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HIV-Beratung

Mit Fachwissen und Fingerspitzengefühl

Datum 29.11.2011  18:08 Uhr

Von Uta Grossmann, Berlin / Eine Schwerpunkt-Apotheke für HIV-Patienten stellt besondere Anforderungen an die Mitarbeiter. Ein Besuch in der Witzleben-Apotheke am Berliner Kaiserdamm.

Die Witzleben-Apotheke in Charlottenburg gibt es schon seit 1929, Jahrzehnte vor dem ersten Auftreten von Aids. Das Robert-Koch-Institut schätzt die Zahl der Patienten mit HIV und Aids in Deutschland heute auf 73 000.

 

Das Human Immunodeficiency Virus (HIV) kann durch eine hoch aktive antiretrovirale Therapie (HAART) viele Jahre in Schach gehalten werden, zur letzten Phase des Infektionsverlaufs, der Aids-Erkrankung, muss es nicht mehr kommen.

 

Lebenslang hoch wirksame Medikamente

 

HIV-Patienten müssen dafür allerdings ihr Leben lang hoch wirksame Medikamente nehmen, denn die Krankheit ist nach wie vor nicht heilbar. Schwerpunkt-Apotheken wie die Witzleben-Apotheke haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Patienten zu betreuen. Das bedeutet nicht nur, die verschiedenen, sehr teuren HIV-Medikamente ständig auf Lager zu haben. Es heißt vor allem, sich in allen Fragen rund um die Krankheit auszukennen, ausführlich zu beraten und besondere Sensibilität für die speziellen Bedürfnisse dieser Patientengruppe zu entwickeln.

 

»Die Spezialisierung bietet sich an, weil über der Apotheke eine Schwerpunkt-Praxis für Patienten mit HIV und Hepatitis ist«, erläutert Filialleiter Christian Winhausen. Weil auch viele Suchtkranke in der Praxis behandelt werden, die an einer Substitutionstherapie teilnehmen, stellt die Witzleben-Apotheke täglich große Mengen Methadon- und L-Polamidon-Saft her.

Der Saft zum Trinken muss sehr dickflüssig sein, damit die Suchtkranken ihn nicht spritzen können. »Der Monatsbedarf für die Patienten wird jeden Tag kontinuierlich hergestellt, das macht viel Arbeit«, sagt Winhausen. Hinter der Offizin ist dafür ein eigener Raum eingerichtet.

 

Mit den Patienten ist vereinbart, dass sie ihre Rationen am Lieferanteneingang abholen, damit sie nicht in der Apotheke danach fragen müssen. Überhaupt ist Diskretion ein wichtiges Thema in der Beratung einer Schwerpunkt-Apotheke. »Wir haben über 100 Stammkunden, die an HIV erkrankt sind«, so Winhausen. Auf Kundenkarten sind Daten zur Therapie und individuelle Besonderheiten vermerkt.

 

Patienten schätzen diskreten Service

 

Die Patienten schätzen es, dass sie nicht jedes Mal bestimmte Wünsche äußern müssen. Zum Beispiel möchten manche, dass die Arzneimittelpackungen vor der Abgabe eingepackt werden, damit andere Kunden nicht zufällig sehen können, dass sie Medikamente gegen HIV nehmen.

 

Auch beim Lieferservice wird peinlich auf Diskretion geachtet. »Wenn der Bote mit dem Apothekenauto Medikamente liefert, hält er bei HIV-Patienten nicht vor der Haustür, damit nicht etwa die Nachbarn unangenehme Fragen stellen«, erzählt Winhausen.

 

Klingelt der Bote am Arbeitsplatz eines Patienten und es öffnen Kollegen, sagt er nicht, dass er von der Apotheke kommt. Nach wie vor verschweigen viele HIV-Positive am Arbeitsplatz ihre Krankheit – aus Angst vor Klatsch, Diskriminierung oder gar der Kündigung.

 

Die Patienten kommen aus dem ganzen Stadtgebiet. Es seien ein paar Paradiesvögel darunter, sagt Winhausen, »aber sie sind alle ganz zahm«. Der Apotheker ist mit seiner gelassenen, zugewandten Art ein Ruhepol in der Offizin am vielbefahrenen Kaiserdamm. Viele HIV-Patienten kommen schon seit Jahren in die Witzleben-Apotheke. Sie schätzen die kompetente Beratung und das Feingefühl von Winhausen und seinen Mitarbeitern: »Sie wissen, sie können jede Frage stellen, aber sie werden von uns nicht ständig zugetextet«, sagt der Filialleiter. Alle im Team hätten Antennen dafür, ob jemand eine Beratung wolle oder nicht.

 

Wenn ein Patient jeden Monat das gleiche Medikament bekommt, ist nicht bei jeder Abgabe eine Beratung nötig. Wird die Medikation umgestellt, geben die Apothekenmitarbeiter Hinweise, wann das Mittel eingenommen werden muss, ob mit einer Mahlzeit oder ohne und achten auf Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln.

Bekommt ein Patient zum ersten Mal Medikamente gegen HIV, nehmen sich die Mitarbeiter besonders viel Zeit. In einer Ecke der Offizin steht ein Tisch mit Stühlen, an dem Fragen rund um die Medikamente besprochen werden können. Wenn heikle und private Themen zu klären sind, gibt es einen eigenen Beratungsraum, der gern in Anspruch genommen wird.

 

Alle Fragen in Ruhe besprechen

 

Oft kündigen Mitarbeiter der Schwerpunkt-Praxis über der Apotheke den neuen Patienten per Telefon an. Der wollte nicht selten nur schnell raus aus der Praxis und hat dem Arzt nicht so genau zugehört. »Dann sind wir da und besprechen in aller Ruhe, wie die Medikamente genommen werden müssen«, sagt Winhausen.

 

Er weist auf mögliche Nebenwirkungen hin, ohne sie zu dramatisieren, weil der Patient sonst die Mittel aus Angst gar nicht nimmt.

 

Manche Medikamente müssen mit fettreicher Nahrung eingenommen werden, andere gehen aufs Nervensystem und können Halluzinationen auslösen. Sie sollten besser abends genommen werden, damit man die Wirkung quasi verschläft – was wiederum zu wilden Träumen führen kann. Der Patient kann jederzeit in der Apotheke anrufen, wenn Nebenwirkungen auftreten, um zu fragen, ob das »normal« ist und wieder weggeht.

 

Nicht nur in Fragen der Arzneimitteltherapie arbeiten Pharmazeuten und Ärzte Hand in Hand. »Die Ärzte sagen uns Bescheid, wenn ein Patient stark abbaut oder zum Beispiel plötzlich eine Fettschürze am Bauch bekommt«, sagt Winhausen.

 

In solchen Fällen wird ein Ernährungsberater hinzugezogen, den die Apotheke beschäftigt.

 

Die Stammpatienten erzählen den Apothekern auch von ihren alltäglichen Sorgen, vom Job, der Partnerschaft oder bitten um Ratschläge für den Urlaub. Eine Frau war unglücklich, weil sie keinen Partner hatte. Apotheker Winhausen machte sie auf ein Café für HIV-positive Menschen aufmerksam, wo sie Anschluss finden könnte. Ein großes Geschäft lässt sich mit dem beratungsintensiven Schwerpunkt HIV nicht machen. Für viele Patienten sind die Zuzahlungen zu den Medikamenten eine starke finanzielle Belastung, für zusätzliche Mittel der Selbstmedikation, die sie aus eigener Tasche zahlen müssten, haben sie kein Geld. Gerade unter den älteren Patienten sind viele in Frührente, andere sind gleichzeitig suchtkrank und deshalb nicht arbeitsfähig.

 

Regelmäßige Fortbildungen gehören dazu

 

Regelmäßige Fortbildungen sind für die Schwerpunkt-Apotheke selbstverständlich. Die Approbierten und PTA halten sich freiwillig auf dem neuesten Stand und besuchen Vorträge von Fachärzten oder Mitarbeitern der Herstellerfirmen. / 

HIV-kompetente Apotheker

Wer sich schnell über HIV-Medikamente, Laborwerte, Interaktionen oder die Leitlinien für Diagnostik und Therapie der HIV-Infektion informieren will, ist bei danebi.org richtig. Das Deutsche Apotheken-Netzwerk zur Verbesserung der Beratung bei der Behandlung von Infektionskrankheiten richtet sich an Apotheker und Ärzte, aber auch an Patienten. 28 Apotheken aus Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Hostein sind derzeit Mitglied; außerdem der Arbeitskreis Aids der Niedergelassenen Ärzte mit den HIV-Schwerpunktpraxen in Berlin. Auch fünf Pflegeeinrichtungen nutzen die interne Datenbank und die Fortbildungsangebote.

 

Ein reiner Apotheker-Verein ist die Deutsche Arbeitsgemeinschaft HIV-kompetenter Apotheken. Die DAHKA dient der Verbesserung der Beratung und Versorgung mit Arzneimitteln von HIV-Patienten und fördert die Zusammenarbeit der Fachgebiete und Institutionen, die sie betreuen. Die DAHKA hat aktuell 41 Mitglieder.

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