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Postexpositionsprophylaxe

HIV-Ansteckung verhindern

29.11.2011  16:20 Uhr

Von Annette Mende / Nach einer möglichen Übertragung von HIV ist schnelles Handeln gefragt. Mit einer rasch eingesetzten Postexpositionsprophylaxe (PEP) lässt sich die HIV-Infektion unter Umständen noch verhindern. Für den Beginn der PEP gilt: Je früher, desto besser.

Auch wenn es sich inzwischen herumgesprochen haben sollte, dass man sich mit HIV nicht durch einen Händedruck anstecken kann, gibt es nach wie vor Menschen, die aus Furcht vor einer Infektion den Umgang mit HIV-Patienten meiden. Doch ist diese Gefahr verschwindend gering, solange kein direkter Kontakt mit Körperflüssigkeiten stattfindet, in denen das Virus in hohen Konzentrationen zu finden ist. Im Einzelnen sind das Blut, Samenflüssigkeit, Vaginalsekret und die Oberfläche der Darmschleimhaut, nicht jedoch Urin oder Speichel.

Wie hoch die Ansteckungsgefahr ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben der Menge der übertragenen Viren sind das unter anderem die Immunabwehr des Empfängers, die Virulenz des Erregers und die Virusvermehrung. Letztere ist am höchsten kurz nach der Infektion sowie bei fortgeschrittenem Immundefekt. Schleimhautgeschwüre, die durch andere Erreger verursacht werden, erhöhen die HI-Viruskonzentration im betroffenen Areal und damit die Infektiosität. So können etwa Herpes-Simplex-Läsionen oder ein Syphilis-Primäraffekt das Infektionsrisiko um das Drei- bis Zehnfache steigern.

 

Nach Kontakten mit erhöhtem Infektionsrisiko sollte laut Leitlinie der Deutschen und Österreichischen AIDS-Gesellschaften eine medikamentöse Postexpositionsprophylaxe empfohlen werden. Arzt und Betroffener müssen in jedem Fall gemeinsam eine Entscheidung für oder gegen eine solche Therapie fällen, auch wenn die Ansteckungsgefahr nur gering und eine Infektion unwahrscheinlich ist (siehe Kasten). Da keines der verwendeten Medikamente für diese Indikation zugelassen ist, handelt es sich immer um einen Off-Label-Use.

 

Die HIV-PEP sollte möglichst innerhalb von 24 Stunden nach einer Exposition begonnen werden, besser noch innerhalb von zwei Stunden. »Zu spät« ist es nach heutigem Kenntnisstand, wenn seit der möglichen Übertragung bereits mehr als 72 Stunden vergangen sind. Die Dauer der Postexpositionsprophylaxe beträgt in der Regel vier Wochen.

 

Als Standardprophylaxe werden verschiedene Kombinationen aus jeweils drei antiretroviralen Wirkstoffen empfohlen: entweder zwei nucleosidische/nucleotidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) plus ein (geboosteter) Protease-Inhibitor (PI), zwei NRTI plus ein nicht-nucleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI) oder drei NRTI. Die Leitlinie empfiehlt als NRTI der ersten Wahl Zidovudin, Lamivudin, Tenofovir und Emtricitabin, als PI Lopinavir in Fixkombi mit Ritonavir und als NNRTI Efavirenz. Der Einsatz anderer antiretroviraler Arzneistoffe ist generell auch möglich, doch sollte ihm vor allem mit Blick auf eventuelle Nebenwirkungen immer eine Nutzen-Risiko-Abwägung durch einen erfahrenen HIV-Therapeuten vorausgehen.

 

Die häufigsten Nebenwirkungen sind gastrointestinale Beschwerden, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen. Aufgrund der kurzen Therapiedauer sind die Nebenwirkungen jedoch gering und reversibel. Dennoch zeigen Untersuchungen, dass etwa 20 bis 40 Prozent der Behandelten eine HIV-PEP vorzeitig beenden. Neben der Wahl eines möglichst gut verträglichen Arzneimittelregimes ist daher die Aufklärung des Betroffenen über die Wichtigkeit der Therapie und die zu erwartenden Nebenwirkungen eine Voraussetzung für den Prophylaxeerfolg. /

HIV-PEP: Ja, nein, vielleicht?

Ob ein Arzt einem Betroffenen eine HIV-PEP empfehlen oder aber davon abraten sollte, hängt von der Höhe des Infektionsrisikos ab. Erhöhte Ansteckungsgefahr besteht durch tiefe Schnitt- oder Stichverletzungen mit HIV-kontaminierten Instrumenten oder Injektionsbestecken, Transfusion von HIV-haltigen Blutkonserven, Nutzung HIV-kontaminierten Injektionsbestecks durch mehrere Drogenabhängige gemeinsam oder nacheinander oder ungeschützten Geschlechtsverkehr mit HIV-infiziertem Partner, wenn dieser nicht seit mindestens sechs Monaten erfolgreich mit einer antiretroviralen Kombinationstherapie behandelt wird.

 

Nach ungeschütztem oralem Geschlechtsverkehr mit der Aufnahme von Sperma eines HIV-infizierten Partners in den Mund kann dem Exponierten eine HIV-PEP angeboten werden, die Leitlinie empfiehlt das allerdings nur, wenn zusätzliche Risikofaktoren vorliegen, beispielsweise Ulzera oder Verletzungen im Mund.

 

Nicht empfohlen wird die Postexpositionsprophylaxe nach dem Küssen eines HIV-infizierten Partners, Haut- oder Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten wie Urin oder Speichel, Kontakt von intakter Haut mit Blut (auch bei hoher Viruskonzentration) und Verletzung an gebrauchtem Spritzenbesteck zur Injektion von Drogen, Medikamenten oder Insulin.

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