Pharmazeutische Zeitung online
Interview

Schmerzen als Signal ernst nehmen

18.11.2011  09:59 Uhr

Der Volksmund weiß schon lange, dass seelische Belastungen aufs Kreuz schlagen. Wie sich Patienten aus dem Teufelskreis von Belastung und Schmerz lösen können, erklärt Professor Dr. Monika Hasenbring, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Ruhr Universität Bochum.

PZ: Gibt es eine Rückenschmerzpersönlichkeit?

 

Hasenbring: Es gibt in der Forschung keine Belege dafür, dass es eine spezifische Rückenschmerzpersönlichkeit gibt. Letztlich entscheidend ist die individuelle Schmerzverarbeitung, das heißt: Wie jemand mit seinen Schmerzen im Alltag umgeht, wenn bestimmte Anforderungen am Arbeitsplatz gelten.

 

PZ: Welchen Einfluss haben psychische Faktoren bei der Chronifizierung?

 

Hasenbring: Diese spielen offensichtlich die Hauptrolle, wenn es darum geht, ob Schmerzen chronisch werden oder nicht. Anhand solcher Risikofaktoren kann man frühzeitig erkennen, ob ein Patient gefährdet ist, chronische Schmerzen zu entwickeln.

 

PZ: Können Sie einige Beispiele nennen?

 

Hasenbring: Ein entscheidender Risikofaktor ist, dass die Betroffenen dazu neigen, ihre Schmerzen in Gedanken zu unterdrücken oder zu verharmlosen. Das führt dazu, dass sie trotz massiver Schmerzen weitermachen wie bisher und alle Aktivitäten und Aufgaben zu Ende führen. Sie legen keine kurzen Pausen ein und sorgen nicht für Momente der Erholung. Diese wären enorm wichtig, um den Körper regenerieren zu lassen. Dazu kommen Bedingungen am Arbeitsplatz, die Erholungszeiten oft unmöglich machen.

 

Es gibt auch Menschen, die bei akuten Schmerzen mit Angst und Furcht reagieren. Man nennt dies das Furcht-Vermeidungsmuster. Die Betroffenen meiden alle Aktivitäten aus Furcht, diese könnten die Schmerzen erneut auslösen oder verstärken. Diese Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen sorgen dafür, dass die Schmerzen nicht aufhören und chronifizieren. Ebenso sind eine depressive Stimmungslage – nicht zu verwechseln mit einer depressiven Erkrankung – und die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz weitere Risikofaktoren.

 

PZ: Wie gelingt es einem Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, den Schmerzkreislauf zu durchbrechen?

 

Hasenbring: Dies hängt im Einzelnen sehr von den individuellen Risikofaktoren ab. Zunächst ist es wichtig, dass der Patient die Faktoren erkennt, die bei ihm die Aufrechterhaltung der Schmerzen begünstigen und dass er sie in ein rationales, biopsychosoziales Krankheitskonzept einordnen kann. Dies eröffnet ihm Wege, gezielt und in kleinen Schritten spezifische Teufelskreise zu unterbrechen. Das erfordert viel Geduld, gerade wenn Rückenschmerzen schon lange andauern.

 

PZ: Wie tiefgreifend können oder sollen die Veränderungen sein?

 

Hasenbring: Jeder Patient mit chronischen Rückenschmerzen sollte sich bewusst machen, dass er etwas in seinem Leben ändern muss. Wie umfangreich diese Veränderungen sind, hängt von der individuellen Risikokonstellation ab.

 

Ein Patient, der sehr ängstlich alle möglichen Aktivitäten meidet, kann gezielt versuchen, Spaziergänge zu verlängern, vorausgesetzt er macht genügend kurze Pausen. Ein Patient mit ausgeprägtem Durchhaltemuster muss lernen, Schmerzen als Signal für körperliche Überforderung zu akzeptieren. Er muss wachsamer werden, ob diese Signale bedeuten, eine Aktivität zu unterbrechen und für Ausgleich zu sorgen. Sind berufliche Anforderungen der Grund für die ungünstigen Verhaltensmuster, sollte er unter Umständen den Arbeitsplatz wechseln. Oder er lernt zusammen mit einem psychotherapeutisch arbeitenden Schmerztherapeuten, neue Schritte der Schmerzverarbeitung am Arbeitsplatz umzusetzen. /

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa