenüber 51 Todesfällen von Patienten, denen nur Lipitor verabreicht worden war.

 

Pfizer-Konzernchef Jeffrey B. Kindler hatte die DSMB-Informationen am Sonntag »überraschend und enttäuschend« genannt. Pfizer verstehe, was dies für das Geschäft bedeute und werde »rasch und aggressiv reagieren«. Wall-Street-Analysten erwarten einen massiven Stellenabbau beim globalen Pharma-Branchenführer.

 

Kindler geht weiterhin davon aus, dass der Umsatz 2007 und 2008 auf dem Niveau dieses Jahres bleiben wird. 2009 werde es dann wieder einen steigenden Umsatz geben. Pfizer will nach seinen Angaben jetzt beschleunigt die eigene Produktpalette erweitern, Produkte zukaufen und Kosten sparen. Pfizer setzte in den ersten neun Monaten dieses Jahres 35,8 (Vorjahresvergleichszeit: 34,9) Milliarden Dollar um und verdiente 9,9 (5,3) Milliarden Dollar.

Kommentar: Gefahr der Größe

Pfizer ist ohne jeden Zweifel der klangvollste Name der weltweiten Pharmabranche. Pfizer steht für Kapitalkraft, Marktmacht und nicht zuletzt für Größe. Wenn das Management seine Ziel formuliert, dann geht es meist darum, zu wachsen, zuzukaufen, sich zu verstärken. Es ist kein Sportsgeist, den Pfizer auszeichnet, sondern Aggressivität und Kampfgeist. Wer mit Pfizer im Markt kollidiert, wird wissen, worum es geht.

 

Dass Größe aber auch Gefahren birgt, Einbußen bei Beweglichkeit und auch Diplomatie, zeigt die jüngste Mega-Schlappe. Die mitunter grandios überzogenen Erwartungen, erzeugt von einer Mischung aus Überheblichkeit, Respektlosigkeit und Finanzstrategie, führte nun zum jähen Absturz.

 

Das belegt, dass Größe an sich tatsächlich nicht mit Sicherheit und Stabilität einhergeht. 20.000 Jobs sollen nun abgebaut werden, andere Unternehmen und deren Linien übernommen und einverleibt werden, damit der Riese Pfizer weiterleben kann.

 

Die Gefahr ist jetzt erstmals offensichtlich geworden - für den Konzern, seine Mitarbeiter, die Aktionäre und auch für die Pfizer-Partner im Markt. Gerade jetzt dürfte der Konzern seine europäischen Visionen von einer Kontrolle der Vertriebswege aggressiver denn je verfolgen.

 

Thomas Bellartz

Leiter der Hauptstadtredaktion

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