EU plant schnellere Anerkennung |
13.11.2012 18:30 Uhr |
Von Anna Hohle / Die EU-Kommission will ausländische Berufsabschlüsse künftig schneller und unkomplizierter anerkennen. Dann könnten auch Pharmazeuten mit nicht deutschem Abschluss hierzulande Apotheken eröffnen.
Bereits im Dezember 2011 hatte die Kommission einen entsprechenden Gesetzesentwurf eingereicht. Er sieht vor, die europäische »Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen« zu überarbeiten. Die EU-Kommissare wollen damit auf den Fachkräftemangel – unter anderem im Gesundheitswesen – reagieren. Sollten Europaparlament und Europarat den Vorschlägen zustimmen, hätte dies umfangreiche Änderungen zufolge.
ABDA befürchtet Marktverzerrung
So fordert die Kommission unter anderem, die bisher in der Richtlinie enthaltene »Drei-Jahres-Klausel« abzuschaffen. Sie besagt, dass Mitgliedstaaten der EU es Pharmazeuten mit ausländischem Berufsabschluss verbieten dürfen, Apotheken im eigenen Land zu eröffnen. Auch können sie ihnen untersagen, Apotheken zu übernehmen, die vor weniger als drei Jahren eröffnet wurden. Deutschland macht von dieser Klausel Gebrauch. Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände befürchtet Marktverzerrungen, sollte sich die Kommission mit ihrem Vorschlag durchsetzen. Dann könnten Pharmazeuten aus EU-Staaten mit beschränkter Niederlassungsfreiheit nach Deutschland ausweichen, um Apotheken zu eröffnen oder zu übernehmen, warnt sie. Hierzulande gilt für Apotheker uneingeschränkte Niederlassungsfreiheit.
In Deutschland gibt es starke Unterstützung für die Forderung der ABDA, die Klausel beizubehalten. Sowohl Bundesrat als auch Bundestag haben die diesbezügliche Haltung der Bundesregierung bekräftigt. Auch der Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments stimmte für die Klausel. Entscheidend wird laut ABDA der abschließende Bericht des Binnenmarktausschusses sein. Im Rat hätten sich bislang lediglich Deutschland und Österreich offen für den Bestand der Klausel eingesetzt, die übrigen Mitgliedstaaten hielten sich noch bedeckt.
Daneben schlugen die EU-Kommissare vor, Berufstätige sollten in Fällen, in denen sich die Tätigkeiten eines reglementierten Berufs zwischen zwei Mitgliedstaaten unterscheiden, zumindest einen partiellen Zugang zum Arbeitsmarkt des jeweils anderen Landes erhalten. Die ABDA setzt sich laut eigener Aussage jedoch gemeinsam mit Ärztevertretungen dafür ein, Heilberufe von dieser Regelung auszunehmen. Die Patientensicherheit könne sonst gefährdet werden.
Um die Sicherheit europäischer Patienten zu sichern, ist es laut ABDA auch notwendig, dass ausländische Qualifizierte im Gesundheitsbereich die jeweilige Landessprache ausreichend beherrschen. Ein EU-Berichterstatter habe deshalb vorgeschlagen, den Kommissionsvorschlag hier um eine entsprechende Regelung zu ergänzen.
Vor schwarzen Schafen warnen
Ein weiterer Punkt des Kommissionsvorschlags sieht vor, Berufsausweise auf freiwilliger Basis einzuführen. Mit diesen elektronischen Nachweisen sollen sich Qualifizierte leichter in einem anderen EU-Mitgliedsland niederlassen und dort arbeiten können. Die ABDA betonte, die geplante Änderung dürfe nicht dazu führen, dass ein anderer außer dem Aufnahmestaat darüber entscheidet, ob eine Berufsqualifikation anerkannt wird. Auch sieht der Vorschlag der Kommissare nur kurze Fristen vor, innerhalb derer der Aufnahmestaat über die Anerkennung entscheiden muss. Versäumt er sie, erfolgt die Genehmigung automatisch. Dieser Punkt werde derzeit von vielen Seiten kritisiert, teilte die ABDA mit. Aus diesem Grund rechnet sie mit Alternativvorschlägen durch EU-Parlament und Rat.
Daneben fordern die EU-Kommissare, ein verpflichtendes Warnsystem in die Richtlinie aufzunehmen. Die zuständigen Behörden einzelner Mitgliedstaaten sollen so andere Mitgliedstaaten vor »schwarzen Schafen« warnen können, denen im eigenen Land die Berufsausübung untersagt wurde.
Nicht zuletzt macht sich auch die ABDA selbst für eine Änderung der EU-Richtlinie stark. Sie enthält bereits heute sogenannte Mindesttätigkeitsfelder, also Tätigkeiten, die Personen mit anerkanntem pharmazeutischem Ausbildungsnachweis in allen EU-Staaten ausführen dürfen. Dazu gehört etwa die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln. Die ABDA fordert, in Zukunft auch den Punkt Medikationsmanagement mit in die Liste aufzunehmen.
Noch werden sämtliche Vorschläge im EU-Parlament und im europäischen Rat geprüft. Mehrere Ausschüsse haben bereits ihre Stellungnahmen eingereicht, die Plenarabstimmung ist für den 5. Februar angesetzt. Eine Einigung ist laut ABDA nicht vor April 2013 zu erwarten. /