IT-gestützte Diagnostik möglich |
11.11.2015 10:00 Uhr |
Von Christina Hohmann-Jeddi, Wiesbaden / Die Diagnostik seltener Erkrankungen hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verbessert – nicht zuletzt auch durch moderne Technologien und spezielle Diagnose-Programme. Ärzte sollten diese Möglichkeiten vermehrt nutzen, forderten Experten auf einem Symposium der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden.
Bis eine seltene Erkrankung korrekt diagnostiziert wird, vergehen oft Jahre, da Ärzte in der Regel kaum Erfahrungen mit den Krankheitsbildern haben. Von diesen existieren insgesamt etwa 6000 bis 8000. Bei unklaren Beschwerden, bei denen der behandelnde Arzt zu keiner Diagnose kommt, sollte er »zielgerichtet abgeben«, riet Dr. Christine Mundlos, für die Allianz Chronischer seltener Erkrankungen (ACHSE) an der Charité in Berlin tätig. »Man muss auch zugeben können, wenn man nicht weiterweiß.« Eine gute Anlaufstelle seien neben Fachärzten Zentren für seltene Erkrankungen, von denen es in Deutschland mittlerweile 24 gibt.
Das Zentrum für unerkannte und seltene Erkrankungen des Universitätsklinikums Gießen-Marburg erreichen pro Woche etwa 40 Anfragen zu unklaren Diagnosen, berichtete der Leiter Professor Dr. Jürgen Schäfer. »Dabei ist eine unerkannte aber nicht immer eine seltene Erkrankung.« Auch häufige Erkrankungen würden mitunter übersehen. Die Diagnostik in solchen Fällen ist aufwendig und kostenintensiv, aber nach der Fallpauschalenregelung schlecht abzurechnen, wenn keine Diagnose herauskommt. Häufig erhielten die Patienten dann eine psychosomatische Diagnose, die diese »kaum wieder loswerden«, machte Schäfer deutlich.
In den vergangenen Jahren hätten sich die diagnostischen Möglichkeiten durch auf molekularbiologische und genetische Analyseverfahren deutlich verbessert, so der Mediziner. Eine wichtige Hilfe seien auch computergestützte Diagnosetools wie zum Beispiel Orphanet, Isabel Healthcare oder The Phenomizer. Nach Eingabe von Symptomen erstellen diese eine Liste potenzieller Erkrankungen, von denen Mediziner mithilfe ihrer Erfahrung die zutreffende identifizieren können. Schäfer hat mit solchen Diagnose-Programmen gute Erfahrungen gemacht. »Wir müssen junge Ärzte dazu bekommen, diese Tools einzusetzen.«
Welche Bedeutung eine Diagnosestellung für die Betroffenen und ihre Angehörigen hat, machte Mundlos deutlich. »Eine Diagnose ist ungemein wichtig, auch wenn keine Therapie vorhanden ist«, sagte die Medizinerin. »Versuchen Sie einmal, ohne eine Diagnose einen Behindertenausweis zu bekommen.« /