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Verfälschung von Gundelrebenkraut

22.11.2005  10:29 Uhr

<typohead type="3">Verfälschung von Gundelrebenkraut

von Karsten Albert, Eschborn

 

Im Drogenhandel ist vor kurzem eine Verfälschung von Gundelrebenkraut entdeckt worden. Die Eingangsprüfung hat ergeben, dass es sich bei der angebotenen Ware mit hoher Wahrscheinlichkeit um Asiatisches Wassernabelkraut handelte. Dieser Verdacht wurde durch weitere Untersuchungen im Prüflaboratorium des Deutschen Arzneimittel-Codex bestätigt.

 

Eine Monographie für Gundelrebenkraut, oft auch als Gundermannkraut oder Herba Hederae terrestris bezeichnet, ist im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) enthalten. Die Droge besteht aus den zur Blütezeit gesammelten, getrockneten, ganzen oder geschnittenen oberirdischen Teilen von Glechoma hederacea L. (Lamiaceae) (1). Gundelrebenkraut wird in der Volksheilkunde innerlich bei Magen-Darm-Katarrhen, Durchfall und leichten Erkrankungen der oberen Bronchien verwendet; äußerlich werden Aufgüsse und Presssäfte bei Hautkrankheiten eingesetzt. Die gebräuchliche Einzeldosis bei innerlicher Anwendung beträgt 2 bis 4 g. Bis jetzt konnte die Wirksamkeit bei den genannten Anwendungsgebieten nicht belegt werden (2).

 

Makroskopische Prüfung

 

Nach Auskunft der Firma Heinrich Klenk, Schwebheim, ist Gundelrebenkraut zurzeit am Markt schwer und nur zu hohen Preisen erhältlich (3). Dies ist vermutlich auch der Grund, warum der genannten Firma eine Verfälschung von Gundelrebenkraut geliefert worden ist. Die Ware lag bereits als Schnittdroge vor und zeigte auf den ersten Blick die für Gundelrebenkraut typischen Merkmale: dünne, zerbrechliche, oberseits dunkelgrüne, unterseits hellere, am Rand grob gekerbte Blattstücke mit hervortretenden Leitbündeln. Stängelteile kommen häufig vor, sie sind vierkantig, bis 2 mm dick und wie die Stücke der Blattstiele bisweilen blauviolett überlaufen. Sehr vereinzelt finden sich blauviolette, selten rotviolette oder weiße Blütenteile und etwa 2 mm große Früchte.

 

Bei genauerer makroskopischer Untersuchung fiel während der firmeninternen Qualitätskontrolle jedoch auf, dass die Stängelteile nicht vierkantig waren und statt dessen dünne, rundliche Blattstiele sowie zahlreiche Früchte größer als 2 mm vorkamen. Dabei handelte es sich um seitlich abgeplattete, mit Rippen versehene Doppelfrüchte, wie sie zum Beispiel für Asiatisches Wassernabelkraut (Centella asiatica (L.) Urban, Apiaceae) typisch sind. Ähnlich wie Gundelrebenkraut ist Asiatisches Wassernabelkraut in geschnittener Form eher unauffällig. Im Gesamteindruck dominieren braungrüne, zerknitterte Blattstücke, dünne Teile der Ausläufer und 2 bis 5 mm große Früchte, deren zwei Teilfrüchte mit der Fugenseite fest aneinander haften (4). Asiatisches Wassernabelkraut ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) und im Homöopathischen Arzneibuch (HAB) monographisch beschrieben. In der Phytotherapie wird als Indikation unter anderem chronische Veneninsuffizienz genannt (4).

 

Chromatographische Prüfung

 

Um den Verdacht der Verfälschung mit Asiatischem Wassernabelkraut zu erhärten, wurden anschließend Dünnschichtchromatogramme der verdächtigen Droge und authentischer Muster von Gundelrebenkraut und Asiatischem Wassernabelkraut nach der DAC-Monographie »Gundelrebenkraut« angefertigt.

 

Wie Abbildung 4 [nur in der Druck-Ausgabe] zeigt, sind die Chromatogramme des Asiatischen Wassernabelkrauts (Bahn 3) und der Verfälschung (Bahn 4) recht ähnlich. Auffällig ist jeweils eine rotviolette Zone im mittleren Drittel, die beim Gundelrebenkraut (Bahn 2) fehlt. Dafür zeigt dieses Chromatogramm eine violette Zone im mittleren Drittel, die wiederum in den Chromatogrammen des Asiatischen Wassernabelkrauts und der Verfälschung nicht vorhanden ist.

 

Zusätzlich wurden von den Drogen Dünnschichtchromatogramme nach den Monographien für Asiatisches Wassernabelkraut in der Ph. Eur. und im HAB angefertigt. Die Methode des HAB ergab aussagekräftigere Chromatogramme als die im Europäischen Arzneibuch beschriebene. Für das Asiatische Wassernabelkraut (Bahn 4) und für die Verfälschung (Bahn 3) ist jeweils eine braunviolette Doppelzone am Übergang vom unteren zum mittleren Drittel besonders typisch, wovon die obere der Leitsubstanz Asiaticosid, ein Triterpensäure-Zuckerester, entspricht (Bahn 5). Gundelrebenkraut zeigt die genannten Zonen nicht (Bahn 1).

 

Zur weiteren Absicherung des Ergebnisses wurde mit Hilfe der Hochdruckflüssigkeitschromatographie auf Asiaticosid geprüft. Mit einer 25-cm-Säule, gefüllt mit octadecylsilyliertem Kieselgel, und der mobilen Phase aus 73 Volumteilen Wasser und 27 Volumteilen Acetonitril hat die Substanz bei einem Fluss von 1 ml/min eine Retentionszeit von etwa 13 min. Mit dieser Methode wurde Asiaticosid in den Chromatogrammen des Asiatischen Wassernabelkrauts und der Verfälschung nachgewiesen. Im Chromatogramm des Gundelrebenkrauts trat kein entsprechender Peak auf.

 

Fazit

 

Durch makroskopische und drei chromatographische Prüfungen wurde eine Verfälschung von Gundelrebenkraut durch Asiatisches Wassernabelkraut bestätigt. Der Vorfall zeigt, wie wichtig die ordnungsgemäße Prüfung der Ausgangsstoffe für die Arzneimittelsicherheit ist.

 

Dank an Julia Bockshorn für die sorgfältige Durchführung der Untersuchungen.

 

Literatur

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Monographie »Gundelrebenkraut« in: Deutscher Arzneimittel-Codex, Govi-Verlag Pharmazeutischer Verlag GmbH, Eschborn, 2005.

Monographie »Glechomae hederaceae herba« in: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, 5. Auflage, Band 5»Drogen E ­ O«, Hrsg.: R. Hänsel et al., Springer-Verlag, Berlin, 1993.

Persönliche Mitteilung vom 26.10.2005, Apotheker Robert Parzinger, Heinrich Klenk GmbH, Schwebheim

Monographie »Centellae asiaticae herba« in: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, 5. Auflage, Band 4 »Drogen A ­ D«, Hrsg.: R. Hänsel et al., Springer-Verlag, Berlin, 1992.

 

Anschrift des Verfassers:

Dr. Karsten Albert

Deutscher Arzneimittel-Codex

Carl-Mannich-Straße 20

65760 Eschborn

 

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