Peripher ist nicht zentral |
25.11.2015 09:34 Uhr |
Von Ulrike Viegener / Bei Verdacht auf Fieber werden in aller Regel periphere Messwerte zurate gezogen. Die können aber deutlich von der zentralen Körpertemperatur abweichen, wie eine aktuelle Metaanalyse dokumentiert. Der Unterschied kann bis zu 2 Grad Celsius betragen.
Unter der Achsel oder im Mund sind die beliebtesten Fiebermessmethoden. Dabei wird – ebenso wie am Trommelfell oder an der Temporalarterie in der Schläfenregion – die periphere Körpertemperatur bestimmt. Das geht schnell und ist für den Patienten komfortabel. Die rektale Messung dagegen, mit der sich in guter Näherung die zentrale Körpertemperatur erfassen lässt, wird von vielen Patienten als unangenehm empfunden. Deshalb wird sowohl im Hausgebrauch als auch in der Klink meist darauf verzichtet.
Diese Praxis sollte – vor allem in kritischen Fällen – überdacht werden. Die periphere Temperaturmessung ist nämlich relativ ungenau: Gegenüber der zentralen Körpertemperatur muss mit Abweichungen um bis zu 2 Grad Celsius gerechnet werden, wie eine im Fachjournal »Annals of Internal Medicine« publizierte Metaanalyse zeigt (DOI: 10.7326/M15-1150). Dabei analysierten Forscher um Daniel J. Niven von der Universität Calgary in Kanada 75 prospektive Studien an insgesamt 8682 Patienten, von denen fast die Hälfte Kinder waren. In den Studien wurden periphere Temperaturmessungen (Ohr, Schläfe, Achsel, Mund) und zentrale Messungen (Pulmonalarterie, Harnblase, Ösophagus, Rektum) verglichen.
Laut den gepoolten Daten überschreiten die Abweichungen der peripheren Messwerte von den zentralen das akzeptable Maß zum Teil deutlich, wobei meist zu niedrige Werte abgebildet werden. Bei erwachsenen Patienten mit Fieber bewegten sich die Abweichungen in einem Bereich zwischen minus 1,44 und plus 1,46 °C und bei Kindern mit Fieber zwischen minus 1,49 und plus 0,43 °C. Die Sensitivität für den Fiebernachweis beträgt nur 64 Prozent, das heißt leichtere Temperaturanstiege können bei peripheren Messungen leicht übersehen werden. Im Fall therapeutischer Hypothermie lagen die Messwerte bis zu 2,07 °C zu niedrig beziehungsweise bis zu 1,90 °C zu hoch.
Am besten schneiden unter »den Peripheren« kalibrierte Ohrthermometer ab. Wenn klinische Entscheidungen davon abhängen – so die Autoren der Metaanalyse – könne man sich aber grundsätzlich nicht auf periphere Temperaturmessungen verlassen. /