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Krebs-Immuntherapie

Darmbakterien spielen mit

08.11.2017  10:18 Uhr

Von Annette Mende / Wie gut ein Krebspatient auf eine Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren anspricht, hängt auch von der Zusammensetzung der Bakterienflora in seinem Darm ab. Das berichten aktuell zwei Forschergruppen unabhängig voneinander im Fachjournal »Science«.

Die Immuntherapie bei Krebs, mit der das körpereigene Immunsystem in die Lage versetzt wird, Krebszellen zu attackieren, ist bei einigen Patienten extrem erfolgreich. Die Mehrheit der Patienten (60 bis 70 Prozent) spricht jedoch nicht oder nur unzureichend auf die Checkpoint-Inhibition an. Nach den Gründen dafür wird derzeit in vielen Laboren ­gesucht. Aufgrund seiner Wechselwirkung mit dem Immunsystem kommt prinzipiell auch das Darmmikrobiom als Ursache für eine Therapieresistenz infrage.

 

Schwächere Wirkung durch Antibiotika

Eine Gruppe um Dr. Bertrand Routy vom Gustave Roussy Cancer Campus in Villejuif, Frankreich, war der Frage nach­gegangen, ob eine Antibiotika-Behandlung aufgrund ihrer schädlichen Wirkung auf das Darmmikrobiom die Wirksamkeit der Immuntherapie abschwächt (DOI: 10.1126/science.aan3706). Die Forscher betrachteten 249 Patienten, die aufgrund von fortgeschrittenen Krebserkrankungen mit einer Anti-PD-1/PD-L1-Therapie behandelt wurden. 69 von ­ihnen hatten im Zeitraum von zwei ­Monaten vor bis einen Monat nach der Immuntherapie eine Antibiotika-Therapie erhalten. Diese Patienten hatten ­verglichen mit den nicht antibiotisch ­behandelten Teilnehmern ein signifikant kürzeres progressionsfreies Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS): 3,5 versus 4,1 Monate beziehungsweise 11,5 versus 20,6 Monate.

 

Übertrugen die Forscher das Mikrobiom von Patienten, die auf die Therapie ansprachen, auf keimfrei gezüchtete oder antibiotisch vorbehandelte Mäuse, verbesserte das deren Ansprechen auf eine Immuntherapie. Dieser Effekt war nicht vorhanden, wenn das Mikrobiom von Nicht-Respondern verwendet wurde. Eine Analyse des Darmmikrobioms der Patienten zeigte, dass ein Überfluss des Bakteriums Akkermansia muciniphila mit dem besten klinischen Outcome assoziiert war. Eine orale Supplementation dieser Bakte­rienart verbesserte bei antibiotisch vorbehandelten Mäusen sowohl die Immunantwort als auch das Ansprechen auf die Therapie.

 

Die andere Gruppe um Dr. Vancheswaran Gopalakrishnan vom University of Texas MD Anderson Cancer Center in Houston, USA, hatte für ihre Arbeit Stuhlproben von 43 Melanompatienten unter Anti-PD-1-Therapie ausgewertet, von denen 13 nicht auf die Behandlung ansprachen (DOI: 10.1126/science.aan4236). Der Vergleich der Mikrobiota zeigte zweierlei: Erstens war eine hohe Diversität mit einem längeren PFS ­assoziiert. Bei Patienten mit niedriger ­Diversität betrug das mediane PFS 188 Tage, bei solchen mit mittlerer Diversität 232 Tage und bei denen mit hoher Diversität war das PFS zum Zeitpunkt der Auswertung noch nicht erreicht.

 

Zweitens identifizierte auch diese Forschergruppe bestimmte Bakterien, die die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs erhöhten. So wurden bei Respondern vermehrt Bakterien der Familie Ruminococcaceae gefunden, bei Nicht-Respondern dagegen Bactero­idales. Bakterien der Gattung Faecalibacterium, die zu den Ruminococcaceae gehören, waren mit einem verlängerten medianen PFS assoziiert, Bac­teroidales dagegen mit einem schnelleren Krankheitsfortschreiten und signifikant kürzeren medianen PFS.

 

Noch viele Fragen offen

 

Die Stuhltransplantation von Patienten auf keimfrei gezüchtete Mäuse bestätigte auch hier das Ergebnis: Die Tiere, die das Mikrobiom von Respondern ­erhalten hatten, zeigten ein signifikant reduziertes Tumorwachstum, mehr T-Zellen und weniger immunsuppressive Zellen. Sie sprachen zudem besser auf eine Therapie mit Immuntherapeutika an als Mäuse, denen das Mikrobiom von Nicht-Respondern übertragen worden war. Trotz dieser Ergebnisse betonen die Autoren, dass bezüglich des Wechselspiels zwischen dem Mikrobiom und der Immuntherapie noch viele Fragen offen sind und dass Krebspatienten nun nicht beispielsweise Probiotika einnehmen sollten, ohne mit ihrem Arzt vorher darüber zu sprechen. /

 

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